Wolfsburg. Der Ex-VW-Chef hat es vorgemacht. Unsere Reporterin Eva Nick macht es nach: So fühlt es sich an, mit dem E-Aerofoil durchs Hafenbecken zu sausen.
Audi-Ingenieur Franz Hofmann hat es designt, Ex-VW-Chef Herbert Diess ist damit durch den Mittellandkanal gedüst, jetzt können es Waghalsige in der Autostadt nachmachen: Mit dem E-Aerofoil werden Träume vom Fliegen wahr.
- In der Autostadt werden diesen Sommer Kurse auf dem E-Aerofoil angeboten
- Schon Herbert Diess stand auf dem Board mit E-Antrieb
- Unsere Redakteurin wagte den Selbstversuch
Wollten Sie nicht auch schon immer mal fliegen? Und ich meine jetzt nicht mit dem Flugzeug: Sondern ganz alleine, frei wie ein Vogel, die Luft unter den Armen spüren und sich wie auf Schwingen durch Zeit und Raum bewegen?
Für Träumer wie mich hat die schwerelose Form der Fortbewegung schon immer einen metaphysischen Reiz ausgelöst. Als Krzysztof Wszolek, genannt „Cicu“, mir also gleich mehrmals versichert: „Das ist wie Fliegen!“, bin ich ganz Ohr.
Es geht um die Fahrt auf dem E-Aerofoil, eine Art motorisiertes Surfbrett, das durch seinen hydrodynamisch geformten Untersatz dazu befähigt, nicht nur auf, sondern auch über dem Wasser zu gleiten. Entwickelt wurde es von Audi-Ingenieur und Leichtbau-Experte Franz Hofmann. Es trägt daher die vier Audi-Ringe, wie auch den Namen der E-Reihe: E-Tron. In der Autostadt können Waghalsige die Sportart in diesem Sommer ausprobieren.
Exklusive Probestunde: Alle regulären Stunden sind schon lange ausgebucht
Aber von vorn: Es ist ein sonniger Morgen am Ende der Werksferien, die Autostadt füllt sich langsam mit Besucherinnen und Besuchern, und ich treffe Cicu im „Cool Summer Island“, dem wasserbasierten Angebot der Autostadt.
Tretboote und Elektro-Boote können hier ab 12 Uhr gemietet werden. Vorher bekomme ich eine exklusive Probestunde auf dem E-Aerofoil – denn die regulären Kurse, die abends ab 20 Uhr stattfinden, sind für diese Saison vollständig ausgebucht.
Die Fahrt auf dem E-Aerofoil braucht eine Menge Körpergefühl – und Übung
„Na, bist du nervös?“, fragt mich Cicu mit einem neckischen Grinsen auf dem Weg über die Bootsanleger. Er hat wahrscheinlich schon gemerkt, dass ich nicht die ganz große Draufgängerin bin; und dass ich nicht besonders sportlich bin, habe ich schon unumwunden zugegeben. Man will ja keine zu großen Erwartungen erwecken.
Denn: Die Fahrt auf dem E-Aerofoil braucht schon eine gute Portion Körpergefühl. Wenn Cicu als Profi auf dem Brett steht, sieht alles so einfach und intuitiv aus: Und das ist es bestimmt auch, wenn man den Dreh raushat. Da müssen Anfänger wie ich und das Gros der anderen Besucherinnen und Besucher erst mal hinkommen.
Der Motor wird über eine Fernbedienung am Handgelenk gesteuert
Ausgestattet werde ich mit einem Neoprenanzug, einem Helm und einer Schwimmweste. Dann kommt die Einweisung. Cicu hat recht, ja, ich bin nervös, und daher fällt es mir schwer, mir alles zu merken, was er mir erzählt, und dabei wird das noch wichtig werden.
Anfangs soll ich auf dem Bauch liegen, während ich mit der Fernbedienung den Elektromotor bediene. Lenken geht rein über die Verlagerung des Körpergewichts. Nach dem Fahren im Liegen soll ich in den Vierfüßlerstand wechseln, dann Aufstehen. Dann auf’s Gas und es kann geflogen – gefoilt – werden. Ganz easy!
Flug über die Wellen: Das Aerofoil in der Autostadt im Test
Das Board wiegt 32 Kilogramm – 13 Kilo wiegt allein der Akku
Ganz so easy ist es dann doch nicht. Nach einem ersten Höhenflug beim Fahren auf dem Bauch (Ist ja total einfach, ha!), erlebe ich beim Aufrichten in den Vierfüßler- und schließlich in den freien Stand erste Dämpfer meiner Zuversicht, dass ich das schon irgendwie hinkriegen werde.
