Wolfsburg. Bauarbeiter stießen bei Erneuerungsarbeiten auf Schienen von 1909. Eisenbahner staunten nicht schlecht.

Das Volkswagen-Stammwerk in Wolfsburg ist Europas größte Automobilfabrik. Auf einem Gelände von rund 6,5 Quadratkilometer befinden sich heute mehr als 100 Werkshallen, in denen mehr als 60.000 Volkswagen Mitarbeiter forschen, produzieren und vieles mehr. Vor mehr als 80 Jahren wurde der Grundstein hierfür gelegt. Mit der Bahn wurde das Material zur Errichtung der ersten Werkshallen angeliefert. Somit war das allererste, was auf der grünen Wiese und nördlich des Mittellandkanals verlegt wurde, Bahngleise. Aktuell erneuern laut Mitteilung von Volkswagen Mitarbeiter der Werkeisenbahn gerade Teile des mittlerweile rund 60 Kilometer langen Schienennetzes – und machten dabei eine ganz besondere Entdeckung: Schienen, datiert auf die Jahre 1909 bis 1938, wie durch die Walzzeichen am Steg der alten Gleise abzulesen war. „Eine echte Überraschung war das“, erzählt Philipp Klein, stellvertretender Eisenbahnbetriebsleiter der Werkeisenbahn.

Im Rahmen des Aufbaus des Volkswagenwerkes und auch später in den 50er-Jahren fanden viele gebrauchte Schienen ihren Weg zur Volkswagen Werkeisenbahn. Sie waren ursprünglich im Netz der damaligen Reichsbahn irgendwo in Deutschland im Einsatz. Das Werk benötigte zu dieser Zeit Gleise für Halle 40 und kaufte dafür die gebrauchten Schienen. Dort, wo heute Tiguan, Touran, Golf, Sportsvan sowie Seat Tarraco auf Züge verladen werden, ging auch schon der Käfer auf den Gleisen von Halle 40 in alle Welt. Nachdem die Kanten der alten Gleise irgendwann abgefahren waren, drehten die Werkeisenbahner die Schienen einfach auf die andere Seite. So bekamen die Gleise ein zweites Leben – durchaus üblich bei Rangierbahnhöfen wie dem im Werk Wolfsburg. Lokomotiven und Waggons schliffen mit ihren Stahlrädern zunächst die eine und später die andere Kante der Gleise ab. „Der Austausch ist jetzt nach mehr als
110 Jahren Einsatzdauer an der Zeit gewesen. Bis dahin hatten die Gleise eine Top-Qualität“, staunt Klein. Er und sein Team zerteilen die alten Schienen nach und nach mit dem Schneidbrenner. Auch die alten Eichenschwellen aus den 50er-Jahren haben ausgedient und werden gegen stabilere Betonschwellen ersetzt. Ein neues Schotterbett gibt den nagelneuen Schienen ab jetzt für viele Jahrzehnte Halt. Insgesamt verlegen die Mitarbeiter der Volkswagen Werkeisenbahn rund
2500 Meter neue Schienen und wechseln rund 2000 Holzschwellen gegen Betonschwellen aus.