Braunschweig. Das Kaufhaus überlebt in letzter Sekunde, weil Mieter und Vermieter sich noch was ausrechnen. Lesen Sie dazu den Kommentar von Henning Noske.

Totgesagte leben länger, manchmal ist das tatsächlich so. Im letzten Moment, so kann man es sagen, ist das Braunschweiger Galeria-Karstadt-Haus in der Innenstadt der bereits verkündeten Schließung doch noch von der Schippe gesprungen.

Am Dienstag, 25. April, sollten eigentlich die finalen Kündigungsschreiben für die Belegschaft verschickt werden. Und am Dienstag, 25. April, Sperrfrist 16 Uhr, wurde eine Mitteilung verschickt, die besagt: Mieter und Vermieter, Kaufhauskonzern und Volksbank BraWo, haben ja doch noch zueinander gefunden. Knapper geht’s nun wirklich nicht mehr.

Am Ende sind es nur noch 45 „Schließungsfilialen“ – Braunschweig und Rosenheim sind jetzt gerettet

Und da waren’s dann nicht mehr 47 sogenannte „Schließungsfilialen“ im Rahmen des bundesweiten Galeria-Insolvenzplanes, sondern nur noch 45.

Denn nicht nur die Filiale Braunschweig in Niedersachsen, sondern auch die im bayerischen Rosenheim, ist seit Dienstag, 25. April, nach fieberhaften Verhandlungen, in die sich auch die Politik einschaltete, gerettet.

Ein wahres Wechselbad der Gefühle, und jetzt ist man plötzlich „Fortführungsfiliale“ ...

Braunschweigs Innenstadt, man muss das so sagen, ist nochmal davongekommen. Die Stadt und die Region kann es freuen: Die letzte Karstadt-Filiale in der Okerstadt ist gerettet, nun locken dort in der City auf der Fläche einer halben Fußgängerzone weiterhin attraktive Einkaufsmöglichkeiten.

Sie hätten ja gefehlt trotz all des schneidigen Schließungs-Furors. Es hätte einen weiteren Schub für den Internet-Versandhandel bedeutet – und der gesamte verbliebene noch von echten Menschen geführte Innenstadt-Handel hätte damit verloren. Und kann nun erstmal aufatmen.

Es fehlte einem ja ohnehin das rechte Verständnis: Wie kann ein Kaufhaus eingehen, das noch gute Geschäfte macht, schwarze Zahlen schreibt?

Wie kann es sein, dass über Jahrzehnte Investitionen versäumt werden – und dieser Modernisierungs-Stau dann letztlich beinahe zum Sargnagel geworden wäre?

Volksbank BraWo ist ihrer Verantwortung für Stadt und Region Braunschweig gerecht geworden

Gut, dass sich Vermieter und Mieter hier auf den letzten Millimetern eines Schicksalsweges doch noch annähern konnten. Soll heißen: Tatsächlich beide Partner profitieren von neuen und frischen Impulsen für die Marke Galeria, wenn die verbliebenen Kaufhäuser, wie anvisiert, aktueller, regionaler, moderner werden.

Für einen „attraktiven Mix aus Mindest- und Umsatzmiete“ haben sie ihre Hausaufgaben gemacht: eine Einigung über die umfänglichen Kosten für Sanierung und zukunftsgerechten Umbau des Hauses in der Braunschweiger Schuhstraße. Beide Seiten mit Millionenbeiträgen, über deren genaue Höhe sie sich in Schweigen hüllen.

Gut auch, mit Verlaub, dass die hiesigen Interessen mit der Volksbank BraWo ein in der Region verankerter starker Akteur beinhart und selbstbewusst vertrat, einer, durchaus mächtig und potent, der diesen Deal auch aus Verantwortung für Stadt und Region am Ende nicht scheitern lassen wollte und konnte.

Die Erleichterung ist groß: Ein jahrelanger Monster-Leerstand im Herzen der Stadt konnte vermieden werden

Und der Versuchung widerstand, Methoden bloß- und kaltzustellen, die man in einem anderen Milieu getrost der Erpresserszene zurechnen könnte. Kühle Vernunft siegt. So ein Monster-Leerstand im Herzen der Stadt über etliche Jahre hätte niemandem wirklich Freude bereitet, aber allen Verdruss und Nachteile, da mögen die wunderschönen Ideen in „Think-Tanks“ noch so flutschen.

Die Karstadt-Belegschaft bitte nicht zu vergessen, die ebenfalls aufatmen kann. Hoffentlich möglichst viele von ihnen, denn es bleibt dabei: Es sind Menschen, die Menschen gewinnen.

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