Braunschweig. Sitzplätze draußen bringen südländisches Flair in die Stadt. Was geht und was nicht, hängt auch von der Reaktion der Anwohner und Besucher ab.

Die Gastronomen konnten sich unter Corona ein bisschen mehr ausbreiten. „Um die vorgeschriebenen Abstandsregeln einhalten zu können, durften Tische und Stühle weiter auseinandergerückt werden“, sagt Tobias Grosch vom zuständigen Stadtmarketing. In seiner Abteilung werden die Flächen vorgeschrieben, die Abstände festgelegt und auch kontrolliert.

Jetzt müssen die Lokale wieder auf Normalbetrieb zusammenrutschen, manche Veränderung aber darf auch bleiben. Das wird jedes Jahr neu geprüft. „Die Gastronomen stellen Anträge an uns“, erklärt Grosch den Ablauf. Meist hätten die Vorschläge Hand und Fuß. „Die Gastronomen sind Profis, die wissen meist, was geht und was nicht.“ Den Antrag gibt das Stadtmarketing an die Verwaltung. „Zustimmung oder Ablehnung hängen unter anderem davon ab, ob es Beschwerden gibt, zum Beispiel von Anwohnern“, sagt Grosch.

Die meisten Gastronomen schließen ihre Außengastronomie im Herbst

Die Freiluft-Saison geht ungefähr bis Ende September, theoretisch kann für das ganze Jahr verlängert werden. „Aber das wollen nur wenige“, sagt Grosch. Für die Nutzung der Flächen muss eine Gebühr bezahlt werden, das lohnt sich nur, wenn sie auch gut besucht sind. So wie es kalt wird, flaut die Gästezahl ab. Und das Thema Heizpilze ist und bleibt schwierig. „Die sind nicht verboten, eher geduldet“, sagt Grosch, „eine Grauzone“.

Das italienische Restaurant Red Pepper an der Sonnenstraße ist seit Anfang der Pandemie im „Corona-Zustand“. Vera und Dante Petito durften zu Beginn der Pandemie vier Parkplätze hinter der Martinikirche für ihr Lokal nutzen. „Es läuft super“, freut sich Vera Petito, „das sind zehn zusätzliche Tische, die bei unseren Gästen besonders beliebt sind.“ Bislang wurde die Erlaubnis problemlos verlängert. Das Ehepaar hofft sehr, dass es so bleibt. „Nicht nur für uns“, betonten sie, „für alle Gastronomen und für alle Besucher.“ In der Stadt sei eine ganz andere Stimmung zu spüren, wenn so viele Menschen draußen sitzen. „Einfach mehr Leben, ein fast mediterranes Flair“, freuen sich die Petitos.

Stefan Strupait serviert vor seinem Cafè Strupait am Magnitorwall Torten und kalte Getränke.
Stefan Strupait serviert vor seinem Cafè Strupait am Magnitorwall Torten und kalte Getränke. © Braunschweiger Zeitung | Bernward Comes

Heizpilze sind für viele Gastronomen eine „ökologische Katastrophe“

Auch im Café Strupait im Magniviertel ist die Außengastronomie gut besucht. „Bis Ende September haben wir draußen geöffnet“, erzählt Stefan Strupait, „die 40 bis 50 Plätze vor der Tür sind im Sommer für uns sehr wichtig.“ Der Gastronom und sein Partner Erhardt Barg wollen auch nicht verlängern. „Heizpilze gehen gar nicht“, sagt Stefan Strupait. Er und sein Partner würden schon seit Jahren auf ein Auto verzichten, außerdem duschen sie nur noch kalt. „Aus ökologischen Gründen.“

Strupait blickt sorgenvoll auf die Entwicklung der Energiekosten im Herbst. „Alles, was einzusparen ist, haben wir schon umgesetzt“, sagt er. Aus Sparsamkeit, aber auch aus Mangel an Personal hat das Strupait seine Öffnungszeiten gekürzt, in der Woche von 9 bis 18 Uhr, am Wochenende von 10 bis 18 Uhr. Die Abendstunden sind jetzt zu, Montag und Dienstag ist Ruhetag. „Wir werden uns schon irgendwie durchbeißen“, macht sich Stefan Strupait Mut.

Ein Verein betreibt das Café Bruns in der Südstraße

Das Café Bruns in der Südstraße ist dem Coronablues mit einer Holz-Terrasse zuvorgekommen. Für die Idee „Café Bruns“ haben sich 2018 eine Handvoll Leute zu einem Verein zusammengeschlossen. „Miteinander und gemeinsam, ein Treffpunkt für alle“, sind die Stichworte, die im Gespräch mit Insa Stegmaier und Alexander von Krosigk am häufigsten fallen. Sie gehören zu den Ehrenamtlichen, die den Verein gegründet haben.

