Braunschweig. Daniela Schütze und Hermann Groß trainieren täglich im Braunschweiger Fitnessstudio Hygia. Groß tritt noch mal zum Mister Universum an.

Eigentlich sollte es ein Gespräch mit Hermann Groß werden. Darüber, dass der Bodybuilder gerade mit Mitte 50 noch mal Deutscher Meister geworden ist. Und darüber, dass er im November nach Hamburg fährt und Mister Universum werden will. Und auch über die wochenlange Diät, die vor jedem Wettkampf nötig ist, die ihn unsagbar quält, die seine Stimmung versaut, die ihn jedes Mal sagen lässt: „Nie mehr“. Um doch wieder anzutreten: „Ein letztes Mal.“

Und dann kommt seine Freundin Daniela um die Ecke, und die Geschichte nimmt eine ganz andere Wendung. „Sie ist der Hammer, oder?“, sagt Hermann und das Grinsen wird breit und breiter.

Bodybuilder und Lebenspartner: Daniela Schütze und Hermann Groß.
Bodybuilder und Lebenspartner: Daniela Schütze und Hermann Groß. © regios24 | Stefan Lohmann

Daniela zeigt ein Foto von sich auf ihrem Handy. Eins von früher. Und früher meint hier nicht ein Jugendfoto, nein, das Bild ist wenige Jahre alt. Und zeigt eine komplett andere Frau. „Eine nette Mutti, oder?“, beschreibt Daniela ihr Aussehen zu der Zeit. Eine Zeit, in der sie nach fast 25 Jahren Ehe in Scheidung lebt, eine Zeit, in der sie 30 Kilo mehr wiegt.

30 Kilo abgenommen, da war Training Pflicht: „Ich wollte keine Schwabbelhaut“

Daniela Schütze vor ihrer Bodybuilding-Leidenschaft.
Daniela Schütze vor ihrer Bodybuilding-Leidenschaft. © Daniela Schütze

Sie hat die negative Energie, die damals ihr Leben beherrscht, gebündelt und einen Schalter umgelegt. Sich bei Weight Watchers angemeldet. Und im Fitness-Studio. Ein dreiviertel Jahr später ist sie dieses Model. Klar, auch optisch hat sie eine Menge verändert – Frisur, Klamotten. Bei der Frage nach Schönheits-OPs und Botox winkt sie ab. Wie auch immer, die Muskeln sind echt. Und der Gewichtsverlust auch.

„Ich wollte keine Schwabbelhaut“, erklärt sie ihren Ehrgeiz. Sie, die schon lange im Ausdauersport aktiv ist, legt Gewichte auf. Und zwar täglich. Für mehrere Stunden.

Jetzt ist sie 50. Und in der Form ihres Lebens. Das sieht auch Hermann Groß, der im gleichen Studio trainiert. „Ich wollte erst sagen: Du warst doch mal so ein Mops, oder?“, sagt er wieder breit grinsend. „Aber gefragt habe ich dann: „Willst du vielleicht mal einen Wettkampf machen, ich könnte dir Tipps geben“? Der professionelle Opener wirkt, die beiden kommen ins Gespräch. Über Bodybuilding. Und später auch über mehr.

Seit drei Jahren sind sie ein Paar, leben in Vechelde. Und im Studio. „Wenn hier noch Betten stehen würden, wäre das unser zu Hause“, sagt Hermann Groß und grinst wieder.

Schon mit 15 startet Hermann in der Muckibude bei Schachtschneider

Für ihn, der schon mit 15 Jahren „in der Muckibude bei Schachtschneider“ angefangen hat, gehört Bodybuilding zum Leben. „Meine Eltern haben mich damals zum Reiten und zum Tennis geschickt“, erzählt er, „furchtbar.“ Auf das Drängen des Jungen, meldet der Vater ihn schließlich in der „Muckibude“ an. „Meine Eltern dachten, ein Spleen, der sich wieder gibt“, weiß Groß.

