Braunschweig. 5000 Menschen müssen ihre Häuser verlassen. Alles Wichtige zu Sperrungen sowie zu Einschränkungen im ÖPNV und im Bahnverkehr.

In Braunschweig steht am Sonntag, 12. November, wieder eine Evakuierung wegen des Verdachts auf Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg bevor. Bei Sondierungsarbeiten südlich des Bürgerparks hatten sich laut der Stadt zwei Verdachtspunkte ergeben. Um die mehrere Meter tief im Erdreich liegenden mutmaßlichen Fliegerbomben freilegen und entschärfen zu können, müssen am Sonntag alle etwa 5000 Bewohnerinnen und Bewohner im Umkreis von einem Kilometer um den Fundort ihre Häuser verlassen.

Zur Erläuterung: Die Stadt führt – wie alle Städte in Niedersachsen – systematisch Kampfmittelsondierungen durch. Dabei werden Verdachtspunkte festgestellt. Ob es sich dabei tatsächlich um Blindgänger handelt, kann nur geklärt werden, wenn das Objekt freigelegt wird. Stellt sich dann heraus, dass es sich tatsächlich um einen Blindgänger handelt, muss dieser sofort entschärft werden, da Explosionsgefahr bestehen kann. Deshalb ist es nötig, die Aufgrabung des Verdachtspunkts immer schon mit einer Evakuierung zu verbinden.

Alle wichtigen Fakten auf einen Blick.

Wo liegen die mutmaßlichen Blindgänger in Braunschweig?

Die Fundorte liegen südlich der Eisenbütteler Straße im Bereich Kennel und sind nicht abgesperrt, so die Stadt. Sie befinden sich nicht auf öffentlichen Verkehrsflächen oder bewohnten beziehungsweise bewirtschafteten Grundstücken. „Es besteht keine Gefahr, solange die Blindgänger nicht unkontrolliert freigelegt werden“, heißt es.

Wie groß ist der Evakuierungsbereich?

Der Evakuierungsbereich wird begrenzt von der Frankfurter Straße im Westen, der A 39 im Süden und dem Hauptbahnhof im Osten. Im Norden endet der Bereich nahe der VW-Halle. Betroffen sind also unter anderem Bürgerpark und Richmondpark, das Stadion Rote Wiese, der Zuckerberg, Teile des Bebelhofs und das Messegelände.

Blindgängerverdacht südlich des Bürgerparks in Braunschweig: Dieses Gebiet wird am Sonntag, 12. November, evakuiert.
Blindgängerverdacht südlich des Bürgerparks in Braunschweig: Dieses Gebiet wird am Sonntag, 12. November, evakuiert. © Stadt Braunschweig

Welche großen Straßen in Braunschweig werden gesperrt?

Ab 9 Uhr sind am 12. November diese Hauptverkehrsstraßen gesperrt: Wolfenbütteler Straße, Salzdahlumer Straße ab Berliner Platz in Fahrtrichtung Süden und ab der A 39 in Fahrtrichtung Norden sowie die Theodor-Heuss-Straße. Das Gleiche gilt für die Autobahnabfahrt Salzdahlumer Straße Richtung Norden.

Wann und wie lange müssen die Bewohner ihre Wohnungen verlassen?

Bis 9 Uhr müssen die Menschen am Sonntag ihre Häuser verlassen. Feuerwehr, Polizei und zentraler Ordnungsdienst werden bis 12 Uhr die evakuierten Straßenzüge überprüfen, damit sich keine Menschen mehr im Evakuierungsgebiet aufhalten. Mit der Entschärfung der mutmaßlichen Blindgänger und damit auch mit dem Ende der Evakuierung wird bis spätestens gegen 15 Uhr gerechnet.

Wo ist die zentrale Anlaufstelle und wie kommt man dorthin?

Als Ausweichquartier steht ab 9 Uhr die Sporthalle in der Naumburgstraße 16 zur Verfügung. Die Braunschweiger Verkehrs-GmbH richtet ab 8 Uhr einen kostenlosen Buspendelverkehr dorthin ein. Die Evakuierungsbusse bedienen folgende Haltestellen:

Route 1: Europaplatz – Am Wassertor – Leisewitzstraße (Ersatzhaltestelle am Straßenrand) – Bürgerpark – Berliner Platz (Ersatzhaltestelle auf der Salzdahlumer Straße) – Bebelhof – Holzmindener Straße – Schefflerstraße – Klinikum Salzdahlumer Straße (Ausstieg zur Sporthalle in der Naumburgstraße)

