Nach 30 Jahren greift für Heizungen die Austauschpflicht – wie viele Eigentümer sind davon betroffen? Aktuelle Daten lassen aufhorchen.

  • Wer mit einer Gasheizung oder Ölheizung heizt, muss bestimmte Fristen für die Austauschpflicht beachten
  • Doch wen trifft diese Pflicht wirklich? Immer wieder ist von einer großen Anzahl an Hausbesitzern die Rede
  • Die tatsächlichen Zahlen überraschen bei genauerem Hinsehen

Berlin. Von Waldbränden über Hitze bis zur anhaltenden Dürre – auch in Deutschland zeigt sich der Klimawandel immer deutlicher. Umso bedeutsamer wird die Energie- und Wärmewende. Eine tragende Säule in diesem Prozess ist der Umstieg von fossilen Brennstoffen wie Heizöl auf klimafreundliche Alternativen – dazu zählt etwa der Anschluss an ein Wärmenetz oder die Wärmepumpe. Einige Eigentümer müssen in absehbarer Zeit sogar verpflichtend in eine moderne Heizung investieren – Grund ist die geltende Austauschpflicht für Heizung über 30 Jahre.

Heizung: Zahlen zu Austauschpflicht aus Hamburg verblüffen – Wie viele Besitzer tatsächlich betroffen sind

Für die Verbraucher bedeutet die Austauschpflicht jedoch erst mal eines: informieren. Denn längst nicht jeder Eigentümer mit einer Gas- oder Ölheizung ist auch tatsächlich betroffen. Die Liste der Ausnahmen von der Austauschpflicht ist lang. Akut betroffen sind über 30 Jahre alte Heizungen mit einem Konstanttemperaturkessel. Anlagen mit Niedrigtemperatur- oder Brennwertkessel sind ausgenommen. Zudem profitieren viele Eigentümer – die ihren eigenen Wohnraum nutzen – von Ausnahmeregelungen.

Für Aufsehen sorgten im Juni die Zahlen der Schornsteinfeger-Innung Hamburg. Berichten der dpa zufolge sind nur ganz wenige der 110.000 Hamburger Heizungen von der Austauschpflicht betroffen. Michael Neuhäußer – Obermeister der Hamburger Innung – nennt überraschende Zahlen: 1,4 Prozent der Ölheizungen und 0,35 Prozent der Gasheizungen in Hamburg seien von der Austauschpflicht nach dem schon Ende 2020 in Kraft getretenen Gebäudeenergiegesetz (GEG) betroffen. Lesen Sie auch: Was Deutsche vom Immobilienkauf abhält: Die Heizungswende?

Die Ausnahmen von der Austauschpflicht im Überblick:

  • Von der Austauschpflicht betroffen sind Verbraucher mit einem Konstanttemperaturkessel in der Gas- oder Ölheizung – bedeutet: Über 30 Jahre alte Heizungen mit Niedertemperaturkessel oder auch Brennwerttechnik sind von der Austauschpflicht ausgenommen
  • Eigentümer – die seit 1. Februar 2002 selbst in ihrem Haus oder ihrer Wohnung wohnen – sind nach aktuellem Stand ebenfalls nicht betroffen
  • Hauskäufer sind vor der Austauschpflicht nicht ausgenommen – für sie greift aber eine Frist von zwei Jahren. Danach müssen auch sie die über 30 Jahre alte Heizung verpflichtend tauschen
  • Über 30 Jahre alte Heizungen – die weniger als vier Kilowatt (kW) oder mehr als 400 kW Nennleistung haben – betrifft es ebenso nicht

Heizung älter als 30 Jahre: Experte erklärt – längst nicht alle Eigentümer trifft die Austauschpflicht

Laut den Zahlen, welche die rund 100 Hamburger Schornsteinfeger im Jahr 2021 erhoben hatten, sind von den 86.000 mit Gas betriebenen Anlagen rund 14.000 oder 16 Prozent zwischen 30 und 38 Jahren alt. Diese Anlagen werden allerdings mit Niedertemperatur- oder Brennwertkessel betrieben und fallen laut Neuhäußer demnach nicht unter die Austauschpflicht. Bloß 2,2 Prozent der Gasheizungen oder knapp 2000 Anlagen haben demnach einen veralteten Standard- oder Konstanttemperaturkessel.

