Wolfsburg. Die Frage bei den Fußballerinnen ist, wann die Infrastruktur mit dem sportlichen Erfolg mithält.

Sportlich gesehen sind die VfL-Fußballerinnen in Deutschland über jeden Zweifel erhaben. Elf Titel sammelten die Wolfsburgerinnen seit 2013, sind seitdem die alles dominierende Mannschaft im nationalen Frauenfußball. Dabei bewegt sich die VfL-Abteilung, was die Spielerinnen betrifft, auf Weltklasse-Niveau, lockt immer wieder Ausnahmespielerinnen mit einem Spitzen-Kader, höchsten sportlichen Zielen, einem guten Teamspirit und einem attraktiven Mix aus Leistungssport und beruflicher Weiterbildung an den Mittellandkanal. Allerdings ist den Wolfsburger Verantwortlichen sehr wohl bekannt, dass vor allem die zahlungskräftigere Konkurrenz aus dem europäischen Ausland dafür sorgen könnte, dass die grün-weiße Anziehungskraft etwas nachlassen könnte.

Doch noch ist davon nichts zu spüren. Sehr behutsam hat Ralf Kellermann, bis zum Sommer 2017 Cheftrainer und sportlicher Leiter in Personalunion und seither allein sportlicher Leiter, eine Mannschaft der Extraklasse aufgebaut. Immer wieder fügen die Wolfsburger vereinzelte Mosaiksteine hinzu, fangen damit auch hochkarätigere Abgänge bislang mühelos auf. Der Lohn dafür ist ein Abo auf die Champions-League-Qualifikation, die sieben Mal in Folge gelang, gekrönt mit vier Meisterschaften, und den DFB-Pokal, den die Wolfsburgerinnen fünfmal gewannen und seit 2015 gar nicht mehr hergegeben haben.

Frühzeitig bindet der Klub Leistungsträgerinnen langfristig, und so prägen Gesichter wie die von Keeperin Almuth Schult, Kapitänin Nilla Fischer, Lena Goeßling oder Alexandra Popp seit Jahren den Wolfsburger Weg. Hinzu kommen Spielerinnen wie Sara Björk Gunnarsdottir, Europas Fußballerin des Jahres Pernille Harder, Caroline Hansen oder seit gut einem Jahr Ewa Pajor, die auf ihren Positionen zur absoluten Weltspitze zählen. Sie alle verzichten vielleicht auf besser dotierte Angebote, wissen dafür, was sie an Wolfsburg und dem VfL haben. Die Arbeit an der richtigen Mischung für die Zukunft hört dabei natürlich nie auf.

Auch der Übergang in der sportlichen Verantwortung von Kellermann zu seinem vorherigen Co-Trainer Stephan Lerch verlief reibungslos, mit dem Double und der Finalteilnahme in der Königsklasse hatte Lerch einen tollen Einstand, die aktuelle Saison dürfte nach den bisherigen Erkenntnissen die Erfolgsgeschichte weiterschreiben.

Bestens für die Zukunft aufgestellt sind die Frauen auch mit dem AOK-Stadion, auch wenn es vorerst weiter ein Traum bleibt, das Schmuckkästchen mit etwas mehr als 5000 Zuschauern einmal ausverkauft zu erleben. Doch die Spielstätte muss selbst den internationalen Vergleich nicht scheuen. Schlechter sieht es bei den Trainingsbedingungen aus. Besonders hier bietet die internationale Konkurrenz seinen Spielerinnen Bedingungen wie im Männerfußball – während die Wolfsburgerinnen sich am Elsterweg in Baucontainern umziehen.

Der Plan, mit den Frauen ins Porschestadion umzuziehen, um dort den Nachwuchs zu beerben, wurde im Zuge der Diesel-Affäre wieder in die Schublade geschoben. Hier, und nicht unbedingt am Gehalt, müsste der Verein als Erstes ansetzen, wenn er die Mannschaft weiter im Kampf um die Trophäe in der Königsklasse sehen will.

Geschäftsführer Tim Schumacher hatte dabei im Sommer die Unterstützung des Klubs zugesichert, um international konkurrenzfähig zu bleiben. Doch bisher wurde das noch nicht mit Taten unterfüttert. Als positives Zeichen ist neben diesen Bekenntnissen allerdings auch die Tatsache zu werten, dass die Erfolge bei Klubeigner Volkswagen öffentlichkeitswirksam wahrgenommen und gewürdigt wurden – das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen. Die Wolfsburgerinnen sind also bereits dabei, an der Erfolgsgeschichte der Zukunft zu schreiben. Wann die Infrastruktur mit dem sportlichen Erfolg einmal wird mithalten können, ist dabei die spannendste Frage.