„Für die Verlassenen ist es schlimm. Es gibt kein klares Ende, offene Fragen und keine Chance, noch etwas zu klären. “

Manche Trennungen sind schwer, und ich gestehe, dass ich mich schlecht benehme, denn ich betreibe „Ghosting“. Das bezeichnet ein Phänomen, bei dem Menschen einen Kontakt schleichend beenden. Sie melden sich nicht mehr, antworten nicht mehr, werden zum Geist. Das ist für die Verlassenen schlimm. Es gibt kein klares Ende, offene Fragen und keine Chance, noch etwas zu klären. Das nagt an einem, und so schickt der Verlassene dem Ghoster immer wieder Nachrichten, will reden, fragt, was los ist.

Nun, ich bin schuldig: Ich ghoste Facebook. Wir waren mal dicke, ich habe Diskussionen geführt, viel geteilt, viel interagiert. Der Facebook-Messenger hatte zeitweise einen höheren Durchlauf als WhatsApp. Damals war es schön, aber Facebook hat sich verändert. Wo ich früher Freunde und coole Leute getroffen habe, bin ich heute nur noch mit Pöbelei, kruden Weltbildern, nerviger Werbung , bezahlten Links und komischen Fehlfunktionen konfrontiert. Facebook ist aus den Bookmarks verschwunden, die App vom Startbildschirm.

Facebook schickt mir nun verzweifelte Nachrichten. Irgendwer hat irgendwas gepostet, dies könnte mich interessieren, irgendjemand nimmt an irgendeiner Veranstaltung teil. Ich reagiere nicht, markiere sie als gelesen und wechsle zu Instagram. Ich sollte meinen Account löschen, aber irgendwie ist er auch wichtig, und: Es ist so eine lange Zeit gewesen. Ich werde also vorerst weiterghosten.