Braunschweig. Was uns diese alten Dokumente heute noch sagen können, erklärt Horst-Rüdiger Jarck. Er stellt in der Klosterkirche ein Buch zum Thema vor.

Wer das Mittelalter verstehen will, kommt an Urkunden kaum vorbei. Sagt Philip Haas, Archivrat beim Niedersächsischen Landesarchiv in Wolfenbüttel und Geschäftsführer des Braunschweigischen Geschichtsvereins. „Wie Verträge heutiger Zeit hielten Urkunden Rechtsgeschäfte fest – von der Verleihung königlicher Privilegien bis zum Kauf eines Feldes oder Gartens“. Da man in Rechtsfragen auf sie habe verweisen müssen, habe man Urkunden damals nicht einfach weggeworfen.

Dr. Horst-Rüdiger Jarck, pensionierter Leiter des Niedersächsischen Landesarchivs in Wolfenbüttel, ist ein Experte in Sachen Urkunden. In jahrelanger Arbeit hat er die etwa 1.100 mittelalterlichen Urkunden des Klosters Riddagshausen aufgeschlüsselt, die in seiner ehemaligen Arbeitsstätte, dem Landesarchiv, verwahrt werden. Das Ergebnis dieser Mühen ist ein sogenanntes Urkundenbuch: Es enthält sämtliche noch vorhandene Urkunden des Klosters bis zum Jahre 1500, übertragen in heutiger Schrift und kommentiert.

Ein schwieriges Unterfangen, die Quellen zu verstehen

„Eine Übersetzung aus dem Lateinischen bietet das Buch nicht und ein Grundwissen über das Mittelalter ist weiterhin nötig. Dennoch sind die Urkunden nun für die Wissenschaft und Interessierte benutzbar geworden“, betont Kollege Haas. Das Buch wird am Donnerstag, 22. September, am Ort des Geschehens selbst feierlich vorgestellt – im Kloster Riddagshausen. Beginn ist um 16.30 Uhr.

Philip Haas, Archivrat beim Niedersächsischen Landesarchiv und Geschäftsführer des Braunschweigischen Geschichtsvereins, sagt: „Aus Urkunden lassen sich wichtige Informationen über das Leben und Wirken der Geistlichen im Mittelalter gewinnen.“
Philip Haas, Archivrat beim Niedersächsischen Landesarchiv und Geschäftsführer des Braunschweigischen Geschichtsvereins, sagt: „Aus Urkunden lassen sich wichtige Informationen über das Leben und Wirken der Geistlichen im Mittelalter gewinnen.“ © Niedersächsisches Landesarchiv

„Auf Pergament geschrieben konnten Urkunden bei guter Lagerung mühelos ein Jahrtausend überstehen, so dass zumindest einige dieser Schriftstücke bis heute überdauert haben“, so Haas. „Ein großer und wichtiger Urkundenbestand ist der des Klosters Riddagshausen. Der dort ansässige Orden der Zisterzienser lehnte den Reichtum ab, pries die körperliche Arbeit und betrieb intensiv Landwirtschaft, Holzwirtschaft und andere Gewerbe.“ Von ihrer einstigen Fischzucht etwa kündeten noch heute die Riddagshäuser Teiche.

Seit der Spätantike seien die Klöster in Europa besondere Orte der Schriftlichkeit gewesen. Die Mönche hätten nicht nur Bücher abgeschrieben, sondern auch Urkunden verfasst und gelagert. „Aus ihnen lassen sich wichtige Informationen über das Leben und Wirken der Geistlichen und ihrer Mitmenschen gewinnen.“

Aber Urkunden zu lesen, sei äußerst schwierig, räumt Haas ein. Sie seien in Latein oder dem Deutsch früherer Jahrhunderte verfasst, ihre Schreiber hätten heute kaum noch lesbare Schriften benutzt sowie unverständliche Abkürzungen. „Sie setzten beim damaligen Leser ein Wissen voraus, das heute nicht mehr geläufig ist“, sagt Haas.

Mehr zum Klosterleben kann man in drei Vorträgen erfahren

Sogar Fachleute stießen hier an ihre Grenzen, denn die Fertigkeiten, mit Urkunden richtig umzugehen, würden an den Universitäten in Deutschland kaum noch geübt und vermittelt. „Die Diplomatik, also die Lehre von den Urkunden, wird von wenigen spezialisierten Historikerinnen und Historikern gepflegt. Eine Gruppe von ihnen sind die Archivarinnen und Archivare. Ihre Aufgabe ist es, die von ihnen verwahrten Quellen zu erschließen und nutzbar zu machen, aber im Arbeitsalltag bleibt ihnen kaum Zeit, jede einzelne Urkunde detailliert zu bearbeiten.“

Die Veranstaltung am 22. September bietet auch drei Vorträge, die Einblicke in ein mittelalterliches Kloster geben: Während Horst-Rüdiger Jarck die Urkunden vorstellt, werden die Professoren Wolfgang Meibeyer und Harmen Thies zu den Klosterdörfern um und bei Braunschweig und über die Architektur der Klosterkirche Riddagshausen berichten. Anschließend führt Reinhard Wetterau durch die Kirche und Klosteranlage. Am Abend besteht die Möglichkeit, bei einem Imbiss und Getränken mit den Referenten in Kontakt und miteinander ins Gespräch zu kommen.

Buchvorstellung: Donnerstag, 22. September, Klosterkirche Riddagshausen. Beginn 16.30 Uhr.

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