Sickte. Vor 80 Jahren wurde der Arzt von den Nazis wegen „Hochverrats“ hingerichtet. Sein Tod ist auch heute noch eine Mahnung an die Lebenden.

Die Gemeinde Sickte lud jüngst zum 80. Todestag ihres angesehenen Bürgers Dr. Julius Bockemüller, um sein Gedenken zu ehren und an das Schicksal als Opfer des nationalsozialistischen Unrechtsstaats zu erinnern und zu mahnen. Darüber informiert das Büro des Samtgemeindebürgermeisters.

Ausländische Sender abgehört

„Heute ist der letzte Tag meines Lebens, eines Lebens, das in den letzten 10 Jahren, wie Du ja weißt, viel Kampf und viele Enttäuschungen mit sich gebracht hat. Ich scheide aus dieser Welt und hoffe, dass mir Gott gnädig sein möge.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Bockemüller mit einem Abschiedsbrief in den Morgenstunden des 21. April 1943 von seinen Angehörigen und mit diesen Worten begann Diethelm Krause-Hotopp seinen Gedenkvortrag über den beliebten Sickter Arzt und seine Denunzierung durch die nationalsozialistische Diktatur. Im Juli 1942 wurde Bockemüller wegen des absichtlichen Abhörens und der vorsätzlichen Verbreitung der Nachrichten ausländischer Sender verhaftet. Bei der Verhandlung am 19. Januar 1943 wurde er wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde am 21. April 1943 vollzogen. Im September 1952 wurde das Unrechtsurteil aufgehoben und Bockemüller rehabilitiert.

Dr. Julius Bockemüller, Arzt aus Sickte, im April 1943 hingerichtet von den Nationalsozialisten.
Dr. Julius Bockemüller, Arzt aus Sickte, im April 1943 hingerichtet von den Nationalsozialisten. © Privat

Bockemüllers Töchter, so heißt es, litten weit über die Rehabilitation hinaus unter diesem Schicksal. Dies bestätigte auch der Ehrengast der Veranstaltung, die Enkelin Nicoline Schmitz-Justen bei ihrer Ansprache: „Ich habe mich sehr über die Einladung gefreut und finde es sehr gut und wichtig, dass die Gemeinde Sickte das Schicksal meines Großvaters nicht vergessen hat.“

Erinnern an die Gräueltaten

Die anschließende Gesprächsrunde, mit Blick auch auf die Gegenwart, wurde von Krause-Hotopp moderiert. Gastgeber Ingo Geisler, Bürgermeister der Gemeinde Sickte, und die Gäste Ortsheimatpfleger Stefan Bormann, Samtgemeindebürgermeister Marco Kelb, Fördervereinsmitglied Sigrid Bauer von Stolpersteine Braunschweig und die Lehrerin Petra Windrich-Hattendorf von der Oberschule Sickte waren sich einig: Man dürfe nicht müde werden, an die Schicksale und Gräueltaten zu erinnern, sie nicht zu vergessen und zu mahnen, dass unsere Demokratie nicht selbstverständlich ist.

Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von Katja Beisse (Violine) und Mauritius Weiß (Gitarre).