Braunschweig. Anna Schubert hat als Jugendliche den Sport als Weg aus ihren Problemen erlebt. Heute ist sie Personal-Trainerin und Bodybuilderin.

Eine zierliche junge Frau. Wenn Anna Schubert im lässigen Trainingsanzug so dasitzt und erzählt, wirkt sie „ganz normal“. Wer sie aber auf der Bühne sieht, hält die Luft an. Die einen vor Bewunderung, andere rümpfen eher die Nase. Anna Schubert ist Bodybuilderin. Und sie kann ganz schön krass aussehen: Extrem durchtrainiert, dunkelbraun angesprüht, im Glitzerbikini.

Anna Schubert auf der Bühne.
Anna Schubert auf der Bühne. © Tayfun Ayra

Am Samstag wird die 33-Jährige in ihrer Bestform vor einer Jury auftreten: Bei der internationalen Deutschen Meisterschaft Fitness und Bodybuilding in Freiberg am Neckar. Darauf bereitet sie sich gerade vor. Mit einem ausgeklügelten Trainings- und Ernährungsprogramm. Kohlenhydrate wie Reis und Reismehl wechseln mit Low-Carb-Tagen, an denen es Eiklar mit Spinat gibt. „Und Hühnchen“, sagt sie, „ohne Fleisch kann ich nicht leben.“ Dazu Eiweißpulver, manchmal Mandelmus, oder ein Brownie aus Zucchini. Acht Liter Brennnesseltee am Tag gehören auch noch in ihr Pflichtprogramm. „Ich muss trockener werden“, erklärt sie. Heißt: Entwässern.

Die Kehrseite: Anna Schubert ist rundum durchtrainiert.
Die Kehrseite: Anna Schubert ist rundum durchtrainiert. © Tayfun Ayra

Jeden Tag ist sie mit ihrer „Vorbereiterin“ online im Gespräch, eine professionelle Beraterin aus Österreich, die Anna Schubert darin unterstützt, am Ball zu bleiben. Und die ihr hilft, sich richtig wahrzunehmen. „Viele Bodybuilderinnen verlieren in der Vorbereitung den richtigen Blick auf sich, fühlen sich leicht zu dick“, weiß Anna Schubert. Dann kann die Betreuerin korrigieren. Jeden Tag stemmt sie Gewichte, trainiert die Muskeln, Laufband oder Fahrrad kommen dazu.

Profi werden, aber ohne Anabolika

Ihr Ziel: „Ich möchte Profistandard erreichen“, sagt sie. Allerdings „natural“, fügt sie an. Das bedeutet, ohne die berüchtigten Anabolika, das sind synthetische Versionen von Testosteron, die mitunter zum Aufbau von Muskeln verwendet werden.

Anna Schubert in ihrem Fitnessraum im Keller. Täglich trainiert sie zu Hause oder im Fitnesscenter. Hier zeigt sie eine Übung für einen starken Rücken.
Anna Schubert in ihrem Fitnessraum im Keller. Täglich trainiert sie zu Hause oder im Fitnesscenter. Hier zeigt sie eine Übung für einen starken Rücken. © obi

Für Anna Schubert ist der Sport Leidenschaft und Herausforderung. „Im Grunde hat er mich gerettet“, erzählt sie. Mit 15 war sie in einer schwierigen Phase. Nach einem Reitunfall konnte sie sich monatelang nur eingeschränkt bewegen, legte an Gewicht zu. Dann noch Ärger mit dem Vater, schließlich Essstörungen. „Irgendwann habe ich gar nicht mehr gegessen“, weiß sie noch. Der Arzt behandelte sie auf Depressionen.

Bewegung und gesundes Essen können den Unterschied machen

Sie schafft dennoch den Realschulabschluss, beginnt eine Lehre als Kfz-Mechatronikerin. „Theoretisch war ich gut, praktisch bin ich ganz knapp durchgefallen“, erinnert sie sich. Aber sie lernt einen jungen Mann kennen, mit dem sie gemeinsam ins Fitnessstudio geht. Der Anfang einer neuen Zeit. „Irgendwann hat es Klick gemacht und ich habe gemerkt, dass du mit Bewegung und gesundem Essen eine Menge erreichen kannst.“ Ein Anlass, die Branche zu wechseln. Im Fernstudium erwirbt sie die Qualifikation als Personal-Trainer.

„Zurzeit habe ich 25 bis 30 Kunden, mit denen ich regelmäßig trainiere“, erzählt sie. Entweder im Fitnessstudio, bei den Kunden zu Hause, draußen oder bei ihr. In Abbenrode. Vor einem halben Jahr ist sie aus der Stadt in ein Haus aufs Land gezogen. „Ich hatte einen Kunden hier und war sofort in diesen Ort verliebt.“ Gut für ihren Beruf, im Keller hat sie sich schon einen Fitnessraum aufgebaut. Gut auch für ihre beiden Hunde.

Mit den eigenen Erfahrungen jungen Menschen einen Weg aufzeigen

Ihre eigenen Erfahrungen helfen ihr. Junge Mädchen trainieren mit ihr, darunter auch welche mit Essstörungen. „Ich weiß einfach, was es bedeutet“, sagt Anna Schubert, „und ich weiß einen Weg, der mir da raus geholfen hat.“ Sie verbindet den gemeinsamen Sport mit Ernährungsberatung. Oft täglich, häufig online. Der enge Kontakt ist ihr wichtig. Bei sehr jungen Menschen achtet sie besonders auf das richtige Training. „Weniger ist hier mehr“, sagt sie, „Training mit dem eigenen Körpergewicht besser als mit Hanteln.“

Kann sie schon Geld mit dem Bodybuilding verdienen? „Nein“, sagt sie, „im Moment kostet der Spaß eine ganze Menge.“ Zum Beispiel die Wettkampfbikinis. Jede Organisation hat eigene Modelle, Schnitt und Machart sind vorgeschrieben. „Meine habe ich in Russland anfertigen lassen“, sagt sie und packt die paillettenbesetzten Bikinis aus, „800 Euro das Stück.“ Wow. Die Oberteile sind mächtig gepolstert. „Ich habe schon Polster rausgenommen, ich habe ja noch Busen“, sagt sie lachend. Da die weibliche Brust aus Fettgewebe besteht, ist sie bei vielen Bodybuilderinnen verschwunden. „Es gibt sehr viele Sportlerinnen, die eine neue Brust aufbauen lassen.“

Anna Schubert mit ihren Wettkampfbikinis. Sie wurden in Russland angefertigt und kosten 800 Euro. Pro Stück.
Anna Schubert mit ihren Wettkampfbikinis. Sie wurden in Russland angefertigt und kosten 800 Euro. Pro Stück. © obi

Aber so weit will Anna Schubert nicht gehen. Sie will einen gesunden, durchtrainierten Körper. Und sie möchte andere Menschen auf dem Weg zu einem guten Körpergefühl begleiten. Inzwischen wird sie auch für Vorträge gebucht, bringt ihr Wissen in Unternehmen ein. Ein paar Tipps für den Anfang? „Bewegung, Bewegung, Bewegung“, lacht sie, „und die Ernährung umstellen.“ Pizza und Co. sollten besser runter vom Speiseplan, Alkohol sowieso und noch eines ist ihr wichtig: Eine gute Work-Life-Balance. Denn „Stress macht dick.“

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