Bad Lauterberg. Der Fahrer eines Sammelunternehmens für Altkleider appelliert an die Bürgerinnen und Bürger: Ladet euren Müll nicht auf Privatgrund ab.

Altkleider kann man auf unterschiedliche Arten loswerden. In Bad Lauterberg im Harz kann man sie zum Beispiel zum Kleidershop, Wissmannstraße 25, bringen (Öffnungszeiten: dienstags von 14 bis 18 Uhr und donnerstags von 10 bis 13 Uhr). Es gibt auch Anbieter, die Haussammlungen durchführen - dann verteilen sie Körbe vor den Haustüren und holen diese ein paar Tage später wieder ab.

Andere wiederum stellen Container auf - ein scheinbar vorteilhaftes Angebot: Wer Kleidung aussortiert hat, kann diese zeitlich ungebunden zum Container bringen und dort kostenlos entsorgen. Diese Container, die eigentlich ausschließlich für Altkleider gedacht sind, verstehen manche Menschen allerdings als Einladung, dort auch anderen Müll zu entsorgen.

Ganz extrem soll es in Bad Lauterberg im Harz auf dem Rewe-Parkplatz sein. Dort stehen mehrere Altkleidercontainer, die statt wie früher im Rhythmus von acht Tagen nun alle fünf Tage geleert werden. Trotzdem sind sie regelmäßig so voll gestopft, dass weitere Säcke und anderer Müll daneben liegen. Das Problem ist bekannt, wurde beispielsweise schon in der Facebook-Gruppe „Lauterberger helfen sich“ diskutiert.

Auf dem Parkplatz einem Supermarktparkplatz in Bad Lauterberg stehen Altkleidercontainer. Darin entsorgen Menschen neben Altkleidern viel Müll. Drumherum stellen sie noch dazu ihren Sperrmüll ab.
Auf dem Parkplatz einem Supermarktparkplatz in Bad Lauterberg stehen Altkleidercontainer. Darin entsorgen Menschen neben Altkleidern viel Müll. Drumherum stellen sie noch dazu ihren Sperrmüll ab. © HK | Katharina Franz

Fahrer eines Sammelunternehmens für Altkleider berichtet

Während es an anderen Standorten gerade mal fünf Minuten dauert, um den Containerinhalt in den Transporter zu laden, nimmt es in Bad Lauterberg bis zu zweieinhalb Stunden in Anspruch, um den Bereich sauber zu hinterlassen, berichtet ein Fahrer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Das bedeutet nicht nur mehr Aufwand für die Altkleidersammler. Das schreckt auch Eigentümer von geeigneten Flächen ab, das Aufstellen der Container darauf zuzulassen. Bei Ebay-Kleinanzeigen sucht beispielsweise gerade ein Anbieter nach Stellplätzen für Altkleidercontainer in Bad Lauterberg.

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Die Container auf dem Rewe-Parkplatz gehören einem Unternehmen aus Sarstedt, das sich vertraglich dazu verpflichtet hat, den Platz rundherum sauber zu halten - also auch unberechtigt abgestellten Müll zu entsorgen. Das ist in der Branche üblich. Nur steigt das Volumen der Materialien an, die überhaupt nicht in die Altkleidersammlung gehören. Der Fahrer erzählt, dass manchmal 40 Prozent des Containerinhalts nicht im Rahmen der Altkleidersammlung verwertbar sei. Das müsse er dann trotzdem mit abtransportieren, weil er diese Mengen nicht vor Ort entsorgen könne. Das führe dazu, dass er an manchen Tagen gar nicht alle Container entleeren könne, weil der Transporter schon vorher voll beladen sei.

So viel Säcke mit Abfall befanden sich bei einer Leerung Anfang Mai in den Altkleidercontainern in Bad Lauterberg im Harz. Der Fahrer des Sammelunternehmens reißt die Säcke an der Seite ein Stückchen auf, um zu erkennen, was sich darin befindet. Auch rund um die Behälter war Sperrmüll abgeladen. Das Resultat: Ein Container konnte gar nicht geleert werden, denn für den Inhalt war nicht mehr genug Platz im Transportfahrzeug. 
So viel Säcke mit Abfall befanden sich bei einer Leerung Anfang Mai in den Altkleidercontainern in Bad Lauterberg im Harz. Der Fahrer des Sammelunternehmens reißt die Säcke an der Seite ein Stückchen auf, um zu erkennen, was sich darin befindet. Auch rund um die Behälter war Sperrmüll abgeladen. Das Resultat: Ein Container konnte gar nicht geleert werden, denn für den Inhalt war nicht mehr genug Platz im Transportfahrzeug.  © privat | Privat

Was gehört in die Altkleidersammlung und was nicht?

Besonders ärgerlich für den Fahrer und seinen Arbeitgeber: wenn die Container überfüllt sind und Säcke mit tatsächlichen Altkleidern daneben abgestellt werden. Wenn es dann nämlich regnet und die Textilien durchnässen, werden sie für die Sammlung unbrauchbar.

