Fallersleben. Zwei Jahre nach dem verheerenden Großbrand in der Fallersleber Altstadt liegt das Grundstück immer noch brach. Über die Gründe wird spekuliert.

Am späten Abend des 22. Januar vor zwei Jahren machte ein verheerender Großbrand in der Altstadt nicht nur eine Familie und viele weitere Bewohner obdachlos. Sondern die Flammen rissen auch eine schlimme Lücke – dort, wo in der Bahnhofstraße 29 zuvor das Hunderte Jahre alte Fachwerkhaus gestanden hatte. Nach dem Abriss der Brandruine liegt das Grundstück immer noch brach.

Der frühere Eigentümer Teja Schönberger hatte das Baugrundstück vor einem Jahr verkauft, zusammen mit dem Nachbargebäude rechts auf der Ecke. Er hatte die Baugenehmigung für den Wiederaufbau des Wohn- und Geschäftshauses damals schon in der Tasche.

Mehrfach waren Brandermittler und -sachverständige an der Brandruine in Fallersleben, hier auch beim Abriss und Abtragen des Brandschutts.
Mehrfach waren Brandermittler und -sachverständige an der Brandruine in Fallersleben, hier auch beim Abriss und Abtragen des Brandschutts. © regios24 (Archiv) | Helge Landmann

In Fallersleben sollte wieder der Pizzawald einziehen

In die geplanten Geschäftsräume im Erdgeschoss sollte wieder der Pizzawald einziehen. Die alteingesessene Pizzeria war vor zwei Jahren ebenso abgebrannt wie das indische Restaurant „Namaste World“ in der früheren Kult-Kneipe Publicum im linken Bereich des zweiteiligen Fachwerkhauses. Dort war das Feuer damals auch ausgebrochen.

Jedenfalls hatte der neue Eigentümer, die Benner Holding, vor einem Jahr angekündigt, dass er so schnell wie möglich mit dem Wiederaufbau starten wollte, wie vom Vorbesitzer geplant und von der Stadt genehmigt im Fachwerkstil. Vier Wohnungen und Gastronomie sollte der Komplex umfassen.

Gerüchte um Brand-Brache in Fallersleber Altstadt

Warum ein Jahr später noch immer nichts von Bauaktivitäten zu sehen ist, ist unklar. Gerüchteweise ist zu hören, dass der neue Eigentümer Schwierigkeiten haben soll, geeignete Baufirmen zu finden. Ein Problem, das derzeit in der Branche weit verbreitet ist. Möglicherweise sind aber wie bei anderen Bauvorhaben auch die Baukosten so in die Höhe geschossen, dass noch einmal neu kalkuliert werden muss. Eine Stellungnahme des Investors war kurzfristig nicht zu bekommen.

„Das ist wie eine Wunde“, sagt die frühere Ortsbürgermeisterin Bärbel Weist zu der Brache. Sie ist Vorsitzende des Kultur- und Denkmalvereins sowie Heimatpflegerin von Fallersleben – und hat daher ein Interesse daran, dass die Baulücke mitten in Altstadt bald geschlossen wird. „Ich würde mir wünschen, dass sich der jetzige Eigentümer an die Baupläne hält und vor allem die Front so wieder herrichtet, dass sie sich einfügt.“

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Heimatpflegerin hofft auf baldigen Wiederaufbau von Fachwerkhaus

Die Heimatpflegerin bedauert den trostlosen Eindruck, den das verwaiste Grundstück macht. „Da gehen viele Leute entlang und bleiben kopfschüttelnd stehen. Diese Baustelle fällt schon auf.“ Sie hält den Wiederaufbau des Hauses für dringend nötig.

Zu dem folgenschweren Großbrand geführt hatte fahrlässige Brandstiftung, wie die Brandermittler der Wolfsburger und ein Sachverständiger 2021 feststellten und das Amtsgericht Wolfsburg in seinem Urteil 2022 bestätigte.