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Das Board wiegt immerhin um die 32 Kilo und ist schwergängig. Ich weiß nicht, ob es eher hinderlich oder eher förderlich ist, dass ich selbst mit knapp 52 Kilogramm vergleichsweise wenig wiege; jedenfalls habe ich Schwierigkeiten, das Brett in die Kurve zu schieben.
Sobald das Brett den Kontakt mit der Wasseroberfläche verliert, wird es leise
Schön angenehm, das Wasser im Hafenbecken! Ich mache an diesem Morgen immer wieder Bekanntschaft mit dem kühlen Nass. Gar nicht so schlimm, da das Fahren auf dem E-Aerofoil in die Muskeln geht und die Sonne auf den (schwarzen) Neoprenanzug brennt. Beim Stehen sind alle Muskeln unterhalb meiner Taille angespannt, um die Balance zu halten und durch Verlagerung des Körperschwerpunktes Kurven zu fahren.
Und, wann fliege ich jetzt? „Einfach beschleunigen und das Körpergewicht nach vorne verlagern“, rät Cicu. Er fährt mir mit einem Elektroboot sozusagen hinterher, ist immer in Reichweite und ruft mir Tipps zu. Sobald das Brett den Kontakt zur Wasseroberfläche verliert, ändere sich das ganze Fahrgefühl. Es werde leichter, flüssiger, es brauche weniger Kraft zum Lenken, zudem falle das Rauschen des Wassers weg. Kein Widerstand mehr, nur noch Luft, nur noch Fliegen.
Der Experte sagt: Um zu fliegen, muss man die Grenzen im Kopf überwinden
Und tatsächlich. Ich stehe jetzt seitlich, den rechten Fuß vorn auf dem Brett, den Oberkörper aufgerichtet, den Blick mutig in die Ferne. Ich gebe Gas. Und hebe ab. Aber wie! Die Nase des Bretts bäumt sich auf, ich habe damit nicht gerechnet, kreische wahrscheinlich ziemlich hysterisch auf, nehme abrupt den Finger vom Gas und platsche vermutlich beeindruckend ungrazil ins Wasser. Autsch!
„Das ist normal“, beruhigt mich Cicu, während er mit seinem Boot heranfährt. „Man muss ein bisschen seine Ängste vergessen, die Grenzen im Kopf überwinden. Du kannst aber auch im Liegen foilen, wenn du dich damit sicherer fühlst.“ Wie, klein beigeben? Pa! Der kennt mich schlecht. Also wieder hingestellt.
Adrenalin, Aufregung und Anstrengung: Nach einer Stunde zittern die Beine
Nach einer Probestunde, erzählt Cicu später, könnten die meisten Besucherinnen und Besucher schon einigermaßen sicher auf dem Brett stehen und auch foilen. Er sagt, das sei für die meisten Menschen erlernbar.
Ich zweifle daran: Denn dieses Körpergefühl, die Balance, die Verlagerung des Körpergewichts und die Körperspannung, das muss man schon draufhaben, das muss man üben, und das ist anstrengend. Als ich wieder sicheren Boden unter den Füßen habe, zittern mir die Beine. Das ist sicher die Aufregung, das Adrenalin – aber auch die Anstrengung.
Das Angebot in der Autostadt war nach kürzester Zeit ausgebucht
Das Fliegen selbst fühlt sich großartig an, Cicu hat schon recht. Das Brett gleitet so seicht über das Becken dahin und reagiert auf die kleinste Bewegung. Es braucht Übung, die Geschwindigkeit so zu steuern, dass die Fahrt gleichmäßig und glatt läuft. Vor allem zu wenig Gas bringt mich ins Straucheln; oder zu viel, wenn ich nach dem kräftigen Anschub zu schnell vom Gas gehe.
Der Reiz, einmal quasi schwerelos über das Wasser zu düsen, hat nicht nur in mir Abenteuerlust geweckt. Innerhalb einer Woche sei das Angebot für Probestunden auf dem E-Aerofoil der Autostadt ausgebucht gewesen, sagt Cicu.
Auch der damalige VW-Chef Herbert Diess stand im letzten Jahr auf dem Board – und hat damit vielleicht den Trend gesetzt. Für diese Saison muss jedenfalls Glück haben, wer eine Runde fliegen möchte. Oder auf das nächste Jahr warten: Denn dann soll das Angebot möglicherweise wiederkehren.