Braunschweig. Antonio und Paolo Russo halten die Pizzeria Gargano am Laufen, die ihr Vater aufgebaut hat. Warum sie kein typisches italienisches Restaurant ist.

Antonio und Paolo Russo haben immer viel zu tun. Oft kommen sie morgens ab 8.30 Uhr in ihre Backstube in der Bevenroder Straße im Braunschweiger Stadtteil Querum. Und dann dauert es nicht lange, bis die ersten Kunden an die Fensterscheibe der Pizzeria Gargano klopfen.

„Habt ihr schon was fertig?“, heißt es von draußen oft. Aber für die beiden Zwillingsbrüder gilt es zu dieser Tageszeit noch, frischen Teig zu kneten, Soße anzurühren und Zutaten klein zu schnippeln. Ihr Anspruch an sich selbst ist hoch: Sie wollen würdig das väterliche Erbe fortführen.

„Gargano“ ist der Fersensporn an Italiens Stiefel

Im Jahr 1989 hatte der Vater die Pizzeria Gargano gegründet. Benannt ist sie nach der Heimat der Familie. Gargano ist quasi der Fersensporn an Italiens Stiefel und gehört zur Region Apulien an der italienischen Adriaküste. Die beiden 50-Jährigen können sich noch heute gut an die Eröffnung erinnern, sogar ein Foto von damals hängt in ihrem Lokal.

Immer wieder halfen sie als Jugendliche im Betrieb ihres Vaters aus, wenn Not am Mann war. Paolo Russo hatte sich schon davor ein wenig Taschengeld in der Gastronomie verdient. Bei „Bella Italia“ am Bohlweg jobbte er regelmäßig.

Er gesteht, dass es nicht immer die pure Freude war, im Betrieb des eigenen Vaters zu arbeiten – als Jugendlicher hat man schließlich noch andere Hobbys. Seitdem sein Bruder die Pizzeria Gargano vor rund acht Jahren übernommen hat, ist er dessen rechte Hand. Und der Spaß an der Arbeit ist jetzt groß. Die Gäste merken das. Sie mögen neben dem Essen auch die lockere Atmosphäre und die kumpelhafte Ansprache.

Die Pizzeria in der Bevenroder Straße ist nicht nur bei Querumern beliebt.
Die Pizzeria in der Bevenroder Straße ist nicht nur bei Querumern beliebt. © Henning Thobaben

Die Pizzeria im Norden Braunschweigs ist kein typisches italienisches Restaurant

„Natürlich haben wir auch mal einen schlechten Tag. Aber das würden wir unsere Kunden nie spüren lassen. Die haben ihre eigenen Probleme und immer ein Lächeln verdient“, sagt Paolo Russo. Der Dienstleistungsgedanke steckt ganz tief in ihm drin, und das findet er auch wichtig.

Schlecht gelaunte Inhaber oder miesepetrige Bedienungen seien in dieser Branche nicht akzeptabel, findet er. Und deshalb wird bei beiden am Pizzaofen auch Tag für Tag geflachst, oft auch mit den Kunden. „Zumindest mit denen, die dafür zu haben sind. Das merkt man nach so vielen Jahren sehr schnell“, erklärt er.

Nun muss man wissen, dass die Pizzeria im Norden Braunschweigs kein typisches italienisches Restaurant ist. Einen Gastraum gibt es hier nicht. Antonio und Paolo Russo stehen in einer nur wenige Quadratmeter großen Küche und schieben eine Pizza nach der anderen in den Ofen und von dort aus wenige Minuten später heiß in den Karton. Dass vor dem Lokal regelmäßig zahlreiche Menschen auf ihre Mahlzeit wartend umherwandeln, ist ein Bild, an das sich die Querumer bereits gewöhnt haben.

Die Braunschweiger Pizzabäcker setzen auf Frische

Dass viele die Gargano-Pizza als die beste in der Stadt bezeichnen, hat vor allem einen Grund: Es steckt viel Liebe drin. Das fängt beim Zubereiten des Teigs an. Ganz wichtig: die Soße. Eine Dose mit einem fertigen Produkt aufzureißen und sie löffelweise auf den Teig zu kleckern – das käme den beiden Italienern nie in den Sinn.

