Westerbeck. Die Politik will hinter verschlossenen Türen den Weg für ein Riesenprojekt freimachen, das es laut Raumordnung gar nicht geben soll.

Die Gemeinde Sassenburg plant einen energiepolitischen Schritt von nie dagewesener Tragweite. Noch am Donnerstagabend soll hinter verschlossenen Türen über einen riesigen Windpark entschieden werden, für den es bislang keine Plangrundlage gibt. Die Wählergemeinschaft BIG spricht auf ihrer Internetseite von einer „Geheimsache Windpark“. Diskutiert werde das Millionenprojekt nur in einem eingeweihten Kreis von Landwirten, Projektinvestoren und Politikern.

Lange Reihe von Rotoren bei Dannenbüttel und Westerbeck

Errichtet werden könnten die Windräder ersten vagen Angaben zufolge östlich von Westerbeck und nordöstlich von Dannenbüttel in einem parallel zum Elbe-Seitenkanal verlaufenden Korridor. Dort allerdings gibt es wie in der gesamten Gemeinde Sassenburg kein Windkraft-Vorranggebiet aus der Regionalen Raumordnung, wie der Regionalverband bestätigte.

Ein Suchgebiet östlich von Westerbeck war vor der Festlegung der 2020 beschlossenen regionsweit 49 Vorranggebiete geprüft worden. Technisch geeignet, wurde es wegen Ausschlusskriterien des Artenschutzes verworfen, und zwar nicht allein wegen zahlreicher Rotmilan-Vorkommen, sondern auch zum Schutz von Seeadlern und weiterer Vogelarten.

Aktuell steigt der Regionalverband in eine neue Planungsrunde ein, um die Windkraft-Vorrangflächezwischen Harz und Heide bis 2026 nochmals mindestens zu verdoppeln. Aktuell umfassen die 49 Vorranggebiete ein Areal von 6770 Hektar, das sind 1,3 Prozent des Verbandsgebiets.

Investoren setzen auf Beschleunigungsgesetz der Ampelregierung

Doch auf diese Erweiterung wollen die Sassenburger Windkraft-Investoren offenkundig nicht mehr warten. Laut BIG-Fraktionschef Andreas Kautzsch will man sich vielmehr Gesetze der Berliner Ampelregierung zunutze machen, bestimmte Investitionen in die Energiewende zu beschleunigen. Der rechtliche Weg wäre demnach ein Zielabweichungsantrag beim Regionalverband für eine Abweichung vom Raumordnungsprogramm, das durch Vorranggebiete Rotoren andernorts ausschließt, um eine Verspargelung der Landschaft zu vermeiden.

Pikant aus Sassenburger Sicht: Ein Zielabweichungsverfahren zugunsten der Bewohner des Wochenendhausgebiets am Bernsteinsee mochte die Gemeinde nicht anstrengen.

Was genau auf die Sassenburger zukommt, diese Fragen hat unsere Redaktion Bürgermeister Jochen Koslowski gestellt. Es geht um Anzahl, Höhe und Standorte der Windräder mit Mindestabständen zur Wohnbebauung ebenso wie um die Investitionssumme und mögliche Kosten für die Allgemeinheit. Interessant dürfte auch werden, wie der Windstrom überhaupt ins Netz eingespeist wird und wer dafür aufkommt – Stromkunden durch erhöhte Netzentgelte?

Bürgermeister sagt für Planung volle Bürgerbeteiligung zu

All dies ist nach Koslowskis Antwort aber noch nicht geklärt. Erste Informationen des überregional tätigen Projektierers erhofften sich Rat und Verwaltung genau in der nichtöffentlichen Sitzung von Donnerstagabend.

Unstrittig ist aus Koslowskis Sicht aber eins: „Sobald es konkrete Planungsschritte gibt, läuft das Verfahren öffentlich mit Bürgerbeteiligung.“

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