In der Wortschatzkammer halte ich stets ein Plätzchen frei für Rechthabereien solcher Art.

Was wäre eine Zeitung ohne Leserbriefe? Diese rhetorische Frage zielt natürlich nicht nur auf das Medium, dem Sie sich netterweise derzeit zuwenden, sondern auch auf eine große Zeitung, die etwas säuerlich, aber zutreffend darauf hingewiesen wurde, dass es falsch sei, La Paz als „Hauptstadt Boliviens“ zu bezeichnen. Hauptstadt sei die Stadt Sucre, La Paz lediglich der Regierungssitz.

Tja, wieder was gelernt. In der Wortschatzkammer halte ich ohnehin stets ein Plätzchen frei für Rechthabereien solcher Art. Und tatsächlich, dieser sozusagen bolivianische Umstand kennzeichnet zudem so verschiedene Länder wie Tansania (Hauptstadt: Dodoma, Regierungssitz: Daressalam), Malaysia (Hauptstadt: Kuala Lumpur, Regierungssitz: Putrajaya) und die Niederlande (Hauptstadt: Amsterdam, Regierungssitz: Den Haag). Überhaupt haben die Hauptstadt-Fragen viel mit heikler Ehrpusselei zu tun. Nur so lässt sich erklären, weshalb Städte wie Washington (Platz 27, was die Einwohnerzahl in den USA angeht), Ottawa (für diese Stadt entschieden sich die Kanadier wohl wegen ihrer Nähe zur englisch-französischen Sprachgrenze), Ankara oder früher auch mal Bonn den „echten“ Metropolen den Titel abluchsen können. Derlei kennt man übrigens aus der persönlichen Umgebung. Wie? Ob ich jetzt aufs Thema Braunschweig oder Hannover hinauswill? I wo, ich meine das Familiäre! Fällt etwa jemandem eine Familie ein, deren „Hauptstadt“ im Sinne eines Familienoberhaupts mit dem „Regierungssitz“ im Sinne einer Machtzentrale nicht deckungsgleich ist?

Hm…könnte schon sein, oder? Aber man sollte derlei nicht unbedacht breittreten. So eine Diskussion könnte das gefährden, was unterm Strich das Wichtigste ist, das nämlich, wonach die bolivianische Hauptstadt, pardon, der Regierungssitz benannt ist. La Paz.