Braunschweig. Bis Montag müssen Schäden behoben werden. Am Donnerstag hatte die Polizei Klimaaktivisten mit dem Trennschleifer von der Wolfenbütteler Straße gelöst.

Am Donnerstag haben Anhänger der Gruppe „Letzte Generation“ den Verkehr in Braunschweig blockiert. Die Blockade hatte kurz nach 16 Uhr mit insgesamt zwölf Klimaaktivistinnen und -aktivisten auf der Wolfenbütteler Straße und auf dem Heinrich-Büssing-Ring begonnen. Laut Polizeisprecher Dirk Oppermann hatten sich acht Personen an der Fahrbahn festgeklebt, eine weitere Person war mit einem Festgeklebten verbunden. Die Polizei löste sie mit schwerem Gerät von der Straße. „Die letzte Person konnte um 23.30 Uhr von der Straße gelöst werden“, erklärt Oppermann am Freitagmorgen. Bis voraussichtlich Montag bleibt der Verkehr durch die Aktion eingeschränkt.

Konkret betroffen war zum einen die Wolfenbütteler Straße stadtauswärts ab dem Heinrich-Büssing-Ring, so dass der Weg gen Süden zur Autobahn versperrt war. Zum anderen war auch der Heinrich-Büssing-Ring selbst in Richtung Wolfenbütteler Straße blockiert.

Am Freitagmorgen war der Verkehr weiterhin eingeschränkt. Die Wolfenbütteler Straße war stadtauswärts Richtung Heinrich-Büssing-Ring nur einspurig befahrbar und das Abbiegen in den Heinrich-Büssing-Ring war nicht möglich. Ähnlich verhielt es sich auf dem Heinrich-Büssing-Ring in Richtung Wolfenbütteler Straße stadteinwärts. Auch dort war die Fahrbahn nur einspurig befahrbar und das Abbiegen Richtung Innenstadt nicht möglich.

Auf der Kreuzung Heinrich-Büssing-Ring / Wolfenbüttler Straße klebten sich am Donnerstag 8 Leute mit einem Gemisch aus Epoxidharz und Sand fest. Die Technische Einsatzeinheit der Polizei schnitt sie aus der Straße. Acht Löcher blieben im Asphalt zurück, vier davon im hier zu sehenden Heinrich-Büssing-Ring.
Auf der Kreuzung Heinrich-Büssing-Ring / Wolfenbüttler Straße klebten sich am Donnerstag 8 Leute mit einem Gemisch aus Epoxidharz und Sand fest. Die Technische Einsatzeinheit der Polizei schnitt sie aus der Straße. Acht Löcher blieben im Asphalt zurück, vier davon im hier zu sehenden Heinrich-Büssing-Ring. © FMN | Bernward Comes / Salzgitter Zeitung

Löcher in den Fahrbahnen müssen geschlossen werden

Grund für die Einschränkung im Verkehr seien die nötigen Reparaturarbeiten des Asphalts, die aktuell noch nicht begonnen hätten, so Oppermann. Verantwortlich für diese Arbeiten sei allerdings nicht die Polizei, sondern die Stadt.

Rainer Keunecke, Pressesprecher der Stadt Braunschweig, erklärt dazu am Freitag: „Die fachgerechte Reparatur soll heute beginnen.“ Die Absperrungen sollen voraussichtlich am kommenden Montag wieder entfernt werden. „Bis dahin kann an der Einmündung des Heinrich-Büssing-Rings nicht nach rechts in die Wolfenbütteler Straße Richtung Zentrum eingebogen werden. Alle anderen Fahrbeziehungen sind, teils mit Einschränkungen, befahrbar.“ Auf welche Summe sich die Reparaturkosten belaufen werden, sei demnach bislang noch nicht einschätzbar. Tragen werde diese jedoch voraussichtlich nicht die Stadt: „Wer die Beschädigung öffentlichen Eigentums verursacht, wird üblicherweise in Regress genommen. Dies ist auch hier beabsichtigt“, so Keunecke.

Sand-Kleber-Mischung forderte drastische Maßnahmen

Die Aktivisten hatten jetzt erstmals in Braunschweig nicht nur herkömmlichen Sekundenkleber verwendet, sondern dem Kleber Sand beigemischt. „Das Lösen war problematischer als angenommen“, erklärt Polizeisprecher Oppermann. Die Technische Einsatzeinheit der Polizei nutzte Trennschleifer, um die Aktivisten von der Straße zu lösen: Mit den Geräten trennten die Beamten großflächig den Teil des Asphalts, mit dem die Aktivisten verklebt waren, vom Rest der Straße ab. Anschließend wurde das festgeklebte Straßenstück aus seiner Umgebung herausgehebelt. Insgesamt acht Löcher blieben von den Arbeiten der Polizei zurück.

Die Stadt Braunschweig wird Keunecke zufolge gegen die Aktivisten Strafantrag wegen Sachbeschädigung stellen. Wie Oppermann ergänzt, müssten die Klimaaktivisten zudem mit Anzeigen wegen Nötigung im Straßenverkehr rechnen.

