Braunschweig. Die Elterninitiative fordert rund 885.000 Euro Schadenersatz von der ehemaligen Geschäftsführerin. Lesen Sie hier, wie der Gerichtstermin verlief.

Die Elterninitiative „Till Eulenspiegel“ fordert von der ehemaligen Vorstandsvorsitzenden und Geschäftsführerin des Vereins Schadenersatz in Höhe von rund 885.000 Euro. Am Dienstag wurde die Klage erstmals vor der 6. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig verhandelt.

Der Hintergrund: Im Mai 2018 hatte die Steuerfahndung die Elterninitiative unter die Lupe genommen. Zahlreiche Unterlagen wurden beschlagnahmt. Zuvor war im Verein bereits über Monate intern über die Finanzen gestritten worden, nachdem der damalige Kassenprüfer auf Unregelmäßigkeiten in den Abrechnungen gestoßen war.

Es geht um Steuerhinterziehung, Subventionsbetrug und die Veruntreuung von Geldern. Die strafrechtlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die Frau, die bis 2019 Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführerin des Vereins war, dauern noch immer an. „Till Eulenspiegel“ ist die größte Elterninitiative in Braunschweig und betreut in zahlreichen Krippen, Kindergärten und Hortgruppen im Stadtgebiet rund 400 Kinder. Im Jahr 2020 betrugen die Betriebseinnahmen 4,1 Millionen Euro.

Hohe Steuernachzahlungen waren fällig

Christian Wolters, Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig: „Die lange Verfahrensdauer beruht auf den sehr umfangreichen Ermittlungen, die insbesondere in der Auswertung zahlreicher Geschäftsunterlagen bestehen.“ Letztlich müsse die gesamte Buchhaltung mehrerer Jahre geprüft werden, so Wolters: „Das dauert bedauerlicherweise immer sehr lange.“

Auch wenn die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind, hat der Verein vor einigen Monaten Schadenersatzklage eingereicht, um eine Verjährung zivilrechtlicher Forderungen zu verhindern. Den finanziellen Schaden, der dem Verein entstanden ist, beziffert der aktuelle Vorstand auf rund 885.000 Euro. Nach eigenen Angaben hat der Verein vorübergehend kurz vor der Insolvenz gestanden.

„Till Eulenspiegel“ hat im großen Umfang Steuern nachzahlen und Fördergelder zurückzahlen müssen. Ein großer finanzieller Schaden war dem Verein dadurch entstanden, dass ihm rückwirkend für acht Jahre die Gemeinnützigkeit aberkannt worden war – und damit die Steuervorteile für gemeinnützige Vereine entfielen. Hohe Nachzahlungen waren die Folge.

Doch ohne ein strafrechtliches Urteil ist die Feststellung von Schadenersatzansprüchen schwierig. „Es geht um die ordnungsgemäße Verwendung der Gelder. Die Handlungen müssten bewiesen sein. Da sehe ich erhebliche Probleme“, sagte der Vorsitzende Richter am Landgericht und verwies auf die noch laufenden Ermittlungen. Hinzu komme, dass dem Verein Akteneinsicht verweigert wurde, was ihm die Begründung seiner Forderungen erschweren dürfte.

Die Parteien streben eine Einigung im Mediationsverfahren an

Nach einer kurzen Beratungspause und auf richterliche Anregung hin einigten sich die Parteien darauf, eine gütliche Einigung finden zu wollen. Dies soll im Rahmen eines Mediationsverfahrens bei einem Güterichter erfolgen.

Leicht werde das nicht, darauf wies der Vorsitzende Richter hin: „Beide Seiten werden erheblich Abstand nehmen müssen von ihren jetzigen Vorstellungen.“ Wichtig sei auch, sich auf eine Summe zu einigen, die von der Beklagten tatsächlich gezahlt werden könne.

Die ehemalige Geschäftsführerin hatte für das Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt bekommen. Mit Prozesskostenhilfe werden Personen finanziell unterstützt, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage sind, die Kosten eines Gerichtsverfahrens zu tragen. Der Anwalt der Beklagten aber machte klar: „Egal, auf welche Zahl wir uns einigen: Es wird dann auch gezahlt. Meine Mandantin ist nicht allein und hat Familienmitglieder im Hintergrund, die sie unterstützen.“

Sollten die beiden Parteien sich in absehbarer Zeit nicht einigen, kann das Gericht die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen.

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