Die Idee hat sofort gezündet. „Dadurch, dass bei uns viele Studenten arbeiten, haben wir zwar eine hohe Fluktuation“, erzählt von Krosigk, „aber unser Team ist stetig gewachsen.“ Seit 2019 hat das Bruns-Team auch die Gastronomie auf dem Soldekk übernommen. „Das ist noch mal eine andere Hausnummer“, sagt von Krosigk, „jetzt haben wir 42 Festangestellte.“

Genießen die Holzterrasse vor dem Café Bruns an der Südstraße: Alexander von Krosigk (links) und Gast Sven.
Genießen die Holzterrasse vor dem Café Bruns an der Südstraße: Alexander von Krosigk (links) und Gast Sven. © Braunschweiger Zeitung | Bernward Comes

Viele in Teilzeit, manche nur wenige Stunden. „Aber inzwischen haben wir hier ein richtiges Unternehmen am Start“, sagt von Krosigk. Da sei das große Team „ein wahres Geschenk“. Es gebe fast immer jemanden, der etwas kann, etwas weiß oder etwas besorgt, wenn es nötig ist. So wie beispielsweise Insa Stegmaier, die als Grafik-Designerin unter anderem für den optischen Auftritt des Cafés zuständig ist.

Oder wie bei der Außengastronomie. „Ich kannte die sogenannten Parklets von der Hamburger Schanze“, sagt von Krosigk, der in Hamburg Theologie studiert hat und jetzt als Pfarrer an der Friedenskirche ist.

„Wollen wir das hier nicht auch machen?“, hat er seine Vereinsfreunde gefragt. Die Lösung kam wieder spontan. Jemand kannt jemanden, der wiederum einen Vater in Berlin beim Bauamt hatte und der zuständig für die Parklets in der Hauptstadt war. „Dadurch konnten wir die Bauanleitungen und Pläne besorgen und hier bei der Stadt konkret sagen und zeigen, was wir vorhaben.“

Das hat geholfen, die Genehmigung kam umgehend. Die Parklets können kostengünstig hergestellt und schnell auf- und wieder abgebaut werden, sie haben keine Fundamente. „Zum Nachtlauf zum Beispiel haben wir hier alles abgebaut und noch in der Nacht wieder aufgebaut“, erzählt von Krosigk.

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Nachbarn und Anwohner entscheiden mit, wie es mit der Außengastronomie weitergeht

Das Stadtmarketing sei bisher äußerst wohlwollend mit ihren Wünschen umgegangen. „Wir hoffen, dass das so bleibt“, sagt von Krosigk. Im vergangenen Winter war ihre Außengastronomie durchgehend geöffnet. Heizstrahler kommen für Bruns-Betreiber auch nicht in Frage. Wolldecken müssen reichen. „Es war fast immer voll besetzt, manchmal sogar im Regen“, freut sich von Krosigk.

Was sagen die Nachbarn dazu? „In der Regel machen wir um 18 Uhr zu“, sagt er, „wir planen allerdings, länger zu öffnen.“ Zwischenzeitlich gab und gibt es kleine Veranstaltungen, auch mal ein Konzert. „Eine Nachbarin kam und sagte, dass sie ihren Fernseher nicht mehr hören konnte“, erzählt von Krosigk, dann habe sie aber den Fernseher ausgemacht und der Musik gelauscht. „Bislang läuft hier alles friedlich“, ist er froh.

Christina Janzen (links) und Melina Schwartmann vor der Außengastronomie der Vielharmonie am Bankplatz.
Christina Janzen (links) und Melina Schwartmann vor der Außengastronomie der Vielharmonie am Bankplatz. © Braunschweiger Zeitung | Bernward Comes

Auch die Freifläche der Vielharmonie am Bankplatz ist immer gut besucht

Corbinian Höhne könnte sogar noch mehr Tische und Stühle auf dem Bankplatz aufstellen. Den Platz, der für das RestaurantVielharmonie ausgewiesen ist, nutzt er gar nicht komplett. „Der Pass ist ganz hinten im Restaurant, wir haben hier weite Wege“, erklärt er. Der Pass? „Das ist der Punkt, wo das Essen die Küche verlässt“, erklärt der Geschäftsführer den Fachjargon. „Wenn draußen am äußersten Tisch Ketchup fehlt, läuft unser Service 70 Meter hin und 70 Meter zurück, um kleine Schälchen zu holen“, erklärt er den Grund, warum draußen nur „eine bestimmte Menge Gäste abgekocht werden kann“. Wieder so ein Fachbegriff, der sich aber selbst erklärt.

Die vorhandene Fläche ist immer gut besucht. „Vor allem in diesem heißen Sommer, unsere Tische liegen schon am späten Vormittag im Schatten“, sagt Höhne. Bis Ende September lassen sie draußen offen, dann wird abgeräumt. Heizpilze kommen für ihn nicht in Frage. „Eine ökologische Katastrophe“, sagt er dazu.