Die nicht verwertbaren Materialien würden auf dem Betriebsgelände gesammelt und gewerblich entsorgt. Für das Unternehmen fielen monatlich Kosten in Höhe von 300 bis 400 Euro für die Entsorgung von Material an, das nicht in die Altkleidersammlung gehört, darunter Sperrmüll, Elektroschrott, Gelbe Säcke und Lebensmittelreste - im Januar würden die Leute sogar geschmückte, künstliche Tannenbäume in und neben den Containern entsorgen. Der Fahrer wünscht sich, dass die Menschen den Müll zu den Wertstoffhöfen bringen würden, anstatt die Altkleidercontainerstandorte als Müllhalde zu nutzen - schließlich gehöre der Parkplatz zum Supermarkt. „Das wäre, als wenn ich meinen Müll bei den Leuten in den Vorgarten werfen würde.“ Zumal man im Altkreis Osterode auch nach der Harmonisierung der Müllabfuhr mit dem Landkreis Göttingen weiterhin dreimal im Jahr kostenlos Sperrmüll von zu Hause abholen lassen kann:

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Das gehört in die AltkleidercontainerDas nicht
tragbare KleidungLumpen und Stoffreste
SchuheOberbetten und Kopfkissen aus Synthetik
TischwäscheStofftiere, Spielsachen, Bücher
BettwäscheGartensitzauflagen
Schuhe in PaarenVerpackungen

Altkleider sind ein Handelsgut

Während man für die Entsorgung des Hausmülls Gebühren zahlt und die Entsorgung des Verpackungsmülls im Kaufpreis enthalten ist, bietet das Netz an Altkleidercontainern die Möglichkeit, ihre Textilien kostenfrei abzugeben. Darauf weist der bvse-Fachverband Textilrecycling auf seinen Internetseiten hin. Das bedeutet allerdings nicht, dass Altkleidersammlungen eine rein gemeinnützige Angelegenheit sind. Es handelt sich um ein Gewerbe. „Mit den Erträgen aus der Wiederverwendung der Altkleider können die Kosten für die Verwertung und Beseitigung der nicht mehr brauchbaren Textilien quersubventioniert werden“, informiert der Fachverband diesbezüglich. Ohne die Textilrecyclingwirtschaft müssten die Altkleider über den Hausmüll und damit die Müllverbrennung entsorgt werden. Das wäre für die Bürgerinnen und Bürger mit zusätzlichen Kosten verbunden und auch umweltpolitisch falsch, denn so würden wertvolle Ressourcen vernichtet.

In der Europäischen Union (EU) will man Ressourcen in Zukunft nachhaltiger verwerten und strebt bis 2050 eine kohlenstoffneutrale, ökologisch nachhaltige und schadstofffreie Kreislaufwirtschaft an - auch in Bezug auf Textilien. Bereits im Februar 2021 berichtete die Tagesschau, dass ab 2025 Alttextilien in der EU nicht mehr in den Restmüll, sondern getrennt gesammelt werden sollen. Dadurch dürften die Altkleidercontainer noch voller werden.

Im März 2024 legte das Europäische Parlament zudem Vorschläge für Änderungen an den Vorschriften für Textilabfälle vor, die die Hersteller mehr in die Pflicht nehmen sollen. In der Praxis könnte das bedeuten, dass die Hersteller von Textilien wie Kleidung, Schuhen, Hüten und Accessoires sowie andere Unternehmen, die solche Produkte auf den europäischen Binnenmarkt bringen, die Kosten für die getrennte Sammlung, Sortierung und das Recycling zu tragen haben.

Was passiert mit den Altkleidern aus den Containern in Bad Lauterberg?

Die gesammelten Alttextilien werden laut bvse-Fachverband Textilrecycling in modernen Sortierbetrieben nach Sorten, Artikeln und Qualitäten sortiert. Nach der im Jahr 2020 veröffentlichten bvse-Studie „Konsum, Bedarf und Wiederverwendung von Bekleidung und Textilien in Deutschland“ werden rund 88 Prozent der Alttextilien verwertet. Rund zwölf Prozent gehen in die Verbrennung (Ersatzbrennstoffe, Beseitigung). Über die Hälfte (62 Prozent) wird als Secondhandkleidung wiederverwendet, rund 14 Prozent werden zu Putzlappen und Dämmstoffen verarbeitet und etwa zwölf Prozent gehen ins Faserrecycling.

Ausschlaggebend für die Sortierung sei dabei immer die Nachfrage aus den Empfängerländern, die sich je nach Jahreszeit, Klimazone oder kulturellen Bedürfnissen unterscheidet. Die Vermarktung erfolge hauptsächlich nach Osteuropa und in Entwicklungsländer Asiens und Afrikas.

Was passiert mit nicht mehr tragbarer Kleidung?

Der bvse-Fachverband Textilrecycling informiert:

  • Aus nicht mehr tragfähigen Kleidungsstücken werden zum Beispiel Putzlappen geschnitten oder Recycling-Textilfasern gewonnen
  • Bei den Rohstoffen für die Vlies- und Reißspinnstoffindustrie handelt es sich um gestrickte Ware und gewebte Tuche aus Wolle, Baumwolle, Synthetik und Mischgeweben. Reißbetriebe bereiten die Textilien zu Fasern auf, aus denen dann beispielsweise Garne gesponnen oder Vliese gebildet werden können
  • Synthetikfasern werden agglomeriert und regranuliert und kommen in der Spritz-Kunststoffherstellung zum Einsatz. Andere werden zu textilen Hartfaserplatten verarbeitet. Textile Recyclingmaterialien werden in der Automobilherstellung, im Maschinenbau oder in der Druckindustrie verwendet

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