Braunschweig. Braunschweig diskutiert: Was sollen die Spiegeleier im Stadtbild? Muss das einen Sinn haben? Jetzt streiten die Redakteure.

Nun hängt auch am BZV-Medienhaus unserer Zeitung in der Braunschweiger Innenstadt so ein Spiegelei. Ist es Kunst – oder kann das weg? Was soll es uns sagen? Darüber diskutieren mittlerweile viele in der Stadt. Unsere Redakteure Joschka Büchs und Henning Noske diskutieren mit. Lesen Sie ihre Kommentare.

Henning Noske findet, dass Kunst unbedingt einen Sinn haben muss. Hier sein Kommentar:

Eieiei, unsere gefährliche Welt ist voller Tücke

Habt Ihr eigentlich keine anderen Themen außer Eiern, mit denen sie uns eine kleben? Doch, leider. Eine irre Welt außer Rand und Band, verunsicherte Menschen, ein kranker Krieg, Milliarden in Fässern ohne Boden, es ist zu kalt, zu warm, zu trocken oder steht unter Wasser – und Eintracht gewinnt auch nicht mehr.

Protest! Wir suchen den Sinn, denn es muss einen geben. Unbedingt. Getreu der selektiven Wahrnehmung, die uns auszeichnet, hast du das Ei entweder selbst geworfen – oder du kriegst es ab. Hut ab, Herr Eiermann oder Frau Eierfrau!

Als Unschuld vom Lande wären wir, dem tierischen Ernst stets zugetan, dann doch geneigt zu fragen: aus Bodenhaltung? Beziehungsweise: wirklich getreu der Verordnung Nr. 589/2008 der EU-Kommission vom 23. Juni 2008 mit Durchführungsbestimmungen hinsichtlich der Vermarktungsnormen für Eier?

Als beinhart recherchierende Redaktion wären wir imstande, auch noch die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und die Brandschutzordnung (BSO) in Stellung zu bringen. Sogar die Straßenverkehrsordnung (StVO), wonach absolut nichts den Fahrer ablenken darf. Nicht die Körperpflege zum Beispiel, die Suche nach einem verlorenen Gegenstand im Fußraum – oder eben versonnene Blicke aus dem Fenster, wo am Brückenpfeiler gerade so ein Ei auftaucht.

Eieiei. Unsere gefährliche Welt ist voller Tücke. Was ist ein Ei ohne Sinn? Ausgepustet. Und selbst das kannst du noch anmalen und an den Osterstrauch hängen.

Joschka Büchs findet, dass Kunst keinen Sinn haben muss. Hier sein Kommentar:

Die Eier sind Kunst – und Kunst braucht keinen Zweck

Seit Wochen rätseln wir nun schon, was die Spiegeleier zu bedeuten haben. Sind es überhaupt Spiegeleier oder eher Protest-Wurfeier?

Ich denke: Das ist eigentlich egal. Denn Kunst ist eben Kunst, weil sie Interpretationsmöglichkeiten offen lässt. Gerade Kunst im öffentlichen Raum lebt von dem Rätselraten der Rezipientinnen und Rezipienten. Wenn sie unsere Aufmerksamkeit bekommt und unsere Fantasie anregt, hat sie schon alles erreicht, was sie erreichen will.

Können wir nicht die Eier einfach Kunst sein lassen? Wozu müssen sie in eine Schublade – Kunst oder keine Kunst, Protest oder kein Protest – gesteckt werden? Das ist mir zu typisch deutsch. Es muss nicht humorlos für alle Dinge eine zugeschriebene Funktion geben.

Auch die unterschiedlichen Standorte der Eier lassen keine klare Botschaft erkennen: Mal kleben sie an Autobahn- und Eisenbahnbrücken, mal an Wohnhäusern oder Pfosten. Ich finde daher, wir sollten uns nicht um ungelegte Eier kümmern, sondern einfach feststellen, dass es da jemanden gibt, der mit seiner Kunst offenbar einen Nerv trifft und das Interesse nicht nur unserer Zeitung, sondern vieler Menschen geweckt hat.

Das Ei, das nun an der Fassade unseres Medienhauses klebt, würde ich auch nicht als Protest bewerten, sondern als augenzwinkerndes Zeichen des Künstlers, dass er oder sie unsere Berichterstattung verfolgt. Auf der Meta-Ebene bringt er so Kunst und Kunstkritiker zusammen. Nichts weiter.

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