Route 2: John-F.-Kennedy-Platz – Leisewitzstraße (Ersatzhaltestelle am Straßenrand) – Bürgerpark – Berliner Platz (Ersatzhaltestelle auf der Salzdahlumer Straße) – Bebelhof – Holzmindener Straße – Schefflerstraße – Klinikum Salzdahlumer Straße (Ausstieg zur Sporthalle in der Naumburgstraße)

Route 3: Hauptbahnhof – Bürgerpark – Berliner Platz (Ersatzhaltestelle auf der Salzdahlumer Straße) – Bebelhof – Holzmindener Straße – Schefflerstraße – Klinikum Salzdahlumer Straße (Ausstieg zur Sporthalle in der Naumburgstraße)

Auch die regulären Fahrten im Linienbetrieb können zur Evakuierung genutzt werden. Jedoch kann ab ca. 8 Uhr nur noch in Busse und Stadtbahnen eingestiegen werden, der Ausstieg im von der Evakuierung betroffenem Gebiet ist dann nicht mehr möglich.

Wie erhalten Menschen Hilfe beim Verlassen der Wohnung?

Wer Hilfe oder einen Krankentransport benötigt, kann sich an die Feuerwehr Braunschweig unter der Telefonnummer 0531/19222 wenden. Unter der Telefonnummer 0531/2345-6789 steht die Feuerwehr am Tag der Räumung um 8 Uhr (an den Tagen vorher das Bürgertelefon) für allgemeine Informationen zur Verfügung.

Wie fahren Busse und Straßenbahnen in Braunschweig?

Nach Abschluss der Evakuierung voraussichtlich am späten Vormittag wird der Bereich komplett gesperrt und mehrere Linien müssen umgeleitet werden:

Die Stadtbahnlinien 1 und 2 enden und beginnen während der Sperrung an der Haltestelle „Hauptbahnhof“ und können die Endpunkte in Stöckheim beziehungsweise im Heidberg nicht anfahren. Für Fahrgäste der Linien 1 und 2 wird ein SEV zwischen den Haltestellen „Hauptbahnhof“ und „Helmstedter Straße“ eingerichtet. Hier ist der Umstieg in die Buslinie 421 möglich, über die Fahrgäste in den Heidberg und nach Stöckheim gelangen.

Die Buslinien 420 und 411 müssen aufgrund der Sperrung über die Helmstedter Straße umgeleitet werden. Unter anderem die Haltestelle „Hauptbahnhof“ kann dann durch diese Linien nicht bedient werden. Die Buslinie 420 verkehrt somit direkt zwischen der Haltestelle „Rathaus“ und Wolfenbüttel ohne weitere Halte in Braunschweig. Auf der Linie 411 entfallen die Haltestellen „Willy-Brandt-Platz“, „Hauptbahnhof“, „Berliner Platz“, „Bebelhof“, „Holzmindener Straße“ und „Schefflerstraße“.

Die Buslinien 419 und 429 werden ab Betriebsbeginn die Theodor-Heuss-Straße nicht befahren und werden über die Frankfurter Straße umgeleitet. Die Haltestellen „Otto-von-Guericke-Straße“, „Messegelände“, „Theodor-Heuss-Straße“ und „Holzhof (Volkswagen-Halle)“ entfallen.

Die Buslinie 413 wird ab Betriebsbeginn bis zum Ende der Sperrung über die Frankfurter Straße und Luisenstraße umgeleitet. Die Haltestellen „Otto-von-Guericke-Straße“, „Messegelände“, „Theodor-Heuss-Straße“ und „Holzhof (Volkswagen-Halle)“ entfallen.

Nach Abschluss der möglichen Kampfmittelbeseitigung kehren alle Bus- und Stadtbahnlinien im Verlauf des Sonntags auf ihren regulären Linienweg zurück.

Wie fahren die Regionalzüge am Sonntag?

Laut der Deutschen Bahn müssen mehrere Zugstrecken am Sonntag von 11 bis etwa 15 Uhr gesperrt werden. Betroffen sind zum Beispiel die Strecken zwischen Braunschweig und Lebenstedt sowie zwischen Braunschweig und Schöppenstedt. Die Züge aus/in Richtung Lebenstedt und Schöppenstedt fallen bis zirka 15 Uhr aus und werden durch Busse ersetzt. Die Verbindung zwischen Salzgitter-Bad und Braunschweig mit planmäßiger Abfahrt um 14.32 verkehrt voraussichtlich 20 Minuten später. In Richtung Herzberg (Harz) orientiert sich der Ersatzverkehr mit Bussen am Anschluss zu den Zügen der RB46 in Salzgitter-Bad.

