Seite 93 schubst mich schroff ins Hier und Jetzt. Sie zeigt eine Doppeltoiletteninstallation mitten im Bad.

Machen wir uns nichts vor: Im Badezimmer tut eine Generalüberholung not. Der zur Begutachtung gerufene Sanitärinstallateur bringt einen Katalog mit. Ach was, Katalog! Es ist eine Keramik-Bibel, ein Brevier für den duschenden Lebenskünstler. Was sag ich? Liebeskünstler! Sie glauben nicht, wie zufrieden und erfüllt die Katalogpärchen in den dort beworbenen Nasszellen des Glücks posieren. Wenn sie mit dem Rasierpinsel sein Kinn einschäumt, er ihr den Rücken mit dem Luffaschwamm peelt, sie ihm mit weißer Creme den Namen des Badmöbelherstellers auf die Brust schreibt... Rosenblätter treiben auf dem Wannenwasser, dem sie entsteigt, um in seinen starken Armen von einem bettlakengroßen Frotteehandtuch umfangen zu werden. Badezimmer-Zweisamkeit in ihrer schönsten Form. Katalogseite für Katalogseite schwillt also das Verlangen nach einer ebensolchen (nebenbei bemerkt sauteuren) Ausstattung und bricht sich Bahn im flehenden Ausruf: „Ja, ich will – genau so leben, duschen, mir die Zähne putzen, auf die Toilette...“ Stopp! Seite 93 schubst mich schroff ins Hier und Jetzt. Sie zeigt eine Doppeltoiletteninstallation mitten im Bad. Dort könnte man Rücken an Rücken... Immerhin hätte jeder seine eigene Klobürstenhalterung... Nein! Aus, vorbei. Zuviel Romantik für mich! Was wir brauchen, ist ein neues Bad: schlicht und funktional.