Braunschweig. Der Verein hat mit der Aufarbeitung begonnen. Die Polizei betont: Ein solch aggressives, gegen Dritte gerichtetes Verhalten hatten wir nicht erwartet.

Die Freude über Eintrachts Aufstieg in die 2. Bundesliga wurde am Samstag überschattet vom Verhalten etlicher Fans im Stadion sowie beim anschließenden Fanmarsch in die Innenstadt. Einige Beispiele: Während des Spiels kletterten Fans über die Zäune und jagten einen Ordner. Später verschafften sich Fans aus der Südkurve Zutritt in den Innenraum und öffneten die Tore – weil dann immer mehr Zuschauer Richtung Spielfeld strömten, beendete der Schiedsrichter die Partie vorzeitig. Beim Fan-Marsch wurden Passanten und Profifotografen bedroht und attackiert, weil sie Aufnahmen machten…

Kommentar:Fan-Übergriffe bei Eintracht Braunschweig- Nur Einzelfälle? Nein!

Ein Leser kommentierte die Vorfälle im Stadion auf unserem Onlineportal unter anderem mit diesen Worten: „Ich gehe seit über 40 Jahren zu den Heimspielen unserer Eintracht, aber heute hat es mir gereicht und die Freude am Aufstieg erstmal verhagelt. Das war ein absolutes dilettantisches Fehlverhalten des Ordnungsdienstes und der Eintracht. Man hat das Gefühl, dass Eintracht sich dem Pöbel beugt.“

Eintracht: Aufarbeitung der Vorfälle hat am Wochenende begonnen

Wie stehen der Verein und Präsidentin Nicole Kumpis zu den Vorfällen? Wie soll Ähnliches künftig verhindert werden? Ist mit Stadionverboten zu rechnen? Auf Anfrage sagt Pressesprecherin Denise Schäfer: „Wir lehnen Gewalt in jeglicher Form grundsätzlich ab. Gemeinsam mit allen Netzwerkpartnern sowie Faninstitutionen hat die Aufarbeitung der Vorfälle bereits am Wochenende begonnen.“

Dafür werde man sich die Zeit nehmen, die aufgrund der Komplexität der Ereignisse für eine seriöse Analyse und Bewertung notwendig sei. „Aus den Erkenntnissen dieses Prozesses leiten sich dann weitere Maßnahmen und mögliche Konsequenzen ab.“

Rund 1900 Menschen beteiligten sich am Fanmarsch zum Bohlweg.
Rund 1900 Menschen beteiligten sich am Fanmarsch zum Bohlweg. © regios24 | Stefan Lohmann

BS Energy: Eintracht kann weiter auf unsere Unterstützung zählen

Der Vorsitzende des Aufsichtsrates von Eintracht Braunschweig, Jens-Uwe Freitag, zugleich Vorstandsvorsitzender von BS Energy, äußerte sich auf Anfrage nicht persönlich zu den Vorfällen. Das Unternehmen teilte aber mit, dass diese keine Auswirkungen auf das künftige Sponsoring hätten.

BS Energy verurteilt die Vorfälle vom Samstag: Gewalt hat keinen Platz im Sport, und wir sind überzeugt, dass dies auch die Sicht des Vereins ist und man dort wirklich alles dafür tut, solche Szenen zu vermeiden. BS Energy ist sich trotz der Vorfälle durch Einzelne weiter der Verantwortung für diesen Verein bewusst. Daher kann Eintracht weiter auf die Unterstützung von BS Energy zählen.“

Polizei: Priorität war, den Fanmarsch schnellstmöglich in die Innenstadt zu geleiten

Polizeisprecher Dirk Oppermann teilte auf Anfrage mit: „Ein solch aggressives und gegen Dritte gerichtetes ,Fan’-Verhalten hatte die Polizei für diesen Fanmarsch nicht erwartet. Dass Fangruppierungen versuchen, die Regeln im öffentlichen Raum zu definieren, ist absolut inakzeptabel.“

Beispielhaft war eine Attacke auf einen Fotografen: Ein Fan wollte ihm brüllend das Fotografieren untersagen und schlug gegen seine Kamera. Als der Fotograf umgehend Polizeibeamte darüber informierte, die in direkter Nähe den Fanmarsch begleiteten, erhielt er die Antwort, sie hätten keine Zeit und könnten sich nicht darum kümmern.

Hierzu sagt Oppermann: „Die zitierten Aussagen der Polizeibeamten vor Ort sind plausibel, da sie in diesem Moment den Auftrag hatten, den Fanmarsch schnellstmöglich in die Innenstadt zu geleiten. Trotzdem hätte die Polizei regulierend eingreifen müssen und gegebenenfalls an Polizeibeamte in anderen Bereichen verweisen müssen“, räumt er ein.

Die Anzeige des Fotografen wegen Nötigung sei wenig später umgehend aufgenommen worden, und die Ermittlungen seien noch am Samstag angelaufen.

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In der Südkurve brannte während des Spiels ein Banner.
In der Südkurve brannte während des Spiels ein Banner. © regios24 | Sebastian Priebe

Mehrere Strafanzeigen, unter anderem wegen Körperverletzung und Diebstahls

Zum Einsatz von Leuchtmunition während des Fanmarsches sagt er: „Ein polizeiliches Einschreiten während des Fanmarsches hätte diesen deutlich verzögert. Da es sich bei dem Abbrennen von Pyrotechnik um Ordnungswidrigkeiten handelt, wurde aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auf ein Eingreifen verzichtet.“

Oppermann spricht insgesamt von mehreren Strafanzeigen am Samstag: Zu Beginn des Fanmarsches sei es zu einer Auseinandersetzung zwischen drei Personen gekommen (zwei Strafanzeigen wegen Körperverletzung). „An der Hamburger Straße wurden vier Leitkegel und eine Nissenleuchte der dort eingesetzten Verkehrskräfte entwendet.“ (Strafanzeige wegen Diebstahls)

Außerdem wurde versucht, einen Stuhl aus einem Lokal am Bohlweg zu entwenden. „Ein Tatverdächtiger wurde vor Ort gestellt und eine Strafanzeige wegen versuchten Diebstahls gefertigt“, sagt Oppermann.

Polizei: Weitere Geschädigte sollen sich melden

„Später am Abend kam es in der Innenstadt zu drei weiteren Auseinandersetzungen mit Bezug zur Fanszene. Es wurden insgesamt vier weitere Strafanzeigen wegen Körperverletzung und eine Strafanzeige wegen Bedrohung gefertigt. Insbesondere im Innenstadtbereich wurden diverse Gefährderansprachen durchgeführt, um frühzeitig Störungen der öffentlichen Sicherheit zu unterbinden.“

Er kündigt an: „In der Nachbereitung dieses Einsatzes sowie in der Vorbereitung kommender Einsätze wird diese Situation intern sowie mit den Verantwortlichen von Eintracht Braunschweig thematisiert werden.“

Die Polizei werde vorhandene Fotos und Videos auswerten und gegebenenfalls weitere Strafanzeigen einleiten. Mögliche weitere Geschädigte werden gebeten, sich telefonisch im Polizeikommissariat Nord unter der Nummer (0531) 4763315 zu melden.