Es werden jeweils Ersatzbusse bereitgestellt, die stündlich abfahren. Zwischen Braunschweig und Lebenstedt fährt jeweils zur vollen Stunde zwischen 10 und 14 Uhr ein Bus nach Lebenstedt, von Lebenstedt geht es dann stündlich zwischen 11.15 und 15.15 Uhr zurück. Von Braunschweig nach Schöppenstedt fahren die Busse stündlich zwischen 10.26 und 13.26 Uhr sowie in anderer Richtung zwischen 10.34 und 13.34 Uhr. Ein Schienenersatzverkehr zwischen Braunschweig und Salzgitter-Bad wird stündlich zwischen 10.30 und 13.30 Uhr bereitgestellt, zwischen Salzgitter-Bad und Braunschweig von 11.35 bis 13.35 Uhr.

Auch Privatbahnen sind betroffen: Enno kündigt Ausfälle in beiden Richtungen zwischen Hildesheim und Braunschweig an. Enno-Züge fahren dann nur noch ab Wolfsburg bis Braunschweig. Für die entfallenen Verbindungen wird ein Schienenersatzverkehr mit Bussen bereitgestellt. Die Busse ab Braunschweig in Richtung Hildesheim fahren ab 11.41 bis 14.41 Uhr stündlich. Ankunft in Hildesheim ist jeweils knapp 80 Minuten später. Von Hildesheim nach Braunschweig fahren die Busse zwischen 10.15 und 13.15 Uhr stündlich, außerdem ab 14.01 Uhr. Die Züge von Braunschweig nach Wolfsburg fahren zwischen 11.41 und 14.41 Uhr stündlich, also 15 Minuten später als der Regelfahrplan.

Bei Erixx fallen die Züge von Braunschweig in Richtung Börßum ab 11.24 bis 14.24 Uhr aus. Stattdessen fahren von 10.52 bis 13.52 Uhr stündlich Busse nach Börßum. Dort ist dann Anschluss an den Erixx in Richtung Bad Harzburg beziehungsweise Goslar. Wer nach Braunschweig möchte, muss den Schienenersatzverkehr nehmen, der ab Börßum zwischen 11.22 und 14.22 Uhr stündlich angeboten wird. Ankunft in Braunschweig ist etwa eine Dreiviertelstunde später.

Nicht betroffen von Einschränkungen ist die Regionalbahn-Verbindung zwischen Braunschweig und Magdeburg über Helmstedt.

Wie fahren die Fernzüge am Sonntag?

Die Halte in Hildesheim, Peine, Braunschweig und Helmstedt entfallen im Fernverkehr.

Wie fahren am Sonntag die Fernbusse neben dem Braunschweiger Hauptbahnhof?

Der Fernbusverkehr wird ab 9 Uhr gestoppt. Mit erfolgreicher Entschärfung werden alle Sperrungen aufgehoben.

Alle Informationen auch auf: www.braunschweig.de

Diese Bombenentschärfungen gab es bereits in der Vergangenheit in Braunschweig

Die bislang größte Evakuierung in der Geschichte Braunschweigs fand am 20. Juli 2015 statt. Damals mussten binnen weniger Stunden 11.000 Menschen die Gefahrenzone verlassen. Der Radius von 1000 Metern wurde damals um die Fundstelle am Brawo-Park-Gelände gezogen. Die VW-Halle öffnete während der Evakuierung für die Menschen, etwa 1200 nahmen das Angebot an.

Am 7. Juni 2005 erfolgte die zweitgrößte Evakuierung der Geschichte: 10.000 Menschen, die in der Innenstadt lebten, mussten ihre Häuser verlassen, da Bauarbeiter beim Bau der Schloss-Arkaden eine 250-Kilo-Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg fanden. Pikant dabei: Die Evakuierung fand in der Nacht statt. Mehr als 6000 Menschen verbrachten die Nacht in Notunterkünften wie der VW-Halle. Der Blindgänger konnte nicht vor Ort entschärft werden, sondern wurde ins Geitelder Holz bei Broitzem transportiert, wo sie kontrolliert gesprengt wurde. Im gleichen Jahr wurden weitere Blindgänger im Univiertel (21. November) und im Siegfriedviertel (9. Dezember) entschärft. Insgesamt mussten bei allen drei Einsätzen rund 21.000 Menschen evakuiert werden.

Größere und kleinere Evakuierungen gibt es in Braunschweig. Zu den kleineren zählt die am 19. Dezember 2021. In der Mastbruchsiedlung mussten am 19. Dezember 2021 470 Menschen evakuiert werden.

Warum bei Bombenentschärfungen der Radius von 1000 Metern wichtig, zeigt ein Beispiel aus dem Jahr 2010 in Göttingen. Damals ging die Entschärfung schief, ein Teil der Bombe schlug 700 Meter entfernt in ein Dach ein. Drei Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes wurden dabei getötet, unter anderem Thomas Gesk.