Osterode. Wenn es um Gesundheit geht, ist das Reformhaus Kolle seit Jahrzehnten eine gute Adresse in Osterode – und eines der letzten seiner Art.

Wenn Wieland Kolle (57) aus Osterode den Tag beginnt, dann möglichst mit positiven Gedanken. Das passt zum Anspruch, den der Einzelhändler mit seinem Geschäft in der Osteroder Innenstadt vertritt. Zusammen mit seiner Frau Petra und einer Mitarbeiterin betreibt er das traditionsreiche Reformhaus Kolle in der Johannistorstraße 2 gleich neben dem Alten Rathaus. „Ich bin froh, dass ich etwas Gesundes verkaufen darf und an die Menschen weitergeben kann“, sagt der gelernte Einzelhandelskaufmann.

Gerade hat ihm die Industrie- und Handelskammer (IHK) ihre Gratulation und besten Wünsche zukommen lassen, denn das inhabergeführte Geschäft habe sich im Wettbewerb behauptet, und das in den letzten 25 Jahren. Das Reformhaus begeht in diesem Jahr also ein Jubiläum. Besondere Veranstaltungen, so Wieland Kolle, sind zunächst nicht geplant, im Mittelpunkt zu stehen, ist nicht seine Sache.

Reformhaus Kolle in Osterode: Geschichte des Ladens reicht weit zurück

25 Jahre sind eine lange Zeit, aber die Geschichte des Geschäfts geht viel weiter zurück, hat seine Wurzeln in Breslau/Schlesien. Denn der aktuelle Geschäftsinhaber hatte es von seinem Vater Lothar Kolle (89) übernommen, der durch die Folgen des Krieges als Flüchtling aus Schlesien kam und 1945 in Leipzig, in der damaligen DDR, strandete. Dort lernte er Anfang der 50er Jahre im Pharmazeutischen Großhandel den Beruf des Drogisten.

Das Reformhaus Kolle liegt direkt neben dem alten Rathaus.
Das Reformhaus Kolle liegt direkt neben dem alten Rathaus. © FMN | Michael Paetzold

Mit 21 Jahren flüchtete Lothar Kolle aus der DDR und fasste in Hannover Fuß. Auf der Suche nach einem passenden Reformhaus entschied sich der „eingefleischte“ Vegetarier für das Städtchen am Harz. Im Mai 1961 übernahm Lothar Kolle in Osterode das zu der Zeit kleine Reformhaus Greger, das Gertrud Frenzel gehörte. Das Reformhaus Greger war 1920 das erste Reformhaus in Schlesien gewesen, entstanden aus der Reformhausbewegung.

Lothar Kolle.
Lothar Kolle. © LAB | lab

Kolle, dessen kleines Ladenlokal sich 16 Jahre am Martin-Luther-Platz befand, verlegte seinen Standort 1976 in ein modernes Ladenlokal in der Johannistorstraße, Ecke Am Schilde. Nach einem Großbrand in Osterode während der „3 freundlichen Tage“ im Mai 1978 erfolgte mit der Gründung von „Kolles Töpferstube“ eine Erweiterung des Geschäfts.

Vegane Bewegung belebt Osteroder Traditionsgeschäft Kolle

Sohn Wieland, der schon lange mitarbeitete und seine Fachausbildung in der Reformhaus-Akademie bei Oberursel absolvierte, löste dann 1999 seinen Vater ab. Ja, die Marktlage sei heute schwierig, räumt er ein, die Laufkundschaft nehme mit dem allmählichen Verschwinden der Innenstadtgeschäfte ab. „Wir müssen schon darauf achten, sehr sorgsam zu arbeiten und nicht über unsere Verhältnisse zu wirtschaften“, beschreibt er die aktuelle Situation. So musste man sich auf die neuen Gegebenheiten einstellen und unter anderem auch die Zahl des Personals reduzieren.

Das Reformhaus wartet mit einer breiten Palette an gesunden Lebensmitteln auf. 
Das Reformhaus wartet mit einer breiten Palette an gesunden Lebensmitteln auf.  © FMN | Michael Paetzold

Eine gewisse wirtschaftliche Sicherheit bietet die Stammkundschaft, eine meist ältere Klientel. Allerdings: Den wachsenden Trend der Menschen, gesünder leben zu wollen, macht Mut, ihn spürt auch das Reformhaus Kolle. „Die Nachfrage nach vegetarischen und veganen Produkten ist groß. Es kommen auch junge Familien zu uns, denen eine gesunde Lebensweise wichtig ist“, so der Einzelhändler. „Heute bringt die Vegetarier- und die Veganer-Welle neuen Aufschwung, das heißt neue Kundengruppen in das Reformhaus“, bestätigt auch Vater Lothar und betont einen besonderen Vorzug, mit dem das Reformhaus und der Einzelhandel überhaupt in Zeit des Online-Handels punkten kann: die kompetente persönliche Kundenberatung.

Schwierige Lage - Kolle Osterode ist eines der letzten Reformhäuser der Region

Die Resonanz der Kundinnen und Kunden auf das Angebot in Osterode ist durchweg positiv, freut sich Einzelhändler Wieland Kolle. „Viele sind dankbar, dass wir mit unseren Produkten vor Ort sind, und sagen das auch.“ Schließlich sei man eines der letzten Reformhäuser in der Region: „Wir haben uns gut gehalten.“ Die „Verstaubtheit“ früherer Reformhäuser sei längst Geschichte, ergänzt Vater Lothar.

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Wie es künftig weitergeht, das kann der 57-Jährige nur mittelfristig absehen. „Wir hoffen, mit unseren tollen Lebensmitteln auch in Zukunft bestehen zu können“, sagt er, denn bis zur Rente will er weitermachen. Er hofft, dass einer seiner beiden Söhne dann in die Bresche springt und den Familienbetrieb übernimmt. Gefragt nach den infrastrukturellen Rahmenbedingungen in Osterode würde sich Kolle eine Verkleinerung der Fußgängerzone sowie eine großzügigere Parkraumbewirtschaftung im Sinne der Kundschaft wünschen.

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