Wolfsburg. Das Phänomen der Elterntaxis in Wolfsburg ist so unausrottbar wie gefährlich. Polizei, Verkehrswacht und Schulleitungen appellieren.

Die Sommerferien sind zu Ende – und mit Beginn des neuen Schuljahres ist ein ebenso unausrottbares wie gefährliches Phänomen wieder da: Die Elterntaxis sind zurück vor Wolfsburgs Schulen! Der ganz normale Wahnsinn regiert vor allem vor den Grundschulen, wo seit Wochenbeginn auch die Schulanfänger unterwegs sind. Wie Schulen, Polizei und Verkehrswacht damit umgehen.

Montag, 7.45 Uhr vor der Grundschule Fallersleben am Glockenberg: Auf dem Parkplatz vor dem Schulgebäude in der Straße Am Alten Gut sind alle regulären Stellplätze belegt. Die ersten Autos benutzen nach vergeblicher Parkplatzsuche den Rangierstreifen dahinter kurzerhand zum Parken in zweiter Reihe, lassen ihre Kinder aussteigen und begleiten sie zum Eingang.

Elterntaxis in Fallersleben blockieren Feuerwehrzufahrt und Bushaltestelle

Innerhalb weniger Minuten werden es immer mehr Fahrzeuge, so dass nach kurzer Zeit auch die Feuerwehrzufahrt, die Bushaltestelle und die Mieterparkplätze gegenüber zum Parken missbraucht werden. Ein Bewohner der Hausnummer 6/7 öffnet ein Fenster und herrscht eine Mutter an, die ihr Auto dort abgestellt hat: „Das sind keine Parkplätze für Schule und Kindergarten.“ Derweil wuseln überall zwischen den stehenden und vor der Schule entlangschleichenden Autos die Grundschüler.

Inzwischen ist ein Streifenwagen der Polizeistation Fallersleben vorgefahren, die Polizistin und ihr Kollege postieren sich gegenüber dem Schuleingang. Es dauert nicht lange, bis sie eingreifen müssen, weil sich ein handfester Stau entwickelt. Immer wieder sprechen sie Mütter und Väter an, die am liebsten direkt vor der Schule halten wollen, und fordern sie zum Weiterfahren auf.

Rektorin der Grundschule Fallersleben froh über Unterstützung durch Polizei

„Es ist manchmal nicht auszuhalten. Dieses Verhalten ist ja auch eine Gefährdung für die Kinder, weil die Autos kreuz und quer parken“, sagt Annemargret Thömen-Schorling. Die neue Leiterin der Grundschule Fallersleben versucht mit dem Kollegium seit Jahren, an die Vernunft der Eltern zu appellieren. „Wir geben den Eltern sogar Empfehlungen für Haltepunkte, wo sie die Kinder gefahrlos rauslassen und sogar das Auto abstellen können“, sagt sie fast ein wenig resigniert.

Nahe der Grundschule Wendschott gibt es Elternhaltestellen. Doch statt im Auto zu warten, parken viele Eltern und begleiten ihre Kinder.
Nahe der Grundschule Wendschott gibt es Elternhaltestellen. Doch statt im Auto zu warten, parken viele Eltern und begleiten ihre Kinder. © regios24 | Sebastian Priebe

Die Rektorin ist froh, dass am ersten Tag mit den Erstklässlern die Polizei im Einsatz ist. „Wir als Schule begrüßen die Polizei-Präsenz sehr. Das unterstützt uns sehr“, betont die Schulleiterin.

An Schule in Wendschott werden Elternhaltestellen kaum genutzt

Komfortabler ist die Situation an der Grundschule Wendschott – eigentlich: Vor einem Jahr sind Elternhaltestellen im Bergmannskamp und in der Kleitschestraße eingerichtet worden. Doch schon kurz nach dem Start ging es damit los, dass Eltern ihren Nachwuchs nicht absetzten, sondern in den Haltezonen parkten und bis zur Schule begleiteten.

Das ist leider immer noch so, schilderte Rektorin Stephanie Neumann am Montag. Direkt vor der Schule seien die drei Plätze der Haltezone quasi immer belegt; „die Elternhaltestellen weiter weg werden im Grunde gar nicht genutzt“. Dabei werde das auf jedem Elternabend thematisiert, „und ich schreibe Elternbriefe ohne Ende“.

Das Einzige, was laut Schulleiterin Erfolg verspricht: Es gibt ein Verkehrsprojekt. Jedes Kind, das nicht bis vor die Schule gefahren wird, bekommt jeweils einen Stempel; am Ende locken Belohnungen für die Klassen. „Das ist ein Anreiz für die Kinder. Wir hoffen, dass das auch bei den neuen Erstklässlern wirkt.“

Die Eltern machen es sich bequem. Und wenn das Wetter wieder schlechter wird, ist das Chaos perfekt.
Klaus Seiffert, Vorsitzender der Verkehrswacht Wolfsburg

Wolfsburger Polizei appelliert an Eltern

Die Verkehrssicherheitsberaterin der Wolfsburger Polizei hat – unterstützt von Verkehrswacht, Ordnungsamt, Kontaktbeamten sowie Einsatz- und Streifendienst der Polizei – nach den Sommerferien wieder ein strammes Programm in Sachen Schulwegsicherheit. „Wir besuchen jede Grundschule“, kündigte Silke Hitschfeld an. Immer wieder ein Thema: die Elterntaxis.

Für Montag hatte die Polizistin die Grundschule Hehlingen auf dem Plan. „Die Erfahrungen dort waren gut“, berichtete sie. Dort seien viele Kinder zu Fuß gekommen, kein Auto habe auf dem Gehweg oder entgegen der Fahrtrichtung geparkt. „Die Eltern holen sich ein dickes Lob ab, wenn sie etwas entfernt von der Schule parken und die Kinder selbst nach dem Verkehr schauen lassen“, erklärte die Expertin. „Eltern schützen ihre Kinder, indem sie sie voller Selbstvertrauen losgehen lassen“, ergänzte Polizeisprecherin Melanie aus dem Bruch.

Auch Verkehrswacht Wolfsburg kämpft weiter gegen rücksichtslose Eltern

Sollte die Fahrt mit dem Auto zur Schule unerlässlich sein, so werden Eltern dringend gebeten, auf ausgewiesenen Elternhaltestellen oder in Seitenstraßen zu parken und die Kinder wenigstens die letzten Meter zur Schule zu Fuß gehen zu lassen, appellierte die Polizei in einer Pressemitteilung. Gerade vor den Schulen komme es aufgrund der Vielzahl der parkenden oder fahrenden Fahrzeuge immer wieder zu unübersichtlichen und dadurch gefährlichen Situationen.

Der Wolfsburger Verkehrswacht-Vorsitzende Klaus Seiffert und sein Team werden ebenfalls nicht müde, gegen die Elterntaxis anzukämpfen. Er bestätigte, dass die Haltezonen in Wendschott kaum genutzt werden. Am Dienstag will er dort die gelben Kinder-Fußabdrücke frisch nachsprühen. Auch nach Mörse will er und sich mit der Tempotafel am Zebrastreifen auf der Hattorfer Straße postieren.

„Die Eltern machen es sich bequem“, lautete das grundsätzliche Urteil des Verkehrswacht-Chefs. „Und wenn das Wetter wieder schlechter wird, ist das Chaos perfekt.“

Lesen Sie hier weitere Nachrichten aus Wolfsburg: