Wolfsburg. Allersee: Fehlende Toiletten für Rollstuhlfahrer, keine Möglichkeit ins Wasser zu gelangen. Der Behindertenbeirat hofft auf Verbesserungen.

Mit breiter Brust hat sich Wolfsburg als Gastgeberstadt für die Special Olympics beworben und wurde als einer von mehr als 200 Orten ausgewählt. Bei den in Berlin 2023 stattfindenden Spielen geht es darum, dass im Rahmenprogramm an anderen Orten im Land den Teilnehmern aus aller Welt Land und Leute präsentiert werden. Sportlich, kulturell und vor allem inklusiv.

Die Special Olympics World Games sind die weltweit größte inklusive Sportveranstaltung. Tausende Athleten und Athletinnen mit geistiger und mehrfacher Behinderung treten dabei in 26 Sportarten und 2 Demonstrationssportarten an. Termin: 17. bis 25. Juni 2023. Ort: Berlin.

Die Weltspiele finden das erste Mal in Deutschland statt. Es werden etwa 7000 Teilnehmer aus 170 Nationen erwartet. Die Spiele wurden erstmals 1968 ausgetragen und von Eunice Kennedy-Shriver ins Leben gerufen. Die Schwester von Robert und J. F. Kennedy hat sich für Menschen mit Behinderung eingesetzt. Der Weltdachverband hat in 174 Ländern nationale Verbände. Die Bewegung Special Olympics ist heute mit 5,2 Millionen Athleten weltweit vertreten.

Wolfsburg vor Special Olympics: Barrierefreiheit Fehlanzeige

Wo steht Wolfsburg ein Jahr vorher? Kann die VW-Stadt ihrer Rolle als Gastgeberin gerecht werden? Wir nehmen die Stadt in Sachen Barrierefreiheit und Zugang zu allen Einrichtungen unter die Lupe.

Erste Station unseres Stadtchecks ist der Allersee, genauer das Nordufer. Dort sollen seit geraumer Zeit eine barrierefreie Toilette und auch ein barrierefreier Steg entstehen, der Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, Zugang zum Wasser ermöglicht. Beides ist noch nicht in Sicht, die Stadt vertröstet aufs Jahr der Special Olympics.

Warum die erst vor wenigen Jahren neu gebauten schmucken Toiletten am Nordufer nicht ohnehin barrierefrei errichtet wurden, bleibt offen. Wolfsburger und Besucher der Stadt, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, können immer nur darauf setzen, dass im Kolumbianischen Pavillon die behindertengerechte Toilette offen ist. Am Südufer gibt es keinerlei Möglichkeiten für Rollstuhlfahrer, die dortigen Sanitäranlagen zu nutzen.

Yannik Spyra am Allersee-Nordufer: Bislang bleibt nur der sehnsüchtige Blick aufs Wasser. Die Stadt will aber spätestens zu den Special Olympics am Allersee einen Steg fertig haben, der einen barrierefreien Zugang zum See ermöglicht. So wie es sie anderswo schon gibt.
Yannik Spyra am Allersee-Nordufer: Bislang bleibt nur der sehnsüchtige Blick aufs Wasser. Die Stadt will aber spätestens zu den Special Olympics am Allersee einen Steg fertig haben, der einen barrierefreien Zugang zum See ermöglicht. So wie es sie anderswo schon gibt. © regios24 | Anja Weber

Stadt Wolfsburg will am Allersee zu den Spielen Barrierefreiheit schaffen

Yannik Spyra vom Behindertenbeirat bewertet die aktuelle Lage so: „Wir freuen uns über die Bewerbung Wolfsburgs als Host der Special Olympics. Dies ist ein klares Statement für Inklusion und Teilhabe als auch eine Verantwortung, unsere Stadt und unsere Strukturen entsprechend zu repräsentieren.“ Man befände sich mit der Verwaltung in konstruktiven Gesprächen zu verschiedenen Bereichen, in denen sich die Stadt noch besser aufstellen müsse.

Im Allerpark sollten spätestens zum Eintreffen der Delegation der Special Olympics alle Besucher, unabhängig von ihren Einschränkungen, den Allersee genießen können. Yannik Spyra unterstreicht: „Uns ist wichtig, dass es um Gemeinsamkeit geht. Es soll ein Steg nicht nur Rollstuhlfahrer sein, sondern allen in der Gesellschaft von Klein bis Groß, Jung und Alt, dauerhaft oder auch nur übergangsweise beeinträchtigt, zur Verfügung stehen.“ Das Miteinander müsse die Leitschnur sein.

Die Stadt erklärt auf Nachfrage zum aktuellen Stand: „Das Vergabeverfahren für die Planung ist in der Vorbereitung. Der Beginn des Bauvorhabens ist noch in 2022 geplant. Der Steg soll bis zu den Special Olympics im Jahre 2023 umgesetzt sein.“ Aktuell würden auch weitere Planungen erfolgen, die eine Behindertentoilette am Allersee berücksichtigen.

Andernorts ist man schon weiter

Zum Hintergrund: In anderen Städten, die Badeseen haben, beispielsweise in Leipzig am Cospudener See, sind bereits barrierefreie Zugänge ins Wasser errichtet. International gibt es an den Stränden von Mallorca und auch in Kroatien Bereiche, die für Rollstuhlfahrer, Rollatornutzer oder Menschen, die auf Gehhilfen und dergleichen angewiesen sind, ausgestattet sind. Rutschfeste, asphaltierte Bereiche oder auch Zugangshilfen ins Wasser zählen dazu.

In Wolfsburg hofft man nun, dass die Tatsache, dass sich die Stadt als gute Gastgeberin für Menschen mit Inklusionsbedarf präsentieren möchte, der Barrierefreiheit einen Schub verpasst. Die einzige Möglichkeit für Rollstuhlfahrer, ins Wasser zu gelangen, gibt es bislang im Badeland mittels Hublift. In den Freibädern gibt es eine solche Anlage bislang nicht.

Im kulturellen Bereich sind Bemühungen für Barrierefreiheit, beispielsweise im Fallersleber Schloss durch einen Aufzug oder auf der Neuhäuser Wasserburg durch rollstuhlgerechte Aufgänge, bislang gescheitert.