Bad Lauterberg. Studierende der Hochschule Merseburg kommen nach Bad Lauterberg und wollen sich mit Bürgern über Hermann von Wissmann austauschen.

„Erinnerungskultur darf nicht unkommentiert bleiben“, findet Daniela Döring. Sie ist Professorin für Kulturgeschichte an der Hochschule Merseburg und kommt im Rahmen eines Blockseminars mit Studierenden nach Bad Lauterberg im Harz. „Kontroverse Geschichte. Eine Annäherung an (post-)koloniale Erinnerungskulturen am Beispiel von Wissmann in Bad Lauterberg“ lautet das Thema.

Döring und ihre Studierenden treffen sich in Bad Lauterberg mit Künstler und Historiker Bernd Langer. Er macht mit der Seminargruppe eine Stadtführung vom VVN-Gedenkstein (Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes) zum Bergfriedhof, an der jeder und jede teilnehmen kann.

Wo lang geht die Wissmann-Stadtführung in Bad Lauterberg?

Treffpunkt ist am Mittwoch, 18. Oktober, um 14.30 Uhr der VVN-Gedenkstein beim Felsenkeller am Kurpark. Die Route soll voraussichtlich vorbeiführen an der Wissmann-Figur im Kurpark, dem Wissmann-Haus und der symbolischen Grabstätte auf dem Bergfriedhof - Dauer etwa drei Stunden.

Langer will unter anderem die Statue im Kurpark unter künstlerischen Gesichtspunkten betrachten, aber auch ihren Zweck hinterfragen. Dazu will er herausarbeiten: Was hatte Wissmann mit Bad Lauterberg zu tun?

Es ist ungewöhnlich, dass Wissmann so einen großen Raum in Bad Lauterberg einnimmt, weil er immer nur ein Besucher in der Stadt war.
Daniela Döring, Professorin für Kulturgeschichte an der Hochschule Merseburg

Diese Frage beschäftigt auch Döring: „Es ist ungewöhnlich, dass er so einen großen Raum einnimmt, weil er immer nur ein Besucher in der Stadt war.“ Wissmann wurde 1853 in Frankfurt an der Oder geboren, durchquerte als preußischer Leutnant im Auftrag der „Deutschen Gesellschaft zur Erforschung Äquatorial-Afrikas“ den Kontinent von West nach Ost und war für ein knappes Jahr Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, bevor er 1896 nach Deutschland zurückkehrte, wo er im Jahr 1905 ums Leben kam. Die Bad Lauterberger stellten die Figur im Kurpark drei Jahre später auf. Außerdem benannte man das Wohnhaus seiner Mutter und eine Straße nach ihm.

Dass Döring sich ausgerechnet Wissmann in Bad Lauterberg als Beispiel für Erinnerungskultur ausgesucht hat, ist biografisch begründet: Von 2018 bis 2023 war die Wissenschaftlerin Postdoktorandin und wissenschaftliche Koordinatorin des Forschungskollegs „Wissen, Ausstellen. Eine Wissensgeschichte des Ausstellens in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts“ an der Georg-August-Universität Göttingen. Sie ist Teil der Vernetzung Göttingen Postkolonial, die sich um koloniale Aufarbeitung und Kontinuitäten bemüht. Über die Organisation lernte Döring Langer kennen. Bereits vor der Corona-Pandemie nahm sie an einer seiner Stadtführungen teil.

Zusammenarbeit mit Heimatmuseum und Stadtarchiv in Bad Lauterberg

Dadurch wurden sie und eine Kollegin inspiriert, ein Workshopkonzept auszuarbeiten, das sie Pandemie-bedingt nicht durchführen konnten. Dieses Konzept diente als Grundlage für die Planung des Blockseminars, bei dem die Studierenden vor Ort in Bad Lauterberg mit dem Heimatmuseum und dem Stadtarchiv zusammenarbeiten werden.

Das Thema scheint die Studierenden zu interessieren. Es gibt sogar eine Warteliste für das Blockseminar, dessen Teilnehmerzahl aufgrund der Unterbringung auf 15 Personen beschränkt ist. Die Führung mit Langer ist bewusst öffentlich, erklärt Döring. „Wir wollen in einen Diskurs mit Bad Lauterbergern kommen.“

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