Wolfsburg. Sie haben Probleme, ihr Charakter ist schwierig, ihre Eigenarten schrecken Frauchen und Herrchen ab: Das sind die Problem-Tiere im Tierheim.
Sie wedeln mit dem Schwanz, warten ungeduldig auf ihre Gassi-Gänge, rennen im Auslauf von links nach rechts. Es kann gar nicht schnell genug gehen, endlich das Tierheim-Gelände zu verlassen und neue Gerüche in der Freiheit aufzusaugen, sich zu bewegen, die Umgebung zu erkunden. Chara, Twix und Mücke leben schon etwas länger im Wolfsburger Tierheim. Die Gassi-Runden sind am Tag ihr Highlight. Schöner wäre es allerdings, wenn die Hunde das Tierheim für immer verlassen können und eine neue Familie finden würden. Aber oftmals macht ihnen ihre Vergangenheit einen Strich durch die Rechnung. Die Hoffnung geben die Vierbeiner und auch die Mitarbeitenden im Tierheim trotzdem nicht auf. Weder bei den Hunden, noch bei den Katzen oder Kleintieren. Eine Bestandsaufnahme.
Sorgenkinder im Wolfsburger Tierheim: 12 Hunde suchen neue Besitzerinnen und Besitzer
Täglich kümmern sich zwei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um die Hunde. Zu ihnen gehört auch Tierpflegerin Simone Jahns. Sie kennt die 12 Hunde, die momentan im Tierheim ein Zuhause auf Zeit gefunden haben. Sie kuschelt mit ihnen, versorgt sie mit Medikamenten, Futter, Wasser und hofft darauf, dass alle Vierbeiner ein neues Zuhause finden. Auch, wenn der Abschied nicht immer leicht fällt: „Es gibt immer wieder Tiere, die hier seit Jahren sitzen. Es ist dann einfach komisch, wenn das Tier dann nicht mehr da ist. Aber die Freude ist am Ende viel größer.“ Denn das Wohl des Tieres hat immer Priorität. „Es wäre schön, wenn ein paar von unseren Dauer-Sitzern ein Zuhause finden“, sagt Jahns.
Sie hört bei der Vermittlung vor allem auf ihr Bauchgefühl. Sie sagt: „Wir sprechen mit den Leuten intensiv.“ Potenzielle Familien lernen die Hunde vorab kennen, gehen mehrmals mit ihnen spazieren und müssen unter anderem einen Hunde-Führerschein (NHundG) vorweisen. So können sich die Tierheim-Mitarbeitenden ein Bild von der künftigen Bleibe machen. Aber wer wartet hinter den Gittern eigentlich derzeit auf neue Frauchen und Herrchen?
Wir stellen vor: Staffordshire Mischling Bella. Sie ist als gefährlich eingestuft, was die Vermittlung erschwert. Da sie charakterlich nicht sehr stabil ist, noch einen Wesenstest benötigt und auch keine kleinen Kinder mag, sei es schwer, neue Besitzer für sie zu finden.
Auch der Entlebucher-Sennenhund Twix sucht schon über vier Jahre nach einem Zuhause für immer. In seiner ersten Unterkunft wurde Twix falsch erzogen. Auch das erschwert die Vermittlung. „Er sieht süß aus, ist charakterlich aber nicht süß“, weiß Jahns. Pluspunkte: Der Wachhund hört auf Kommandos.
Der Beschützerinstinkt schlummert auch im Rottweiler Mücke. Der Vierbeiner hat gleich mit zwei großen Baustellen zu kämpfen: Er hat Epilepsie – ist mit seinen Tabletten aber mittlerweile gut eingestellt – und eine Leinenaggression. Daher ist es wichtig, dass sein künftiges Herrchen oder Frauchen Hunde- und Rassenerfahrung mitbringt. Bestechen kann man Mücke, aus dem auch mal ein Elefant werden kann, mit Essen.
Lucy ist hingegen das komplette Gegenteil und ein perfekter Jack Russel Mix für eine Rentner-Dame. Die fünfjährige Hündin wurde von ihren Vorbesitzern nicht nett behandelt, daher dauere es, bis sie Vertrauen zu fremden Menschen aufbaut. „Aber wenn sie einen dann kennt, dann kann sie den ganzen Tag knutschen und kuscheln“, sagt Jahns, während Lucy ihr mit der Zunge über das Gesicht schleckt.
