Braunschweig. Friedrich Knapp schaltet sich in Konzerthaus-Debatte in Braunschweig ein. Fragen zum Beschluss fürs Haus der Musik – und hier die Antworten.

Ein Kultur-Thema, das in der Stadt derzeit keinen loslässt. So viel Zustimmung, so viel Ablehnung, so viele Vorschläge, so viele Fragen. Nach dem Ratsbeschluss zur Planung und Kostenermittlung eines Hauses der Musik mit Konzerthalle und Musikschule an Viewegs Garten im Bahnhofs-Beritt herrscht eindeutig Rede- und Einordnungsbedarf. Denn es ist gleichzeitig der Beschluss, alternative Standorte in der Innenstadt auszuschließen. Wir gehen einigen Aspekten nach.

Was hat es mit dem Problem des Vergaberechts auf sich?

Hintergrund: Die Stadt schließt einen Standort in der City aus, weil „vergaberechtliche Hindernisse“ dagegen stünden.

Fakten 1: Oberbürgermeister Thorsten Kornblum erklärt (in einer Pressekonferenz am Montag): Haus der Musik in der Innenstadt – „das geht nur, wenn wir auch Eigentümer oder Teileigentümer dieser Flächen werden“.

Beispiel: Galeria-Karstadt-Haus am Bohlweg. Warum mit Konzerthalle und Musikschule nicht dort hineingehen?

Der Oberbürgermeister: „Die Stadt kann städtisches Geld in diesem Fall nicht einfach einem Standort und damit einem Immobilieneigentümer geben. Eine vergaberechtliche europaweite Ausschreibung „Konzerthaus in der Braunschweiger Innenstadt“ ist zwingend notwendig. Dann können sich Bewerber melden. Wir als Stadt müssten dem günstigsten Standort den Zuschlag geben – und nicht dem besten. Damit hätten wir als demokratisch gewählter Rat nicht mehr die Zugriffsmöglichkeiten, wie wir sie auf eigene Gebäude haben. Nach Auskünften, die wir auch bei externen Juristen eingeholt haben, stellt sich dieses Problem vergaberechtlich nicht, wenn die Stadt verhandelt und eine Immobilie erwirbt.“ Hinzu komme: Man habe die notwendigen Investitionsmittel für ein Haus der Musik noch gar nicht im städtischen Haushalt, erst müssten nach dem erfolgten Grundsatzbeschluss die tatsächlichen Kosten im Lichte auch der Ergebnisse des Architektenwettbewerbs ermittelt werden. Und erst dann könne man auch „alternative Finanzierungs- und Beteiligungsmöglichkeiten der Stadtgesellschaft und der Wirtschaft“ ausloten.

Fakten 2: Architekt Heiko Vahjen, der bundesweit am Umbau von Leerständen beteiligt war und ist (z.B. Kiel, Berlin, Mainz, Gera) bestreitet (beim Leserforum unserer Zeitung und auf Nachfrage), dass das Vergaberecht eine unüberwindliche Hürde darstellt. Er sagt: „Eine Realisierung in einem Leerstand in der Innenstadt ist möglich. Aktuell haben wir einen Fall, nicht in Braunschweig, bei dem eine Universität in ein Warenhaus einzieht. Dann muss es auch für eine Kommune möglich sein. Die Uni trat an den Besitzer heran – und will langfristig mieten. Das ist die eine Lösung. Die andere ist Erwerb oder Teilerwerb der Immobilie. Die Stadt kann übrigens auch eine leere Fläche anmieten und sie selber ausbauen. Anmietung muss sie nicht ausschreiben, aber die Bauleistung. Es ist eigentlich ganz einfach: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Man muss es nur ernsthaft wollen.“

Kommentar: Der vermeintliche Widerspruch lässt sich leicht auflösen. Die Stadt hat unmissverständlich erklärt, dass sie auf eigenen Flächen (und des Landes) selbst Herr der Entscheidungen sein will, um nicht nur ihre baufachlichen Vorstellungen (Emissionen, Anlieferung etc.), sondern auch ihre kulturfachlichen Prioritäten (Exzellente Architektur und Ausstattung, bestmögliche Synergien zwischen Profi- und Nachwuchsmusik) eigenständig zu verwirklichen.

