In der Debatte um die Kolumne von Cornelia Steiner zur Antifa nehmen der Leiter der Gedenkstätte und die Falken Stellung. Wir dokumentieren.

Braunschweig. Die Debatte um die Wochenkolumne „Argumente statt Gebrüll“ von Cornelia Steiner vom 11. Mai, die sich mit dem Auftreten von Antifa-Anhängern am Rande der Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an den 8. Mai 1945 befasste, geht weiter. Sebastian Wertmüller, Geschäftsführer des Verdi-Bezirks Süd-Ost-Niedersachsen, hatte dazu eine öffentliche Stellungnahme abgegeben. Mit dieser befasste sich Chefredakteur Armin Maus am 18. Mai in seinem Kommentar „Es gibt kein Recht auf Straßenkampf“.


Zu dem Thema haben uns zwei weitere Stellungnahmen erreicht, die wir hier dokumentieren.

Frank Ehrhardt vom Arbeitskreis Andere Geschichte und Leiter der Gedenkstätte Schillstraße schreibt:

„Mit dem Artikel ,Es gibt kein Recht auf Straßenkampf’ bekommt die Diskussion, die in der BZ über Vorkommnisse am Rand von Veranstaltungen an der Gedenkstätte Schillstraße geführt wird, nun doch eine bedenkliche Schieflage: Es darf daran erinnert werden, dass in den letzten Jahren mehrfach nächtliche Schmieraktionen von Rechtsradikalen an der Gedenkstätte einen erheblichen Schaden anrichteten, dass die Jungen Nationaldemokraten dort eine provokative Veranstaltung versuchten und es häufige kleinere Übergriffe gab. Die Angehörigen der Antifa konnten insofern zu Recht befürchten, dass auch die Gedenkveranstaltung des ,Bündnis gegen Rechts’ am 8. Mai gestört werden würde. Und man kann ihnen durchaus zutrauen, einen stadtbekannten Angehörigen der rechten Szene zu identifizieren. Es ist auch in Erinnerung, dass die AfD bereits im Kommunalwahlkampf die Streichung der Mittel für die Gedenkstättenarbeit an der Schillstraße forderte und in der städtischen Haushaltsrunde 2017 einen entsprechenden Antrag einbrachte. Es musste bei den Teilnehmenden der Gedenkveranstaltung am 27. Januar 2019 dann doch einige Irritation auslösen, wenn Herr Wirtz als AfD-Fraktionsvorsitzender nun zu dieser Veranstaltung erschien. Die Zweifel an seiner Motivation rechtfertigen zwar keine Handgreiflichkeiten, aber Herr Wirtz konnte auch nicht erwarten, den zum Holocaust-Gedenken Versammelten willkommen zu sein.“

Der Kreisverband „Sozialistische
Jugend – Die Falken“
schreibt:

„Mit Entsetzen haben auch wir die Kolumne ,Argumente statt Gebrüll’ in der BZ zur Kenntnis genommen. Im Rahmen der Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und der Erinnerung an den Tag der Befreiung sorgten ,Unruhen’ für Aufsehen. Die Präsenz von Neonazis, die am Rand die teilnehmenden Menschen filmten, fotografierten und durch ihre Anwesenheit ein Gefühl von Unwohlsein auslösten, schienen keine Relevanz darzustellen. Einzig wird das Verhalten von Menschen problematisiert, die auf derartige Provokationen von rechts reagierten. Auch wir waren anwesend! Auch wir spüren schon lange die zunehmende Bedrohung von von rechts! Nicht nur durch den Angriff auf einen unserer Mitarbeiter vor ein paar Jahren oder verbale Attacken vor unserer Tür, sondern auch jetzt – sei es am 8. Mai, beim Global-Marihuana-March am 4. Mai oder bei der „Fridays for Future“- Demo am 1. März. Wir bedauern die Diskursverschiebung, die Antifaschist*innen verteufelt und den Rechten in die Hände spielt. Wir fragen uns eher, warum nur circa 30 Menschen an der Gedenkfeier in der Schillstraße teilnahmen. Und wie es tatsächlich um Erinnerungskultur steht? Denn wir nehmen Tendenzen eines zunehmenden Rechtsrucks, einerseits im politischen Diskurs, in öffentlicher Sprache und im gewalttätigen Auftreten von Faschist*innen wahr. Wir als sozialistischer Kinder- und Jugendverband setzen uns für eine herrschaftsfreie und diskriminierungsfreie Gesellschaft ein. Wir wehren uns gegen menschenverachtendes Gedankengut und dazugehörige Politik!“