Braunschweig. In „Buchstabiere Leonie“ verarbeitet Nachwuchskünstlerin Ona ihre Erfahrungen mit Alltagsrassismus in Braunschweig. Ein Label hat sie auch schon.

„Das geht raus an alle Kinder ohne Namen, die ihn nur immer buchstabieren, statt ihn zu sagen. Sagt es laut, irgendwann lernen sie‘s, denn er ist just as good as Leonie“, schallt es im Refrain von „Buchstabiere Leonie“. In dem Song vergleicht die Braunschweiger Sängerin Ona ihr eigenes Aufwachsen mit dem einer Freundin. Der Name „Leonie“ steht dabei symbolisch für privilegierte junge Frauen.

Der Unterschied zwischen den beiden: Während „Leonie“ aus einer deutschen Familie ohne Migrationshintergrund stammt, kam Onas Familie aus dem Kosovo nach Deutschland. „Dein Vater macht richtig Money, dafür hat er lang studiert
Ich glaub’, zu der Zeit zog mein Vater grade in den Krieg“, singt die 18-Jährige im Song.

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„Mein Vater ist damals in Serbien für zehn Tage gefangen genommen worden, einfach weil er Kosovo-Albaner war“, erzählt Ona, die mit bürgerlichem Namen Meritona Thaqi heißt, im Braunschweig-Podcast „Yes BS“. Die Familie floh vor dem Krieg, der von 1998 bis 1999 eskalierte. Ihr Weg führte sie zunächst nach Vincenza, Italien, wo Ona zur Welt kam. Sie lernte Italienisch und ging dort zur Grundschule, bis ihre Familie schließlich nach Braunschweig ging, als sie in der dritten Klasse war. „In der Anfangszeit konnte ich auf Deutsch nur ‚nein‘ und ‚ja‘ sagen. Ich hatte Angst, dass ich die Sprache nie lernen werde“. Ona wuchs zunächst im Siegfriedviertel auf, wo sie mit Vorurteilen zu kämpfen hatte. Durch einen kleinen Unfall als Kind hat sie eine Narbe an der Augenbraue. „Die anderen Kinder haben damals, weil ich Ausländerin bin, behauptet, ich werde zu Hause geschlagen“, erinnert sie sich.

Ona erlebt Alltagsrassismus in Braunschweig

Auch das Thema Namen ist für sie mit Alltagsrassismus verbunden. Als Ona nach der Schule eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau absolvierte, bekam sie Arbeitskleidung, auf der ihr Name komplett falsch geschrieben aufgedruckt war. „Als ich es meinem Chef gesagt habe, war es ihm egal“. Da er ihr nicht für einen Behördentermin freigeben wollte, so die 18-Jährige, verlor sie zwischenzeitlich ihre Aufenthaltstitel – als Nicht-EU-Ausländerin die Voraussetzung für einen Job in Deutschland. „Deshalb konnte ich die Ausbildung nicht beenden“, erinnert Ona sich.

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Dass Namen falsch geschrieben oder falsch verstanden werden, sei nicht das Problem. „Es geht mehr darum, dass sich bei Ausländern mit den Namen keine Mühe gegeben wird“, sagt Ona. Beim Gang zu den Behörden habe sie die Erfahrung gemacht, dass allein die Nennung des Namens ausreiche, um bei Amtsmitarbeitern eine ablehnende Haltung auszulösen. Der Name werde dem Menschen zum Vorwurf gemacht: „Da heißt es dann: Also ne, wie soll ich das denn schreiben?“ Es gehe ihr gar nicht darum, dass jeder sofort wisse, wie man Namen ausspricht oder schreibt: „Es geht eher darum, dass man sich gegenseitig mit offenen Armen begegnet“, sagt sie.

Über „Soul of Braunschweig“ zum Deal mit Musik-Label

Meritona Thaqi, Künstlername Ona, kommt aus Braunschweig und startet als Newcomer-Sängerin durch.
Meritona Thaqi, Künstlername Ona, kommt aus Braunschweig und startet als Newcomer-Sängerin durch. © Saybetoit | Saybetoit

Interkulturelle Kompetenz hat Ona zur Genüge. Durch die Familiengeschichte spricht sie zahlreiche Sprachen: Albanisch, Italienisch, Deutsch, Englisch und Spanisch, das sie in ihrer italienischen Grundschule lernte. „Ich denke meistens auf Italienisch oder Albanisch“, sagt sie. Mit ihren Geschwistern zu Hause spricht sie jedoch deutsch.

All diese Erfahrung flossen in Onas Debütsingle ein. Den Text dazu schrieb sie zusammen mit dem Braunschweiger Musiker Billy Ray Schlag. Bei dessen Projekt „Soul Of Braunschweig“, bei dem Jugendliche eigene Funk- und Soul-Musikstücke aufführen, trat sie auch das erste Mal auf die Bühne und singt inzwischen bei der „New Soul Generation“, einer Gruppe aus dem gleichen Umfeld. „Wir sind wie eine Familie“, sagt Ona. Für ihre Solo-Karriere steht sie jetzt beim Braunschweiger Musiklabel „Arktik One“ unter Vertrag. Das Management von „Arktik One“ verhalf bereits Rap-Künstlern wie Makko oder negatiiv OG zu großem Erfolg. Auch Ona ist fest entschlossen, es mit Gesang und Rap zu schaffen, ihr Leben zu finanzieren. „Ich hoffe, dass ich in ein paar Jahren sagen kann: Ich habe mich als Sängerin und Rapperin und als Frau durchgesetzt“, so Ona. Der nächste Song soll schon bald erscheinen.

Wie Ona mit dem Singen anfing, wer ihre größten Vorbilder sind und welche Unterschiede sie zwischen Deutschland und Italien feststellte, erfahren Sie im Podcast „Yes BS“ in der BZ-E-Paper-App, bei Spotify und Apple Podcasts.