Doch auch von diesen 2000 Heizungen müssten die meisten nicht ausgetauscht werden, weil die Eigentümer ihr Haus seit mindestens Anfang 2002 selbst bewohnen und damit von der Pflicht ausgenommen sind. Auf die Austauschpflicht hinweisen mussten die Hamburger Schornsteinfeger im Jahr 2021 bei nur rund 300 Anlagen – meist in größeren Mehrfamilienhäusern. Ist die Austauschpflicht also gar nicht ein solch großes Problem? Wir haben im Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks nachgefragt.

Die Schornsteinfeger kontrollieren auch das Alter von Gas- und Ölheizungen und machen Hausbesitzer auf die Austauschpflicht aufmerksam.
Die Schornsteinfeger kontrollieren auch das Alter von Gas- und Ölheizungen und machen Hausbesitzer auf die Austauschpflicht aufmerksam. © IMAGO/Thomas Frey

2023 von der Austauschpflicht betroffen? Ein Bauteil der Gas- oder Ölheizung gibt den Ausschlag

"In der Heizungstechnik gibt es grundsätzlich die Unterscheidung von Feuerstätten im Heizwertbereich und Feuerstätten im Brennwertbereich laufen", fasst es Jörg Seelbach vom deutschen Schornsteinfegerverband zusammen. In der aktuellen Fassung des GEG würden Brennwertfeuerstätten nicht unter die vom Staat verpflichtend vorgeschriebene Austauschpflicht nach 30 Jahren fallen. Kritischer könnte es im neuen Heizungsgesetz werden – wenn die Vorgaben für Gas- oder Ölheizungen noch einmal verschärft werden würden.

Als besonders umweltschädlich gelten alte Konstanttemperatur-Systeme oder Niedrigtemperaturkessel. Im Vergleich zur Brennwerttechnik werden bei den Konstanttemperatur- und Niedrigtemperatursystemen hohe Temperaturen benötigt. Folglich ist auch die Abgastemperatur deutlich höher als bei modernen Brennwertgeräten. Sollten Heizwertfeuerstätten im neuen GEG ebenfalls aufgenommen werden, wären den Statistiken des Schornsteinfegerverbands zufolge deutlich mehr Anlagen betroffen – eine Übersicht:

Gasheizungen über 30 Jahre alt: Millionen Hausbesitzer in Deutschland sind betroffen

Gasheizung nach AlterAnzahl der Anlagen
über 20 Jahreca. 4.040.000
über 25 Jahreca. 2.810.000
über 30 Jahreca. 1.350.000

Lesen Sie auch: Das Alter der Heizung bestimmen – ein simpler Trick hilft

Ölheizungen älter als 30 Jahre: Mehr als 6 Millionen Eigentümer kurz vor Altersgrenze

Ölheizung nach AlterAnzahl der Anlagen
über 20 Jahreca. 3.350.000
über 25 Jahreca. 3.430.000
über 30 Jahreca. 1.390.000

Quelle: Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks für FUNKE Mediengruppe

Austauschpflicht alter Heizungen: Experte mit düsterer Prognose – "ein Prozent nicht haltbar"

In der aktuell gültigen Fassung des GEG sind nur Heizungen mit einer konstanten Vorlauftemperatur von der Austauschpflicht betroffen – Brennwert- oder Niedertemperaturtechnik nicht. In Deutschland sind rund 5.060.000 Millionen Ölheizungen (ca. 27,5 Prozent) über 30 Jahre. Deutlich größer ist die Anzahl bei Gas: Hier sind rund 15.220.000 Anlagen (inkl. Warmwasserheizer und Raumheizer) über 30 Jahre alt. Das sind 8,8 Prozent aller Gasheizungen. Seelbach gibt zu bedenken: "Noch sind die verschiedenen Ausnahmen – wie Sie den später mal im GEG stehen werden – nicht bekannt."

Eine Bewertung der aktuellen Zahlen betroffener Heizungen sei deshalb nicht einfach. Seelbach: "Die geringe Zahl von einem Prozent dürfte dabei aus meiner Sicht nicht haltbar sein." Bedeutet: In Zukunft könnten deutlich mehr Hausbesitzer von der Austauschpflicht betroffen sein. Stand jetzt profitieren noch viele Eigentümer von den Ausnahmen. In Deutschland ist zudem die Brennwerttechnik weitverbreitet. Veraltete Heizwertfeuerstätten sind auch aus wirtschaftlicher Sicht kaum noch attraktiv.

