“Mit den Verbrühungen aller Art will ich Ihnen jetzt nicht den hoffentlich mit Handfilter gebrühten Kaffeegenuss trüben.“

Wo muss man am meisten um Leib und Leben fürchten? Nee, nicht im finsteren Tannenwald, den lassen wir mal Hänsel und Gretel zum Abgruseln. Ungemach für die Unversehrtheit des Körpers droht in erster Linie: zu Hause. Die Küche ist nicht nur der Ort kulinarischer Zubereitungsfreuden, sondern auch ein Minenfeld für Verletzungen aller Art. Meine Unterarme sind übersät von Brandnarben, weil ich beim Hantieren mit Backblechen gern das Ofeninnere (vorgeheizt) touchiere. Dass ich noch alle Fingerkuppen mein eigen nennen darf, ist nur der zwar oft beklagten, aber gottlob nie behobenen Unschärfe unserer Messergalerie gedankt.

Mit den Verbrühungen aller Art will ich Ihnen jetzt nicht den hoffentlich mit Handfilter gebrühten Kaffeegenuss trüben. All dies wissend, habe ich meine Söhne von klein auf umsichtig in die krankenhausträchtigen Tücken der so harmlos wirkenden Küche eingewiesen. Und dachte, alles bedacht zu haben. Bis ich meinen Sohn neulich bat, das Baguette aufzuschneiden. Der griff sich den halben Meter, legte die Linke an das kurze, stummelige Ende des Brotes und semmelte mit der Rechten den Knust ab. So verfuhr er weiter, Scheibe für Scheibe, bisschen zittrig, bisschen ängstlich lahm, immer nahe am Rande einer Schnittwunde. Ich musste an mich halten, ihm nicht das Brot zu entreißen, es mit meiner Linken zu fixieren und ruckizucki den Brotkorb zu befüllen. Es gibt Schlimmeres, beruhigte ich mich still, aber wer weiß, was ich noch alles an praktischer Erziehung versäumt habe...