Seit dem Abriss der Brandruine liegt das Grundstück mitten in der Fallersleber Altstadt brach. Inzwischen steht ein Bauzaun mit Sichtschutz und Werbebannern.
Seit dem Abriss der Brandruine liegt das Grundstück mitten in der Fallersleber Altstadt brach. Inzwischen steht ein Bauzaun mit Sichtschutz und Werbebannern. © regios24 | Michael Uhmeyer

Brandverursacher nie zweifelsfrei ermittelt

Den Sachschaden bezifferten die ermittelnden Behörden damals auf rund eine Million Euro. Und ein schaler Nachgeschmack bleibt bis heute: Der Brandverursacher konnte nie zweifelsfrei ermittelt werden, eine Verurteilung wegen fahrlässiger Brandstiftung gab es dennoch.

Der Prozess wegen fahrlässiger Brandstiftung vor dem Amtsgericht begann im Februar 2022, gut ein Jahr nach dem Brand, mit einer Verteidigererklärung des Angeklagten, eines damals 29-jährigen Gastronomen: „Mein Mandant hat normalerweise eine Feierabendroutine: Er schaltet immer zuerst den Hauptschalter aus und überprüft dann mithilfe seiner Handy-Taschenlampe, ob wirklich nichts mehr leuchtet und alle Küchengeräte ausgeschaltet sind. Er kann sich nicht erinnern, dies an jenem Abend vergessen zu haben. Aber beweisen kann er es auch nicht, deshalb streitet er den Anklagevorwurf nicht ab.“

Prozess wegen fahrlässiger Brandstiftung am Amtsgericht Wolfsburg

Dieses keinesfalls zweifelsfreie Schuldeingeständnis hatte der Angeklagte schon direkt nach dem Brand gegenüber der Polizei gemacht. Ein weiteres Indiz lieferte das Gutachten eines Brandsachverständigen: „Als wir vier Tage nach dem Feuer am 26. Januar 2021 das erste Mal die heruntergebrannte Küche betreten konnte, war die Schalterstellung der Fritteuse noch auf Stufe 4. Hier war eindeutig der tiefste Brandbereich, von wo aus sich das Feuer primär ausgebreitet haben muss.“.

Doch wer den Schalter auf Stufe 4 stellte oder stehen ließ, konnte nie geklärt werden, denn der Sachverständige hatte im Prozess angemerkt, dass das heruntergebrannte Gebäude nur mit Flatterband abgesperrt war, so dass zwischenzeitliche Manipulationen nicht ausgeschlossen werden konnten.

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Manipulationen an Fritteuse in der Brandruine

Als der Sachverständige die Brandruine am 4. Februar und 29. März 2021 nochmals begutachtete, stellte er fest, dass die Fritteuse zwischenzeitlich um 90 Grad gekippt und die Schalterstellung verändert, zusätzlich die Drehknöpfe abgezogen waren. Zudem waren die Gasventile des Herdes daneben verdreht und die Plastikgriffe abgezogen. Wer die Schalter manipuliert oder ein Interesse an einer anderen Art von Brandursache gehabt haben könnte, blieb ungeklärt.

An dem bereits vorliegenden Geständnis des Restaurantbetreibers änderte das jedoch nichts. Da der Gastronom nach polizeilicher Recherche keinerlei Vorteile aus dem Brand gezogen hat, im Gegenteil sogar erhebliche Einbußen erlitt, sprach das Gericht lediglich wegen des erheblichen Schadens eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten zur Bewährung aus.

Die Staatsanwältin betonte damals: „Der Grund, dass Sie hier vor Gericht sitzen, ist einzig und allein, dass Sie eine Routine vernachlässigt haben. Das zeugt nicht von schlechtem Charakter oder Missachtung des Rechtsstaates. Wir sagen in Deutschland: ,Dumm gelaufen.’ Aber Strafe muss eben sein.“