Bad Lauterberg. Haushalt, Vitamar, Kurhaus - der Stadtrat in Bad Lauterberg fühlt sich zu vielen Themen schlecht informiert und wollte nicht länger auf Antworten warten.

„Wo bleibt die Vision für Bad Lauterberg?“, fragte Ratsmitglied Petra Schultheis (SPD) in der Sondersitzung des Stadtrats und erklärte, dass sie sich Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder in der Stadt macht. Die Stadtverwaltung hatte die Sondersitzung auf Wunsch aller Fraktionen einberufen, nachdem diese in einem entsprechenden Antrag Antworten zu folgenden Themen gefordert hatten:

  • Kinder- und Jugendbetreuung: Wie ist der aktuelle Stand in den Kindertagesstätten Bartolfelde, Spatzennest und am Neubau Lutter? Und wann geht es mit der kommunalen Jugendpflege weiter?
  • Vitamar: Welche Kosten verursacht das Hallenbad aktuelle und wie soll es in Zukunft weitergehen?
  • Wann kommt der Entwurf zum Haushalt 2024?
  • Wie geht es mit dem Kurhaus in Bad Lauterberg im Harz weiter?
  • Nach dem Weihnachtshochwasser 2023: Wie sieht der Katastrophenschutzplan beziehungsweise Gefahrenabwehrplan für die Stadt und deren Ortsteile Barbis, Bartolfelde und Osterhagen aus?

Bürgermeister Rolf Lange: „Dieses Ziel möchte ich bis zum Ende meiner Amtszeit erreichen“

Die Versammlung erweckte in der Öffentlichkeit offenbar großes Interesse: Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger verfolgten die öffentliche Sitzung und hatten Anliegen für die anschließende Einwohnerfragestunde mitgebracht. In mehr als zwei Stunden informierten Bürgermeister Rolf Lange (CDU), Kämmerer Carsten Jockisch und Fachbereichsleiter Andreas Bähnsch den Rat und die Öffentlichkeit über den aktuellen Stand zu verschiedenen Projekten. Deutlich wurde wieder, was längst bekannt ist: Die Personallage in der Bad Lauterberger Stadtverwaltung bleibt prekär - Verwaltungschef Lange berichtet von mehreren Überlastungsanzeigen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei ihm eingereicht haben. Eine Überlastungsanzeige ist eine schriftliche Information eines überlasteten Arbeitnehmers an seinen Vorgesetzten oder den Arbeitgeber, dass eine überhöhte Arbeitsbelastung zu Schäden führen kann.

Vor diesem Hintergrund beantwortete der Bürgermeister die Frage nach seiner Vision für Bad Lauterberg folgendermaßen: „Mein Ziel für meine Amtszeit ist, dass die Verwaltung so gut dasteht, dass sie mehr als Pflichtaufgaben erfüllen kann.“ Tatsächlich gibt es nämlich Pflichtaufgaben, die eine Kommune erfüllen muss. Alles Weitere fällt unter freiwillige Leistungen, also Aufgaben, die sich die Kommune selbst stellt.

Kein Geld für soziale Arbeit in Bad Lauterberg im Harz?

Bad Lauterberg ist aktuell noch an einen sogenannten Zukunftsvertrag gebunden, der im Bereich der freiwilligen Leistungen einiges ausschließt. So darf die Stadt zum Beispiel keine eigene Stelle für einen Stadtjugendpfleger schaffen. Da zwischen Verwaltung und Rat aber Einigkeit herrscht, dass eine Stadtjugendpflege unverzichtbar ist, will man diese Klausel umgehen, indem man eine Organisation damit beauftragt, einen Jugendpfleger für Bad Lauterberg einzustellen. Das sollte eigentlich der örtliche Kinderschutzbund machen. Nun hat eine weitere Organisation, nämlich der Jugendring Harzland, Interesse an einer entsprechenden Zusammenarbeit gegenüber der Stadt geäußert - und zwar über das Ende des Zukunftsvertrags hinaus, teilt der Bürgermeister in der Sondersitzung mit und erkundigt sich beim Rat, ob dieser damit einverstanden wäre. Ein Widerspruch wurde nicht geäußert.

Ratsmitglied Simon Burger (SPD) drängt Verwaltung und Rat mit Blick auf die fehlende Stadtjugendpflege und den Rückzug der Johanniter aus Bad Lauterberg dazu, jetzt schon Rahmenbedingungen, unter denen sich soziale Arbeit in der Stadt nach Ende des Zukunftsvertrags fortsetzen lässt. Burger betont bezüglich des nun nicht mehr von den Johannitern geführten Hauses der Begegnung: „Wir verlieren einen wichtigen Faktor in der Gemeinwesenarbeit. Wir werden in den kommenden Monaten merken, was uns da ganz zentral verloren geht.“

Wie kommt Bad Lauterberg an mehr Geld?

Bähnsch, dessen Fachbereich Bauen, Ordnung und Soziales ist, erwidert mit Verweis darauf, dass sich das Land Niedersachsen aus der Projektfinanzierung zurückgezogen habe: „Das, was bisher im Haus der Begegnung gemacht wurde, ist etwas, das die Stadt alleine nicht stemmen kann.“ Solche Projekte würden initiiert in der Hoffnung, dass sie sich nach Förderablauf von selbst tragen. Nur klappe das bei gemeinnützigen Projekten meistens nicht.

Nils Gehrke äußerte sich stellvertretend für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Ingo Fiedler und seinen Stellvertreter Uwe Speit, die beide abwesend waren, zu der Sondersitzung: „Es lief wie erwartet: Viele Fragen sind offen geblieben, viele Antworten kannten wir bereits.“ Gehrke attestierte der Verwaltung eine Konzept- und Strategielosigkeit und beobachtet zudem, dass der ständige Verweis auf die Personalprobleme ohne Ideen, wie man diese lösen könnte, eine diffuse Unzufriedenheit unter den Ratsmitgliedern auslöse. Er fürchtet um den Ruf der Stadt als Arbeitgeber. Gerade deswegen sei es wichtig, dass Rat und Verwaltung nicht gegeneinander arbeiten, sondern miteinander, damit es vorangeht. Damit schließt sich der Bogen zu der Vision für die Stadt, nach der seine Fraktionsgenossin Schultheis fragte. Gehrkes Vorschlag, um an Geld zu kommen, mit dem eine Vision verwirklicht werden könnte: Die Stadt muss die zahlreichen Fördertöpfe auf Bundes- und Landesebene systematisch in den Blick nehmen.

Die Antworten im Überblick

  • Der Bedarf an Betreuungsplätzen in Kindertagesstätten liege aktuell bei null. Trotzdem arbeite man aktiv weiter daran, die Kitas auszubauen, weil man dazu von den Landesvorgaben verpflichtet ist.
  • Das Beratungsunternehmen Prova ist am 2. Januar im Vitamar eingestiegen. Die Vertragsdauer beträgt erstmal ein Jahr. Nach sechs Monaten soll laut Dieter Vatheuer von der Prova eine erste Bilanz gezogen werden. Nach einem Zukunftsworkshop mit den Mitarbeitern, der gleich Anfang Januar stattfand, ist Vatheuer zuversichtlich, die Situation des Bads zu verbessern, indem an kleinen Stellschrauben gedreht wird, eine davon sei das Marketing, um das Image des Bads mithilfe der Beschäftigten und der Einheimischen zu verbessern. Die Prova hat laut Bürgermeister Lange bis zum 3. Februar Zeit, ein Konzept dafür zu liefern. Das soll dann auch mit in den Entwurf zum Haushalt 2024 einfließen. Zudem informiert Lange darüber, dass man sich bereits zum dritten Mal um eine Förderung des Bundes für das Vitamar beworben hat - die ersten beiden Male war das ohne Erfolg. Auf Landesebene gebe es derzeit keine passenden Förderangebote. Die Tourismusförderung, die das Land selbst in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der niedersächsischen AfD ins Spiel gebracht hatte, komme nicht infrage. Auf Nachfrage des DLRG-Vorsitzenden in Bad Lauterberg, Otto Holzigel, erklärt Lange, dass Kornelia Stitz weiterhin kaufmännische Leitung ist, die Geschäftsführung liegt seit zwei Jahren bei der Kanzlei Staufenbiel aus Göttingen. Lange betont, dass diese auch Insolvenzverwaltungen mache, dass das aber nicht beim Vitamar der Fall ist. Die Prova steht dem Vitamar beratend zur Seite. Außerdem nimmt Lange Holzigels Hinweis auf, dass man die Zusammenarbeit zwischen dem Vitamar und Bad Lauterberger Hotels wieder stärken sollte. Offenbar arbeitet eins der hiesigen Hotels stattdessen mit dem Salztal Paradies im benachbarten Bad Sachsa zusammen.
  • Kämmerer Carsten Jockisch will den Entwurf zum Haushalt 2024 in der Stadtratssitzung am Donnerstag, 29. Februar, einbringen. Einbringen bedeute, dass der Entwurf voraussichtlich mithilfe einer Bildschirmpräsentation vorgestellt wird. Rückfragen und Beratungen finden demnach in den folgenden Fachausschusssitzungen und Ortsratssitzungen statt. Die Ratsmitglieder haben rund zwei Monate Zeit, sich damit auseinandersetzen, da im März wegen der Osterferien keine Sitzung geplant ist. In der Versammlung am 25. April soll der Haushalt dann durch den Rat beschlossen werden.
  • Was die Zukunft des Kurhaus betrifft, findet Roland Stahl, Vorsitzender der CDU-Fraktion, klare Worte: „Das Kurhaus ist ein Sanierungsfall“ - und das nicht nur, weil die Stadtverwaltung gerade zugegeben hat, dass möglicherweise kleinere Sanierungsarbeiten anstehen. Die Nebenkosten seien so hoch, dass diese kaum ein Pächter tragen kann. Das sieht auch Gehrke von der SPD so. CDU-Mann Stahl regt deswegen an, das Kurhaus einzustampfen und etwas Neues aufzubauen - dafür gebe es dann möglicherweise auch Fördermittel. Bürgermeister Lange teilt allerdings mit, dass er bereits Gespräche mit drei Interessenten geführt hat, die daran interessiert seien, das Kurhaus zu pachten. Bisher war Melanie Biniara Pächterin. Sie hat zum Jahreswechsel allerdings das gastronomische Angebot Movement im Kurhaus geschlossen.
  • Ein Katastrophenschutzplan für Bad Lauterberg ist unter anderem aus Datenschutzgründen nicht öffentlich einsehbar, teilt die Stadtverwaltung mit und weist darauf hin, dass Katastrophenschutz Kreissache ist, die Kommune aber für einen Gefahrenabwehrplan verantwortlich ist. Bad Lauterberg sei beim Weihnachtshochwasser glimpflich davon gekommen. In Zukunft müsse man sich aufgrund des Klimawandels nicht für Hochwasser, sondern auch für Stürme, Hitzewellen und so weiter wappnen. Reaktionen der Ratsmitglieder und der Bürgerinnen und Bürger im Zuschauerraum machen deutlich, dass sie sich diesbezüglich eine bessere, frühzeitige und zentrale Informationspolitik der Stadt wünschen.

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