Seit fast zwei Jahrzehnten kann der Aviso-Autor beobachten, wie sich Traditionen bei Besuchen seiner Nachkommen in Wolfenbüttel entwickelt haben.

Vorweihnachtszeit ist für viele junge Menschen Reisezeit, nämlich Zeit, um allein, mit dem Lebenspartner oder mit der eigenen Familie zu den Eltern/Großeltern zu reisen. Gemeinsam mit ihnen will man das Weihnachtsfest feiern und Freunde aus der Jugendzeit wiedersehen — was gegenüber den üblichen Klassentreffen den Vorteil bietet, dass man nur mit denen zusammenkommt, die man auch wirklich mochte und mag. Für manche wird das weihnachtliche Familientreffen eines von wenigen im Jahreslauf sein, und dementsprechend hoch sind Vorfreude und Erwartung. Erinnerungen und vielleicht etwas Wehmut werden sich einstellen, wenn die Besucher die ehemalige Schule oder die Kirche wiedersehen, in der sie zur Konfirmation oder zur Kommunion gegangen sind, die Stadtbücherei, den Bolzplatz oder das Schwimmbad.

Seit fast zwei Jahrzehnten kann der Aviso-Autor aus allernächster Nähe beobachten, wie sich Traditionen bei Besuchen seiner Nachkommen in Wolfenbüttel entwickelt haben. Weihnachtmarkt first – das war und blieb die Devise! In all den Jahren, in denen der Sohn allein, dann schließlich mit Frau und zwei Kindern nach Wolfenbüttel kam und kommt, war dies der erste Teil des feststehenden Programms. Das gilt auch für den Gang zum Bäcker (knackige Brötchen) und zur Fleischerei (Mett) – beides gibt es nicht überall auf der Welt… Zum Programm gehören auch Gottesdienstbesuch, Rundgang durch die Bibliotheca Augusta (besonders interessant für Kinder: der Globensaal) oder Besichtigung des Schloss Museums (hier wohnten Prinzen und Prinzessinnen!). In diesem Besuchsjahr können die Wolfenbütteler (Groß-)Eltern mit ihrem Besuch über den neuen, edel gestalteten Schlossplatz schreiten, der daran erinnert, dass unsere Heimatstadt jahrhundertelang eine fürstliche Residenz war, die von Diplomaten, Gelehrten und Künstlern aus ganz Europa besucht wurde. „Heimat“ war in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg aus gutem oder besser aus schlechtem Grund ein kritisch beäugter Begriff. Manche der damit verbundenen menschenverachtenden Ausgrenzungsideologien existierte auch noch lange nach 1945 in den Köpfen. Dass Heimat und Fremde keine Antipoden sein müssen, fasst das dem Dichter Gorch Fock 1948 entlehnte Motto des Hamburger Abendblattes so zusammen: „Mit der Heimat im Herzen die Welt umfassen.“