Wolfsburg. Dieter Kalm war einer von Hunderten, die den Leidtragenden des Ukraine-Krieges halfen. Er ist für den „Wolfsburger des Jahres“ nominiert.

Die Invasion in die Ukraine durch die russische Armee am 20. Februar dieses Jahres war ein Schock für die Welt. Kriegerische Konflikte gab es zwar auch vorher schon – und die Flüchtlingsbewegungen nach Europa hatten das nicht vergessen gemacht. Aber so nah an Zuhause Raketeneinschläge und Zivilistenmorde zu wissen, das war schon etwas anderes.

Die Folge: Hunderttausende Menschen in Deutschland engagierten sich, um der Bevölkerung in der Ukraine zu helfen. Sie stellten Kleidung, Medikamente, Spielsachen zusammen, fuhren zum Teil selbst in Bullis und Sprintern zur polnisch-ukrainischen Grenze. In Wolfsburg stellte Unternehmer Teja Schönberger seine Industriehalle in der Borsighalle mietfrei dem DRK zur Verfügung, um dort die zahlreich auflaufenden Kartons voller Spenden zu sortieren.

Nominiert sind alle Helferinnen und Helfer, alle Spenderinnen und Spender

Dieter Kalm hat die Zeit in der Borsigstraße in lebhafter Erinnerung. Vier Monate lang kümmerte sich der 67-jährige Teamvorstand des DRK-Ortsvereins Hattorf-Heiligendorf um die Organisation der Spendengüter, zusammen mit zahlreichen Helferinnen und Helfern. Sie alle: Die 800 Menschen, die in der Halle sortieren, ausgeben und schleppen halfen, die Tausenden Menschen in Wolfsburg, die ihr Hab und Gut für den guten Zweck hergaben, die zahllosen weiteren Wolfsburgerinnen und Wolfsburger, die sich selbstlos für andere engagierten, sind jetzt für den Wolfsburger des Jahres nominiert.

Lesen Sie auch:

Dieter Kalm ist ihr Gesicht. Er übernahm ab dem 1. März die Hallenleitung in der Borsigstraße. „Ich fand die Idee gut, eine zentrale Halle für die Spendenabgabe einzurichten“, sagt der Ehrenamtler. Für ihn sei klar gewesen, dass er helfen müsse. „Ich habe mich gefragt: Was kannst du tun? Als 67-jähriger Rentner kannst du ja nicht selbst in die Ukraine fahren. Da bot es sich an, in der Sammelstelle zu helfen.“

800 Menschen waren vier Monate lang viele Stunden am Tag im Einsatz

Kartons über Kartons: Die DRK-Sammelstelle für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine im März 2022.
Kartons über Kartons: Die DRK-Sammelstelle für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine im März 2022. © DRK Wolfsburg | Dieter Kalm

Eine 1200 Quadratmeter große Halle, viele ehrenamtliche Helfende – am ersten Sonntag waren es laut Kalm 180 – und ein Berg voller Spenden: Anfangs habe es keine Strukturen gegeben, erinnern sich Kalm. „Die Devise lautete: Einfach loslegen.“

Über die vier Monate seien etwa 800 Helferinnen und Helfer im Einsatz gewesen. Die hauptamtliche Ehrenamtskoordinatorin des DRK-Kreisverbandes, Izabella Czuba, war die einzige Hauptamtliche. „Ohne sie hätte es nicht geklappt“, sagt Kalm.

Die Spendenbereitschaft der Wolfsburger war „der Wahnsinn“

Die Arbeit in der Halle muss für alle Beteiligten zehrend gewesen sein. „Die erste Woche bin ich sozusagen gar nicht rausgekommen“, erinnert sich Kalm. 14 bis 16 Stunden sei sortiert und geräumt worden. „Am Anfang war es ziemlich heftig.“ Heftig sei auch die Spendenbereitschaft der Wolfsburgerinnen und Wolfsburger gewesen. „Das war der Wahnsinn, wir kamen gar nicht nach. Mit so einem Zulauf hatten wir nicht gerechnet.“

Was nimmt der 67-Jährige mit von seinen Erlebnissen? „Wir als DRK können Krise“, sagt er. „Es war eine bereichernde Arbeit auf sozialer Ebene. Am Ende kannte ich alle Helfenden mit Namen. Das waren Leute, auf die man sich verlassen konnte. Ich würde es jederzeit wieder machen.“

Wichtig ist ihm, dass seine Nominierung für den Wolfsburger des Jahres richtig verstanden wird: „Es geht nicht um mich, sondern darum, dass die Leistung der Helfer insgesamt gewürdigt wird. Diese Menschen sollten im Vordergrund stehen.“