Aber es gibt sich nichts. Im Gegenteil. „Ich war ein schüchterner, dünner Schlaks“, erzählt Groß. In einer Eiweißwerbung in der Zeitung hatte er einen Mann mit starken Muskeln gesehen. „Das wollte ich auch.“

Und bei dem jungen Hermann zeigen sich schnell Erfolge. Zwei Jahre später räumt er bei seinem ersten Wettkampf den Niedersachsen-Titel ab. „Da habe ich endgültig Blut geleckt.“ Die Gewichte sind sein Leben. Frauen? „Dazu fehlte mir damals der Text“, sagt er.

Als Junge war Hermann Groß eher schlaksig, wie er selbst sagt – doch als er mit dem Training begann, zeigten sich schnell Erfolge.
Als Junge war Hermann Groß eher schlaksig, wie er selbst sagt – doch als er mit dem Training begann, zeigten sich schnell Erfolge. © Hermann Gross | @flashlightzaika

Ernährung ist enorm wichtig, denn: „Muskeln werden auch in der Küche gemacht“

Seitdem trainiert er täglich. Dazu kommt ein ausgeklügeltes Ernährungssystem. „Muskeln werden auch in der Küche gemacht“, ist er überzeugt. Und sobald sich an seinem Körper etwas nachteilig verändert, stellt er die Ernährung nochmal scharf und das Trainingspensum hoch. „Ich bin so ein Spiegelaffe“, gibt er zu, „ich habe mich genau im Blick.“

„Es ist so schade, dass ich dich nie auf der Bühne gesehen haben“, flötet seine neue Liebe Daniela Anfang des Jahres. Immer wieder spricht sie das Thema an. „Du Schatz“, antwortet ihr Hermann, „sorry, aber das Thema ist durch.“

Und nun doch. „Ich starte noch mal“, verkündet er. Der Applaus und die Bewunderung der anderen Sportler sind ihm sicher. Beide werden sie häufig angesprochen und um Hilfen oder Tipps gebeten. Vor allem junge Mädchen fragen Daniela ehrfürchtig: Wie geht das?

Deutscher Meister: Daniela Schütze und ihr Hermann mit der Trophäe. Die beiden werden von jungen Nachwuchssportlern häufig um Rat gefragt und um Tipps gebeten.
Deutscher Meister: Daniela Schütze und ihr Hermann mit der Trophäe. Die beiden werden von jungen Nachwuchssportlern häufig um Rat gefragt und um Tipps gebeten. © Hermann Gross

„Ja, ist klar, das vermutet ja jeder bei uns“, sagt Groß, aber das sei längst nicht so ein Thema wie oft behauptet. „In erster Linie musst du trainieren“, erklärt er den Weg zum Erfolg, „und richtig essen.“

Reis und Hühnchenfleisch, Haferflocken, viel Eiweiß, kein Zucker, kein Alkohol. Und drei Stunden Training am Tag – Ausdauer und Kraft.

Viel Geld ist damit nicht zu machen, die schillernden Bodybuilding-Zeiten sind vorbei. Im „normalen“ Leben arbeitet Groß am Computer. Als Account Manager bei der Ingram Micro Distribution GmbH. Daniela ist selbstständige Fußpflegerin. Ihre beide Söhne sind aus dem Haus. „Zwillinge“, erzählt sie stolz und strahlt, „beide arbeiten bei VW.“

Sonntags gibt es auch mal einen Schummeltag mit Brötchen und Nutella

Genug Zeit also für das Pärchen (das demnächst heiraten wird), das Leben zu genießen. Gemeinsam beim Training. Samstags ist frei. Und sonntags ab und an auch Schummeltag. „Mit Brötchen und Nutella“, strahlt Daniela. Und gemeinsame Urlaube stehen ebenfalls regelmäßig auf dem Programm. Im Süden. In Badeklamotten. Viele Blicke folgen ihnen.

Übrigens: Bei unserem ersten Kontakt hatte mir Hermann Groß eine Mail geschickt mit Fotos vom Wettkampf. Meine Reaktion: „Eindrucksvoll“. Seine Antwort: „Es kann auch sprechen.“

Damit hat er meine Vorurteile geknackt. Ein Bodybuilder mit Humor und breitem Grinsen. Er und Daniela sind einfach ein super-sympathisches Paar. Mit coolen Muskeln.

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