Dahinter steckt in diesem Fall auch die Grundsatzentscheidung, nicht über Jahrzehnte Mietzahlungen zu leisten statt eigenes Vermögen aufzubauen. Diese schlüssige Argumentation muss folgenden Widerspruch ertragen: Nicht nur bei der Anmietung von Rathausflächen im Business Center der Volksbank BraWo ebenso wie bei den neuen Plänen für einen „Bildungs- und Arbeitsort Innenstadt“ tritt die Stadt durchaus auch als Mieter auf.

Was beinhalten eigentlich die Pläne von Vermieter Friedrich Knapp (New Yorker), ein Haus der Musik im Ex-Karstadt-Haus am Gewandhaus zu verwirklichen?

Hintergrund: Das „Braunschweiger Forum“ erklärt und kritisiert (beim Leserforum unserer Zeitung), die Stadt habe Friedrich Knapps detaillierten Entwurf zurückgewiesen. Der städtische Hochbaudezernent Holger Herlitschke bestätigt (im Rat der Stadt), New Yorker sei als Vermieter an die Stadt mit einem Entwurf herangetreten.

Fakten 1: Die Redaktion erhält von New-Yorker-Architektin Natascha Heinrichs den fraglichen Entwurf. Er stammt von Star-Architekt Hadi Teherani (u.a. Europa-Passage, Tanzende Türme und Deichtor-Center in Hamburg). Hadi Teherani mit Wurzeln und Studium in Braunschweig ist mit Textil- und Immobilien-Milliardär Knapp lange befreundet. Hier erstmals die Details seines Entwurfes für ein Haus der Musik in Braunschweig.

Entwurf von New Yorker für ein Haus der Musik im Ex-Karstadt-Gebäude am Gewandhaus mit Dachterrasse, Cafe, Konzertsaal und Plaza (von oben).
Entwurf von New Yorker für ein Haus der Musik im Ex-Karstadt-Gebäude am Gewandhaus mit Dachterrasse, Cafe, Konzertsaal und Plaza (von oben). © Natascha Heinrichs / Hadi Teherani / New Yorker | Kristin Heine

Fakten 2: Einmal in Fahrt lässt Friedrich Knapp nicht locker und teilt der Redaktion per Whatsapp mit, da sei ja auch noch das ehemalige Haus der Musischen Akademie am Neustadtring – in seinem Besitz –, das vom CJD als Mieter bekanntlich verlassen wurde, um die Aktivitäten am Campus St. Leonhard zu konzentrieren. Am Neustadtring stünde eine Musikschule mit 4000 Quadratmetern, nach allen Regeln der Kunst ausgestattet, gern auch mehr, für die Städtische Musikschule zur Verfügung, die ja dringend und auch schnell nach einem geeigneten Domizil sucht.

Kommentar: Klar und schlüssig, dass die städtische Argumentation in punkto Vergaberecht sowie baufachlicher, kulturfachlicher und finanzpolitischer Bedenken auch für den Karstadt-Leerstand am Gewandhaus gilt. Da macht es keinen Unterschied, ob der Vermieter Volksbank BraWo (Bohlweg) oder eben New Yorker heißt. Der Rat der Stadt hat am Dienstag beschlossen, dass die Städtische Musikschule (nach möglichem Standortbeschluss 2025) frühestmöglich 2031 ins neue Haus einziehen könnte. Ist das schnell? Vermutlich ist es so schnell wie möglich. Doch hier stünde jetzt auch ein Angebot von 4000 Quadratmetern leerstehender Musikschulfläche im Raum.

Lesen Sie auch:

Mehrheit für Braunschweiger Haus der Musik – und was jetzt?

Braunschweiger Haus der Musik am Bahnhof nimmt die erste Hürde

Pro & Contra- Soll das Konzerthaus für Braunschweig kommen?

Braunschweigs Haus der Musik- Neubau oder Kaufhaus-Umbau?

Braunschweiger Architektur-Päpstin liest der Stadt die Leviten

Stadt- Braunschweig braucht Konzerthalle als Leuchtturmprojekt!

Vorstoß für Konzerthalle am Braunschweiger Bohlweg!