„Unser Vater hat immer gesagt: Wenn ihr das macht, schmeiß ich euch raus“, erzählt Paolo Russo. Stattdessen arbeiten die Pizzabäcker mit frisch geschälten Tomaten aus Italien und geschmackvollen Kräutern. Und auch bei allen anderen Zutaten achten beide auf gute Qualität und vor allem Frische. Bei Lieferanten und Großmärkten sind sie bereits bekannt dafür, dass sie höchste Ansprüche haben.

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Inzwischen brummt das Geschäft wieder wie vor Corona

Unter der Corona-Pandemie litt die Pizzeria wie viele andere Lokale. Aber: Weil Gargano nur Abholbetrieb bietet, kamen viele Kunden trotzdem. „Aber es hatten dennoch einige Angst davor, überhaupt einmal kurz zu uns reinzuschauen und die Pizzen rauszuholen“, berichtet Paolo Russo von Zeiten verminderten Umsatzes.

Doch längst brummt das Geschäft wieder wie in früheren Jahren. Und deshalb sind die beiden Russo-Brüder froh, wenn ihre Mutter im Oktober mal wieder aus dem original Gargano in das kleine Gargano in Braunschweig kommt. „Es ist ein Segen, wenn sie hier ist. Sie stellt hier alles auf den Kopf, wischt jede Ecke blitzeblank und hilft uns, wo es nötig ist“, erzählt Antonio Russo. Und nicht selten verpasst sie ihren Söhnen einen Rüffel, wenn sie meint, dass beide zu viel miteinander quatschen und deshalb nicht schnell genug arbeiten.

Pizza-Stau vor dem Ofen in Querum

Fakt ist: In der kleinen Pizza-Bäckerei geht es vor allem zu den Stoßzeiten rund. Nicht selten müssen die Pizzen auf einen Platz im Ofen warten, weil der bereits voll ist. Bei allem Zeitdruck lassen sich die beiden Brüder nie so sehr stressen, dass sie genervt wirken. „Und wenn es mal Zoff gibt, dann höchstens kurz. Nach fünf Minuten ist alles vergessen“, sagt Paolo Russo.

Selbst nach Feierabend würden er und sein Bruder oft noch Handynachrichten austauschen. „Meine Frau sagt schon immer, dass ich ihn doch einfach heiraten soll“, erzählt der Gastronom lachend. Wie viel Freude beide an ihrer Arbeit haben, können Interessierte in Videos sehen, die sie über ihre Facebook-Seite verbreiten.

Erfahrungen im Flughafen-Personalrestaurant und im Mövenpick-Hotel

Die Zwillinge sind einfach nur froh, ein gemeinsames Projekt verwirklichen zu können. Das war lange Zeit anders. Paolo Russo arbeitete viele Jahre im Personalrestaurant des Flughafens Hannover. Antonio Russo hingegen leitete das Restaurant des Braunschweiger Mövenpick-Hotels, bevor dieses für immer schloss. Dort ließ er sich auch zum Sommelier ausbilden. Seine Weinkenntnisse möchte der 50-Jährige jetzt auch für ihr Gargano nutzbar machen. In einem lange verwaisten Raum der Pizzeria haben er und sein Bruder jetzt eine Vinothek eingerichtet. Zur bestellten Pizza gibt es dort künftig die passende Weinempfehlung.

Dass die ersten Weinkisten bereits verkauft sind, obwohl die offizielle Eröffnung erst am 1. Oktober erfolgen soll, verwundert kaum. Es ist eben immer viel los in der Pizzeria, vor allem abends. Um 19 Uhr machen die Russos Feierabend, Bestellungen nach halb sieben haben nicht zwingend Aussicht auf Erfolg. Da bleibt Hungrigen dann nur die bange Frage: Könnt ihr mir vielleicht noch ‘ne Pizza fertigmachen?