Braunschweig. In der Weststadt hat eine Eigentümergemeinschaft entschieden: Das Dach soll leer bleiben.

Die Weststadt ist Braunschweigs Solar-Paradies. Riesig sind hier die Flachdächer. Verschattung gibt es praktisch keine. Ideal für eine Mini-Solaranlage, sagte sich Falco Storm. Seine Miteigentümer sehen das allerdings anders. Sie möchten, dass das Dach nackt bleibt. Mit einem Prozess wird gedroht.

Storm ist kein Mann, der auf Krawall gebürstet ist. Er versichert, nie damit gerechnet zu haben, dass zwei Solarmodule auf dem Dach des dritten Stocks zum Streitfall in der Saalestraße werden könnten. Zumal die Anlage nach den Regeln der Technik gebaut ist. Storm ist zwar kein Solarteur, aber Elektro-Ingenieur.

Sein Mini-PV-Plan, erzählt er, sei im Grunde alt gewesen, nahm jedoch erst im April 2021 Gestalt an. Ein Landwirt habe zwei 320-Watt-Module übrig gehabt. „Nicht unbedingt Spitzenklasse, aber mit 80 Euro das Stück unfassbar günstig. Zumal die normalerweise hohen Transportkosten entfielen.“ Ein Wechselrichter von APsystems wurde zugekauft. Ein Gerät, das alle erforderlichen Zertifikate für den ordnungsgemäßen Betrieb hat.

Anlage soll sich nach sechs Jahren amortisiert haben

Der zweimonatige Testbetrieb, sagt Storm, fand bei seinen Eltern statt. Es stellte sich heraus: Wer nur morgens und abends im Haus ist, benötigt genau dann auch die maximale Leistung der Mini-Solaranlage. Nicht nach Süd, nach Ost und West müssen die Module zeigen.

Falco Storm hat auf dem Flachdach eines Mehrfamilienhauses in der Saalestraße eine Mini-Solaranlage montiert. Die Miteigentümer wollen den Rückbau.
Falco Storm hat auf dem Flachdach eines Mehrfamilienhauses in der Saalestraße eine Mini-Solaranlage montiert. Die Miteigentümer wollen den Rückbau. © Braunschweiger Zeitung | Bernward Comes

Im Juni 2021 dann der Umzug der Anlage ins Elbeviertel. Perfekte Bedingungen. Rund 1100 Quadratmeter nacktes Flachdach. Weit und breit nichts, was sich der Solarstrahlung auf dem Weg zu den Modulen in den Weg stellen könnte. Das Dach selbst auch noch hell. Reflexionen erhöhen den Ertrag.

Wobei der Ertrag Storm vergleichsweise egal ist. „Weil ich tagsüber nur für relativ kurze Zeit im Haus bin, verbrauche ich nur etwa 40 Prozent des erzeugten Solarstroms.“ Nach sechs Jahren, sagt er, werde sich die Anlage dennoch amortisiert haben. Gebaut wurde in Eigenregie, Handwerkerkosten entfielen. Etwa 90 Euro Stromkosten ließen sich jährlich einsparen.

Es sei alles ganz einfach gewesen, berichtet der 32-Jährige. Formular von BS-Netz ausgefüllt, die Anlage im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur registriert, Mitteilung an die Hausverwaltung. Storm glaubte sich auf der sicheren Seite: „In der Teilungserklärung steht nichts davon, dass die Solarnutzung untersagt sei.“ Das heikele Thema, gefällt den Miteigentümern die Solar-Anlage, glaubte er, umschifft zu haben: „Wenn man auf der Straße steht, sieht man nichts von der Anlage auf dem Dach.“ Kabel hat Storm praktisch unsichtbar verlegt.

Dennoch: Zum Jahreswechsel Ortstermin mit Beirat und Hausverwaltung. Kann die 120 Kilogramm schwere Anlage das Dach beschädigen? Nein, meint Storm: „Die Festigkeit des dort verbauten Styropors ist definiert. Selbst mit Schneelast liegt das Gewicht der Anlage um den Faktor 20 unter dem Zulässigen.“ Ende Februar, so Storm, dann die „Feuertaufe“. Der schwere Sturm Zeynep schickte Böen mit 100 Stundenkilometern über die Dächer Braunschweigs. „Die Anlage hat sich keinen Millimeter bewegt und auf dem Dach natürlich auch nichts eingedrückt.“

Hoffnung auf veränderten Beschluss

Die Eigentümerversammlung, Storm war verhindert, entschied dennoch gegen die Anlage. „Die Hausverwaltung teilte mir mit, dass die Anlage abgebaut werden muss. Bei einem Prozess soll der Streitwert bei 5000 Euro liegen.“ Storm will nicht streiten: „Verliert die Eigentümergemeinschaft, zahlen wir alle. Verliere ich, muss zwar nur ich zahlen, aber das Thema Mini-Solar ist dann auch für alle anderen Miteigentümer erledigt. Das Dach bleibt nackt.“ Das will Storm allerdings auch nicht.

Seine Hoffnung: „In vier Wochen tagt die Eigentümergemeinschaft erneut. Es kann ein anderer Beschluss gefasst werden. Zum Beispiel, dass Vorbereitungen getroffen werden, um weitere Mini-Solaranlagen auf das Dach zu stellen.“