„Die Kinder stromern nicht mehr durch die Gegend und schellen dann mal beim Kumpel.“

Letztens las ich ein süffisantes Essay mit der Überschrift „Drück mich!“ Warum bloß, fragte sich die Autorin, drücken Menschen, die andere besuchen, nicht auf die Türklingel, sondern schicken eine Whatsapp: „Sind jetzt da!“ Weil Erwachsene eben mitunter merkwürdig verschraubt sind, hätte ich ihr gern zugerufen. Weil sie sich immer mal wieder unter dem Geröll ihrer halbherzig geschürften Schwachsinnsideen begraben lassen. Wahrscheinlich gilt Menschen, die jeden Furz auf Instagram teilen,Türklingelklingeln als zu forsch, besser man zieht noch eine Vorwarnstufe ein. Vielleicht sind Erwachsene so, weil sie nichts dem Zufall überlassen wollen. Aber Kinder doch nicht! Dachte ich bisher. Die sind wild und spontan, die machen gerade das, was ihnen durch die Birne brummt. Klingeln zum Beispiel. Und dann durchs Treppenhaus brüllen: „Kommste raus?“Machen die aber nicht mehr. Die Kinder stromern nicht mehr durch die Gegend und schellen dann mal beim Kumpel. Ebenso wie ihre Eltern lassen sie sich kommunikationstechnisch nicht lumpen und verabreden sich digital. Was für ein Verlust an zwischenmenschlicher Lebensschule! Wenn meine Freundin früher klingelte und ich keinen Bock auf Gummitwist hatte, musste ich ihr das ins Gesicht sagen. Das war manchmal bitter. Das war manchmal die hohe Schule der Diplomatie. Manchmal auch klare Kante. Aber meistens ging man ja doch mit. Los, komm! War schön.