Wolfsburg. Der VfL Wolfsburg leistet Pionierarbeit für den elektronischen Bildschirm-Sport.

Der Erfolg von E-Sport – das E steht für elektronisch – ist nicht mehr mit einem Hype zu erklären. Veranstalter füllen Hallen mit tausenden Zuschauern, die das wettbewerbsmäßige Videospielen auf großen Leinwänden verfolgen und mitfiebern. Der elektronische Sport zieht aber auch Millionen Fans vor die TV-Bildschirme.

Profi-Computerspieler trainieren teils mehr als acht Stunden am Tag und verdienen fürstlich. Die Rede ist von jenen „Zockern“, die die Fußball-Simulation FIFA aus dem Hause Electronic Arts (EA) spielen. Längst ist der Sport ein Massenphänomen mit riesigem Potenzial – und doch kämpft die Branche um Anerkennung. „Der E-Sport ist halt nicht offiziell anerkannt als Sportart“, sagt Christopher Schielke,
E-Sport-Verantwortlicher beim Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg.

Und dennoch: Immer mehr Bundesliga-Vereine nehmen Profi-Gamer unter Vertrag. Auch der VfL – seit 2015.

Dort erkannten die Verantwortlichen um Thomas Röttgermann, früherer Geschäftsführer der VfL Wolfsburg-Fußball GmbH, welches Potenzial im E-Sport steckt. Der Verein war Vorreiter in der Branche, andere Bundesligisten wie Hertha BSC, VfB Stuttgart, Schalke 04 oder Bayer Leverkusen zogen nach.
„E-Sport bietet uns die Möglichkeit, die Zielgruppe junger Menschen im Alter von 12 bis 17 Jahren anzusprechen und für die Marke VfL Wolfsburg zu begeistern“, sagt Schielke.

Mit Benedikt „Salz0r“ Saltzer unterstützen die „Wölfe“ seit ihrem Einstieg einen FIFA-E-Sportler, seit September 2016 gehört auch Timo „TimoX“ Siep zum E-Sport-Team der Wolfsburger. Ein Vollzeit-Job für die beiden E-Sportler, weiß Schielke. Medienauftritte, Videoanalysen, Content-Produktion für Onlineauftritte des VfL, Fitnesschecks, das tägliche Üben der Fingerfertigkeit an der Konsole – Saltzer und Siep leben für den E-Sport.

„Beide verdienen ein durchschnittliches Jahresgehalt plus den Bonus durch Preisgelder bei Turnieren.“ Das sei vor drei Jahren noch ganz anders gewesen. „Damals war der E-Sport bei uns eher als Nebenjob anzusehen“, sagt der E-Sport-Verantwortliche des VfL. In einem Top-Jahr habe Siep 45 000 Dollar Preisgeld gewonnen. „Die Preisgelder gehen ständig nach oben, weil immer mehr Partner und Sponsoren einsteigen“, so Schielke. „Teils bis in den sechsstelligen Bereich.“

Doch wie steht es um die öffentliche und offizielle Akzeptanz des
E-Sports? Wird er bald als Sport anerkannt? Na ja, wahrscheinlich. In den Koalitionspapieren der Bundesregierung jedenfalls steht das als Absichtserklärung. Der Wortlaut: „Wir werden E-Sport künftig vollständig als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht anerkennen und bei der Schaffung einer olympischen Perspektive unterstützen“. Aber ob es auch so kommt? Das Problem: Auf Bundesebene zuständiger Minister für Sport ist Horst Seehofer. Ob oder wie schnell der zugunsten der E-Sportler tätig wird, ist unklar.

Denn: Beim Thema E-Sport werden auch durchaus kritische Stimmen gegen die Anerkennung laut. Nach den Richtlinien des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) fehlt E-Sport eine „eigene, sportartbestimmende motorische Aktivität“. Man muss sich halt bewegen. Das Schwitzen im Sitzen reicht nicht. Es gibt auch Kritiker aus der klassischen Fußballbranche. Einer ist Reinhard Grindel, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), weiß Schielke. Nach der Auffassung des DFB-Chefs gehöre der Fußball auf den grünen Rasen – der echte, nicht der virtuell am Bildschirm dargestellte.

Beim VfL wollen sie sich durch Unkenrufer und Pessimisten nicht von ihrem erfolgreichen Weg abbringen lassen. „Wir haben gezeigt, dass wir es schaffen, beides zu kombinieren“, sagt Schielke. „Sowohl den Fußball auf dem Bildschirm als auch den auf dem Rasen.“ Beim VfL planen sie, eine E-Sport-Gaming-Academy einzurichten. Wieder wäre Wolfsburg in der Vorreiterrolle.