Braunschweig. Uwe Fritsch brachte die vorbereitete Seite nach Israel, damit der 97-Jährige unterzeichnen konnte. Die Stadt würdigt sein Wirken gegen Rassismus.

Salomon „Sally“ Perel, Ehrenbürger der Stadt Braunschweig, ist künftig mit einem Eintrag im Goldenen Buch der Stadt vertreten. Wie die Stadtverwaltung mitteilt, brachte Uwe Fritsch, langjähriger Betriebsratsvorsitzender von Volkswagen Braunschweig und Laudator bei der Verleihung der Ehrenbürgerschaft, ein vorbereitetes Blatt nach Israel. „Dort wurde es von Sally Perel unterzeichnet. Die Seite wird nun in das Goldene Buch eingearbeitet.“ Fritsch habe Perel zugleich die guten Wünsche von Oberbürgermeister Thorsten Kornblum überbracht.

Perel hatte in Würdigung seiner besonderen Verdienste um die Stadt Braunschweig 2020 das Ehrenbürgerrecht erhalten – auf Beschluss des Rates. Da er aufgrund der Corona-Pandemie nicht nach Deutschland kommen konnte, wurde er zum Festakt aus Braunschweigs Partnerstadt Kiryat Tivon per Video zugeschaltet. Der damalige Oberbürgermeister Ulrich Markurth reichte virtuell die Urkunde nach Kiryat Tivon, Sally Perel erhielt sie aus den Händen von Bürgermeister Ido Grinblum.

Die Verleihung des Ehrenbürgerrechts ist mit einer Eintragung in das Goldene Buch verbunden, die seinerzeit ebenfalls nicht erfolgen konnte. Sie wurde nun möglich durch die freundliche Unterstützung von Uwe Fritsch bei einem Besuch in Israel. „Das Goldene Buch verlässt die Stadt Braunschweig nicht, und Sally Perel kann derzeit krankheitsbedingt nicht reisen“, erläutert die Stadtverwaltung.

Einer der letzten Zeitzeugen, die den Holocaust überlebt haben

Salomon Perel ist einer der letzten Zeitzeugen, die den Holocaust überlebt haben und darüber berichten können. Er wurde 1925 in Peine als Sohn eines Rabbiners geboren. Um sich der Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu entziehen, übersiedelte die Familie Mitte der 30er Jahre nach Łódź in Polen. Nach dem deutschen Überfall auf Polen wurde auch Łódź von deutschen Truppen besetzt.

Um ihm das Überleben zu ermöglichen, schickten seine Eltern den damals 14-jährigen Sally gemeinsam mit seinem Bruder Isaak nach Osten in den von der Sowjetunion annektierten Teil Polens. 1941 entging er dort der Erschießung durch deutsche Truppen nur, weil er behauptete, sogenannter „Volksdeutscher“ zu sein.

In der Folge diente er unter dem Namen Josef „Jupp“ Perjell einige Zeit der Wehrmacht als Dolmetscher. 1943 wurde er als Minderjähriger von der Front abgezogen und kam zur Berufsausbildung nach Braunschweig. Die Ausbildung zum Werkzeugmacher absolvierte er im „Vorwerk“ von Volkswagen. Er lebte während dieser Zeit im Lehrlingswohnheim an der Gifhorner Straße.

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Es gelang ihm, seine jüdische Identität zu verbergen

„Es gelang Sally Perel, der auch Mitglied der Hitlerjugend werden musste, in diesem von der NS-Ideologie durchdrungenen Umfeld auf bewundernswerte Weise seine jüdische Identität zu verbergen und so den Holocaust zu überleben“, so die Stadtverwaltung. „Zugleich ist seine dramatische Lebensgeschichte auf diese Weise untrennbar mit Braunschweig verbunden.“

1948 verließ Sally Perel, dessen Familie zahlreiche Opfer im Holocaust zu beklagen hatte, Deutschland, um in den gerade gegründeten Staat Israel auszuwandern und das Land mit aufzubauen. Erst 40 Jahre nach Ende der Shoa verarbeitete er das Erlebte in einer Autobiografie: „Ich war Hitlerjunge Salomon“, deutsche Erstausgabe 1992. Zwei Jahre zuvor entstand in Zusammenarbeit der Regisseurin Agnieszka Holland mit Salomon Perel die Verfilmung zu seiner Geschichte. Damit begann sein international beachtetes öffentliches Wirken gegen Antisemitismus und Rassismus, für Respekt und Toleranz.

Sally-Perel-Preis fördert Initiativen für Respekt und Toleranz

Die Stadtverwaltung betont in ihrer Mitteilung: „Es war sein Anliegen, die Erfahrungen und Erlebnisse während der Zeit des Nationalsozialismus insbesondere an junge Menschen weiterzugeben und auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die durch das Erstarken völkisch-nationalistischer Kräfte drohen. Dieses Wirken ist zu einem wesentlichen Element der Erinnerungskultur von Stadt und Region Braunschweig geworden.“

1999 erhielt Sally Perel das Bundesverdienstkreuz. Seit 2013 verleihen Betriebsrat und Management des Volkswagen Werks Braunschweig den Sally-Perel-Preis und fördern damit Initiativen junger Menschen, die sich für Respekt und Toleranz sowie gegen Rassismus und Gewalt einsetzen. Um das Wirken Perels zu würdigen, hat die Stadt die Integrierte Gesamtschule Volkmarode zum Schuljahr 2018/2019 in „Sally-Perel-Gesamtschule“ umbenannt.