Fallersleben. Der Lions-Club Hoffmann von Fallersleben hatte Generalleutnant a. D. Carsten Jacobson eingeladen. Thema war die Sicherheitspolitik.

In einer Mischung aus Anekdoten, erzählt im Plauderton, sowie scharfsinnigen Analysen aufgrund seiner Erfahrungen und Kenntnisse stellte Carsten Jacobson die Lage der deutschen Streitkräfte nach der von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufenen „Zeitenwende“ dar. Der Bundeswehr-Generalleutnant a. D. sprach vor 55 Gästen über „Die Zukunft der Verteidigungspolitik in Deutschland und Europa“ auf Einladung des Lions-Clubs Hoffmann von Fallersleben im Hoffmannhaus-Saal. Zu diesem besonderen Abend hatte die Präsidentin Christiane Karweik auch die Lions-Clubs Wolfsburg und Vorsfelde eingeladen.

In der Bilanz zitierte Jacobson den Generalinspekteur des Heeres, Alfons Mais: „Wir sind blank.“ Dies träfe auch für Luftwaffe und Marine zu, da es an modernen Panzern, Flugzeugen, Schiffen, Geräten und Munition fehle. Die Situation habe sich durch das vom Bundestag verabschiedete Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro noch nicht sehr verbessert, da dies Geld bisher kaum ausgegeben worden sei.

Der ehemalige Bundeswehr-General gibt in Fallersleben einen Blick in die Sicherheitspolitik

Der Offizier im Generalsrang führte dies auf die 2011 vollzogene Aussetzung der Wehrpflicht, die Nichterfüllung des Zwei-Prozent-Zieles vom Bruttosozialprodukt für Wehraufgaben, die „einjährige Untätigkeit“ der damaligen Verteidigungsministerin nach dem russischen Angriff auf die Ukraine und die zögerlichen Waffenzusagen für die ukrainische Armee zurück. Dadurch sei „dieser Sommer verloren gegangen“ für eine umfassende Rückeroberung von Russland besetzter Gebiete der Ukraine. Auch die Bürokratie im Beschaffungswesen, die Ausrichtung der Bundeswehr für Auslandseinsätze sowie noch ausstehende Aufträge an die deutsche, leistungsfähige Rüstungsindustrie nannte Jacobson als weitere Gründe.

Lesen Sie mehr Nachrichten aus Wolfsburg:

Als konkrete Mängel nannte er unter anderem: nur 600 Meter Brückenbau möglich in einem von Flüssen durchzogenen Land, keine Drohnen, kaum Minenräumung, fehlende Flugzeuge und U-Boote, zu lange Transportwege, eine Fehlzahl von 30.000 Soldaten sowie eine zu geringe Digitalisierung: „Wir planen noch mit Karten und Bleistift.“ Im Vergleich habe Polen gerade 1000 moderne Panzer in Südkorea bestellt.

Die Gefahr eines Atomkrieges sehe er nicht, weil Russland „mit dieser Keule zur Abschreckung der Nato“ drohe. Bedrohlich sei auch der russische Cyber-Krieg insbesondere im Blick auf die amerikanischen Präsidentschaftswahlen 2024. Und es könnte neue Konflikte geben wie jetzt im Nahen Osten, unter anderem im Westpazifik um Taiwan.