Weiter geht die Kuschelrunde: Auch die Schäferhund-Dame Chara zog ins Wolfsburger Tierheim ein, nachdem sie in einer Mietwohnung nicht zurecht kam. Immerhin kannte die Achtjährige Haus und Garten. Eine Voraussetzung also für ihr neues Zuhause. Und dem war sie schon des Öfteren sehr nahe. Doch der „Pechvogel“, so wird sie liebevoll von den Mitarbeitenden im Tierheim genannt, musste in der Vergangenheit mehrere Rückschläge erleben. „Immer wenn sie einen Interessenten hat, klappt es nicht“, sagt Tierpflegerin Simone Jahns. Dann liege es entweder an der Hausverwaltung des künftigen Herrchens oder Frauchens oder Chara verstehe sich mit dem Partner-Tier nicht. Vor allem mit kleinen Hunden komme die kuschelbedürftige Schäferhündin nicht klar.
Katzen im Tierheim Wolfsburg warten auf neue Familien
Auch im Katzenbereich hat das Tierheim Wolfsburg ein paar Sorgenkinder. Insgesamt wohnen hier 30. Allen voran: Hauskater Jimmy. „Er lässt sich gut mit Futter bestechen“, sagt Tierheim-Mitarbeiterin Ricarda Scholz und wirft ein paar Leckerlis in das Katzenzimmer. Sie kümmert sich um die Katzen und weiß ganz genau, wie Jimmy so tickt. Stressbedingt neigt der im Jahr 2015 geborene Kater zu Blasenentzündungen. Stress ist ein gutes Stichwort, denn: In Jimmys neuem Zuhause sollten eher keine Kinder leben. Und eigentlich möchte Jimmy auch lieber als „Einzel-Kater“ gehalten werden, ist immerhin mehr an Menschen als an seinen Artgenossen interessiert. Trotzdem, sagt Scholz, solle er in seinem neuen Zuhause die Möglichkeit bekommen, nach draußen zu gehen und andere Katzen zu treffen.
Momentan lebt Jimmy mit der Katzendame Fauchi zusammen. Im neuen Zuhause der Hauskatze sollte eine souveräne andere Katze sein, die Menschen kennt. Problem: Auch Fauchi mag nicht alle Katzen, die Chemie mit ihren Artgenossen müsse stimmen. Und die Chemie stimme – zumindest aus Fauchis Sicht – vor allem mit Jimmy. Ob er davon so begeistert ist, sei dahin gestellt.
Meerschweinchen und Kaninchen im Tierheim Wolfsburg: Wann bekommen sie ein neues Zuhause?
Viel gekuschelt wird auch bei den Kleintieren im Tierheim Wolfsburg. In abgetrennten Bereichen sitzen Meerschweinchen und Kaninchen, futtern Heu und frisches Gemüse wie Karotten, Gurke und Salatblätter. Platz für neue Kleintiere gebe es momentan nicht. Ausgebucht. Die zwei Angora-Mischlinge Ramba und Zamba kuscheln nebeneinander auf dem Häuschen. Besucherinnen und Besucher können ihre Augen kaum sehen, ihre langen Haare fallen ins Gesicht. Für neue Kaninchen-Eltern gilt: Ramba und Zamba benötigen viel Fellpflege. So auch Rapunzel. An ihrem Fell hängt regelmäßig Heu. Das ist eben der Rasse geschuldet.
Nicht so wuschelig und auch ein wenig kleiner sind die beiden weißen Mischlinge Holly und Molly. Sie sind wegen eines Umzugs ins Wolfsburger Tierheim gekommen. Mit ihnen lebt Franz, ein Zwergmix. Einen Raum weiter beschnuppern sich gerade Flinn und Rider. Ein schwarzes und braunes Kaninchen.
So können Tierfreunde im Tierheim Wolfsburg helfen
Und wer den Tieren kein neues Zuhause bieten kann, aber dennoch helfen möchte, hat im Tierheim verschiedene Möglichkeiten. Katzenkuschler zum Beispiel können nach vorheriger Terminabsprache Zeit mit den Vierbeinern verbringen. „Das hilft uns, die Tiere zu zähmen oder auch an fremde Menschen zu gewöhnen“, erklärt Jahns. Und wer eher im Hunde-Team ist, kann sich für Gassirunden anmelden. Hierfür müssen Interessierte vorab ein kleines Seminar belegen. Auch Futter- und Geldspenden nimmt das Tierheim Wolfsburg gern entgegen. „Man kann auch für jedes Tier eine Patenschaft übernehmen“, informiert Jahns. Die Paten überweisen dann einen gewissen Betrag zum Beispiel für dauerhafte Medikamente oder Futter.
Weitere Informationen gibt es auf der Homepage des Tierheims Wolfsburg unter tierheimwolfsburg.de
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