Berlin. Karl Lauterbach will Homöopathie von der Kassenleistung ausnehmen. Auf den Prüfstand gehören aber ganz andere Erstattungen. Ein Contra.

Die Ohren schmerzen, die Blase ist entzündet, das Kind fiebert auf dem Höhepunkt des Scharlach-Infekts: In diesen Fällen geht es beim Arzt ruckzuck: Einmal Antibiotika bitte und auf Wiedersehen. Leider ist es nicht immer so einfach, und ganzheitliche Diagnosen gehen im Minutentakt des Alltags einer Hausarztpraxis verloren. Statt einfach mal zuzuhören, wird verschrieben – und die unspezifischen Bauchschmerzen bleiben.

Birgitta Stauber, Textchefin der Zentralredaktion.
Birgitta Stauber, Textchefin der Zentralredaktion. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Ums Zuhören geht es allerdings bei der Homöopathie: Sie sucht nach Ursachen, analysiert Verhaltensweisen. Ärzte recherchieren und untersuchen den Körper. Die Anamnese dauert nicht fünf, sondern 50 Minuten, mindestens. Ob es nun diese Zuwendung ist, die gegen den Heuschnupfen wirkt, oder wirkstofffreie Zuckerkügelchen, ob es Placeboeffekte sind oder vielleicht doch die Medikamente vom Hausarzt: „Hauptsache, es wirkt“ kann aus Patientensicht darauf nur die Antwort sein. Schließlich gibt es in der Medizin viele Graubereiche, die zusammenwirken, die sich schulmedizinisch aber nicht unbedingt erklären lassen.

Nun geht es Karl Lauterbach um Evidenz. Das kann die Homöopathie nicht leisten. Allerdings kostet sie das Gesundheitssystem nur bis zu 50 Millionen Euro. Bezogen auf den Zuschuss des Bundes an die gesetzliche Krankenversicherung von 14,5 Milliarden Euro eine lächerliche Summe. Nachhaltig sparen lässt sich mit der Streichung der Homöopathie allein jedenfalls nicht.

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Abgesehen davon gibt es noch viele andere Kassenleistungen von zweifelhaftem Nutzen: Vom Herunterladen einer Fitness-App oder einer Mitgliedschaft im Studio allein ist schließlich noch kein Herz-Kreislauf-System in Schwung gekommen. Dennoch wird dafür ein Teil der Kosten erstattet. Wer regelmäßig fünf Kilometer durch den Park läuft und Alkohol meidet, tut womöglich mehr für seine Gesundheit. Was zeigt: Wenn Lauterbachs Vorstoß mehr sein soll als die Statuierung eines Exempels, dann muss alles auf den Prüfstand.

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