„Bis zum dritten Glas Sekt tun sich manche eben schwer.“

Dass die Aktion „Klasse, wir singen Weihnachten“ gut und sinnvoll ist, wurde in dieser Zeitung des öfteren betont. Dass aber, apropos Betonung, die melodische Linie und die textliche Sicherheit beim weihnachtlichen Schmettern schon mal zu wünschen übrig lassen, darf ebenfalls erwähnt werden. Manche Männer – ja, ein Mann lässt diese Bemerkung jetzt und hier vom Stapel – tun sich bis zum dritten Glas Sekt eher schwer. Mitunter so schwer, dass mir jüngst vorm Tannenbaum, als mal wieder „Es ist ein Ros entsprungen“ anstand, eine Bemerkung Thomas Frankenfelds in den Sinn kam: „Viele Väter singen ihren Kindern abends etwas vor. Aber manche versuchen es auch erst einmal im Guten.“

Gut, oder? Doch irgendwann ist auch das schönste Lied verklungen, und man darf sich endlich der Textkritik widmen. Etwa der Frage, von wessen „Art“ eigentlich die Rede ist, wenn es heißt: „Es ist ein Ros entsprungen/ aus einer Wurzel zart/ Wie uns die Alten sungen/ von Jesse kam die Art.“ Jesse, fragte jemand, welcher Jesse? Schon wurden Jesse James und Jesse Owens erwähnt. Aber bevor das Ganze hätte entgleiten können, schlug die Stunde eines zuvor melodisch arg wackeligen, aber eben echt gebildeten Mannes, der den Staunenden erläuterte, dass dieser Jesse der Vater des Königs Davids ist, ein Herdenbesitzer aus Betlehem. Dessen „Art“ zielt ab auf die Herkunft des Messias...

Tja. Schon wieder was gelernt. Jesse? Yes Sir. Klasse, wir sangen!