Die Einsatzkosten der Polizei

Dazu, wie hoch die Kosten für den Polizeieinsatz am Donnerstagabend waren, machte das Land zunächst keine Angaben. Ein Pressesprecher des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport erklärte jedoch: „Es gibt in Niedersachsen keine rechtliche Grundlage, um Klimaaktivisten oder anderen Personen die Kosten für die Durchsetzung einer gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahme unter Anwendung unmittelbaren Zwangs (wie beispielsweise das Wegtragen von der Fahrbahn) aufzuerlegen.“ Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ist demnach eine elementare Kernaufgabe des Staates, der diese ohne die Erhebung von Gebühren für die jeweiligen Verursacher erbringe. Allerdings könnten unter Umständen auch Bußgelder verhängt werden, wenn beispielsweise vollziehbaren Anordnungen der Polizei zuwidergehandelt werde oder verkehrsrechtliche Ordnungswidrigkeiten vorliegen. Soweit der Verdacht von Straftaten wie Nötigung oder gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr bestehe, würden darüber hinaus entsprechende Strafverfahren eingeleitet.

Die Finanzierung der durch die Aktivisten ausgelösten Einsätze ist dabei jedoch nicht bundesweit einheitlich. Wie die Frankfurter Rundschau berichtete, stellt etwa das Land Hessen den Aktivisten inzwischen die durch sie verursachten Einsätze in Rechnung. Auf dieser finden sich etwa die Gebühren für das Klebstofflösungsmittel, Stemmeisen, Hubsteiger oder Motorsägen wieder – also das Material, das die Polizei benötigt, um die Aktivisten von der Straße zu lösen. Auch die Kosten für Ärzte und Rettungswagen sowie Sprungkissen und Drehleitern der Feuerwehr, die bei anderen Aktionen der Gruppe zum Einsatz kamen, stellte das Land demnach in Rechnung. Bei Festnahmen kämen darüber hinaus Gebühren für den Transport, die Verpflegung, sowie für die Haftfähigkeits-Untersuchung hinzu.

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In anderen Städten hat die „Letzte Generation“ bereits mehrfach mit Sand versetzten Kleber eingesetzt. Dort mussten die Aktivisten ebenfalls teilweise mit Trennschleifern oder Presslufthämmern von der Straße entfernt werden.

Es ist das erste Mal, dass die Klimaaktivisten in Braunschweig Kleber mit Sand verwenden.
Es ist das erste Mal, dass die Klimaaktivisten in Braunschweig Kleber mit Sand verwenden. © FMN | Bernward Comes

Letzte Generation: Klimagesetz wird weiter ausgehöhlt

In einer aktuellen Pressemitteilung begründete die „Letzte Generation“ die Blockade am Donnerstag so: „Heute feiern wir 75 Jahre Grundgesetz. Die Verantwortlichen in der Politik haben alle einen Eid auf die Verfassung geschworen, auch OB Kornblum. Grundgesetz Artikel 20a verpflichtet die Regierung zu umfassender Verantwortung: ,Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen.‘ Doch die Regierung verweigert sich ihrer verfassungsgemäßen Pflicht, die Lebensgrundlagen zu schützen.“

Sie verwiesen auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2021, wonach das Klimaschutzgesetz der Regierung nicht ausreicht, um der von der Verfassung gebotenen Verpflichtung nachzukommen, Leben und Gesundheit vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen. „Das unzureichende Klimaschutzgesetz wurde allerdings nicht nachgebessert – im Gegenteil, es wurde im Sommer 2023 noch weiter ausgehöhlt und die im Juli 2023 vorzulegenden Sofortprogramme ,Verkehr und Gebäude‘ wurden schlicht und einfach nicht erstellt“, so die „Letzte Generation“.

Die Klimaaktivisten kritisierten erneut, dass Braunschweigs Oberbürgermeister Thorsten Kornblum im Gegensatz zu seinem Amtskollegen Belit Onay in Hannover nicht darauf eingeht, ihre Forderung nach einem Gesellschaftsrat zu unterstützen. In Braunschweig drohen den Aktivisten stattdessen seit kurzem Bußgelder bis zu 3000 Euro, wenn sie unangemeldet auf den Straßen unterwegs sind.

Klimaaktivisten nehmen Bußgelder in Kauf

Doch das hält die „Letzte Generation“ nicht vom Protestieren ab. Die aktuelle Blockadeaktion ist die zweite seit Inkrafttreten der Allgemeinverfügung. Vergangene Woche hatten sie ebenfalls auf der Wolfenbütteler einen „Slow Walk“ durchgeführt. Da sich dabei niemand angeklebt hatte, war der Verkehr nur kurzzeitig beeinträchtigt.

In ihrer Pressemitteilung bekräftigten die Klimaaktivisten: „Die Proteste der Letzten Generation sind unignorierbar. Sie konfrontieren mit der absoluten Dringlichkeit der Klimakrise und wecken unangenehme Gefühle wie Schuld und Scham. Aber die Folgen der Klimakrise sind noch viel unangenehmer.“ Die Proteste seien eine öffentliche Ermutigung: „Das Schlimmste lässt sich noch verhindern.“

Der Artikel wurde aktualisiert.