Zur Kolumne „Argumente statt Gebrüll“ von Cornelia Steiner äußert sich Sebastian Wertmüller, Bezirksgeschäftsführer von Verdi. Wir dokumentieren.

Zur Wochenkolumne „Argumente statt Gebrüll“ von Cornelia Steiner vom 11. Mai, die sich mit dem Auftreten von Antifa-Anhängern am Rande der Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an den
8. Mai 1945 befasste:

Sebastian Wertmüller, Geschäftsführer des Verdi-Bezirks Süd-Ost-Niedersachsen, nimmt zu der Kolumne Stellung. Er hatte im Namen des „Bündnis gegen Rechts“ zu der Veranstaltung eingeladen.

„Ihr Beitrag hat mich erst überrascht und dann entsetzt: Sie sprechen vom 8. Mai und von ,etwa 30 Leuten’, die gekommen seien. Ich hatte 70 geschätzt, die Polizei hatte gezählt und kam auf 60. Sie hätten da ja fragen können. Wenn es um Herrn Wirtz geht, zitieren Sie ja auch die Polizei.

Sie monieren, dass junge Leute in Richtung eines stadtbekannten Nazis gelaufen sind und ,Nazis raus’ gerufen haben. Warum sie das getan haben, ist Ihnen egal. Sie hätten ja fragen können, vielleicht hätten Sie etwas über neonazistische Gewalttaten in Braunschweig erfahren. Stattdessen psychologisieren Sie munter darauf los (,Aggressionen rauslassen’).

Ihre Überschrift ,Argumente statt Gebrüll’ spricht für sich. Ist Ihnen aufgefallen, dass wir einen Redner zu Gast hatten? Hatten Sie die Sätze über die Verfolgungsgeschichte seiner Familie und über die Warnung vor ,Streicheleinheiten’ für Nazis nicht gehört? Oder wollten Sie diese Argumente nicht hören? Sie hätten auch mich ansprechen können: Eines unserer Mitglieder, ein junger Auszubildender, wurde vor ein paar Tagen von Nazis zusammengeschlagen. Er traut sich nicht, Anzeige zu erstatten. Aber wenn es nicht ins Weltbild passt, dann will man so was auch nicht so genau wissen... Und dann das Eintreten für Herr Wirtz: Sie waren anscheinend am 27. Januar nicht vor Ort, ich schon. Herr Wirtz hat unter Einsatz seines Körpers mehrfach den Versuch unternommen, sich in die erste Reihe der Gedenkveranstaltung zu drängeln. Es gibt Menschen, die gute Gründe haben, einen Wirtz und andere Repräsentanten des Rechtsextremismus bei einer Gedenkveranstaltung weder in der ersten Reihe noch überhaupt sehen zu wollen. Meinen Sie das wirklich ernst, dass wir das aushalten sollen? Dass es nur um ein ,anders denken’ geht? Dass es ein ,vermeintlicher Glaube, auf der richtigen Seite zu stehen ist’, wenn man die Apologeten der Verdrängung (,Vogelschiss’) am Jahrestag der Befreiung von Auschwitz nicht auf dem Gelände einer KZ-Gedenkstätte sehen will? Hätten Sie letztes Jahr am 8. Mai dem Leiter der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen, Herrn Wagner, zugehört oder dieses Jahr Herrn Fürst, vielleicht wäre Ihnen klar geworden, was für ein absurder Gedanke das ist. Herr Wagner hätte Ihnen erklärt, warum Rechtsextreme im Stiftungsrat einer NS-Gedenkstätte nichts zu suchen haben und warum es richtig ist, Rechtsextremen nicht den Raum für Provokationen in Gedenkstätten zu geben.

Die Historie des Nationalsozialismus und der Vernichtung der deutschen und europäischen Juden ist keine Meinungsfrage!

Sie betonen dann noch Ihre Angst vor dem Auftreten ,extremer Linker’ in Braunschweig. Haben diese Ihnen jemals etwas getan oder geht es nur um Herrn Wirtz? Real prügelnde Nazis kommen auf jeden Fall in Ihrer Welt nicht vor. Hauptsache, Ihr Feindbild stimmt und es geht gegen die Gegner der Nazis und der Rechtsextremen... Vor der AfD und vor der Nazi-Szene in unserer Region haben Sie keine Angst – oder habe ich die Kolumne verpasst?“