Heizung älter als 30 Jahre: Förderung für Tausch von Gas- und Ölheizungen – so funktioniert es

Daher bietet sich ein Tausch auch unabhängig von der gesetzlichen Austauschpflicht an. Hausbesitzer mit einer Gas- oder Ölheizung können zusätzlich zur Förderung für eine neue Heizung den Heizungs-Tausch-Bonus beantragen. Die Förderung für den Austausch alter Heizungen wird auf die Förderung für eine neue Heizung – etwa eine Wärmepumpe oder Pelletheizung – angerechnet. Auch im neuen Förderkonzept ab 2024 soll der Austausch alter Gas- und Ölheizungen über Klimaboni bezuschusst werden.

HeizungGrundförderungHeizungs-Tausch-BonusWärmepumpen-BonusFörderung gesamt
Wärmepumpe2510540 Prozent
Pelletheizung101020 Prozent

Neben der schon bestehenden Austauschpflicht sind im neuen Heizungsgesetz der Ampel-Koalition noch weitere Vorgaben geplant. Unter anderem soll für neu eingebaute Heizungen ab 2024 ein erneuerbarer Energieanteil von mindestens 65 Prozent vorgeschrieben werden. Ausnahmen soll es für Hausbesitzer über 80 Jahren und Hauskäufer geben. Final beschlossen ist allerdings noch nichts. Der Bundestag muss noch zustimmen. Allen voran zwischen der FDP und den Grünen wird noch über Details gestritten.

FAQ: Austauschpflicht von Heizungen älter als 30 Jahre

Warum gibt es eine Austauschpflicht in Deutschland?

Der Hauptgrund ist die Reduzierung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen. Ältere Heizungen sind oft weniger effizient und emittieren mehr CO2 als moderne Heizsysteme.

Was bedeutet der Begriff "Heizwert"?

Der Heizwert ist die Menge an Wärmeenergie, die bei der Verbrennung von einem Kubikmeter Gas oder einem Liter Heizöl freigesetzt wird. Er gibt an, wie effizient ein Brennstoff Wärme erzeugen kann.

Was ist der Unterschied zwischen Heizwert und Brennwert?

Während der Heizwert lediglich die bei der Verbrennung freigesetzte Energie misst, bezieht der Brennwert zusätzlich die Energie aus dem Wasserdampf mit ein, der bei der Verbrennung entsteht. Daher ist der Brennwert immer höher als der Heizwert.

Welche Heizkesseltypen gibt es?

Es gibt verschiedene Arten von Heizkesseln – dazu zählen:

  • Gas- und Ölkessel
  • Niedertemperaturkessel
  • Brennwertkessel
  • Festbrennstoffkessel
  • Kombikessel

Was ist ein Niedertemperaturkessel?

Ein Niedertemperaturkessel ist ein Heizsystem, das im Vergleich zu herkömmlichen Heizkesseln mit niedrigeren Wassertemperaturen betrieben wird. Dies führt zu einer besseren Energieausnutzung und geringeren Emissionen.

Was ist ein Brennwertkessel?

Ein Brennwertkessel ist ein Heizsystem, das die Wärmeenergie aus den Verbrennungsgasen so weit wie möglich ausnutzt. Dabei wird auch die im Wasserdampf enthaltene latente Wärme genutzt. Dies macht Brennwertkessel besonders energieeffizient.

Was ist ein Konstanttemperaturkessel?

Ein Konstanttemperaturkessel arbeitet unabhängig von der Außentemperatur immer mit einer konstanten Kesseltemperatur. Dies kann dazu führen, dass in Zeiten geringer Heizlast unnötig hohe Temperaturen im Heizsystem gehalten werden – was die Effizienz des Systems reduziert. Im Vergleich zu modernen Niedertemperatur- oder Brennwertkesseln sind Konstanttemperaturkessel daher weniger energieeffizient und umweltfreundlich und fallen unter die Austauschpflicht nach 30 Jahren Nutzung.

Welche Ausnahmen gibt es von der Austauschpflicht?

Heizungen – die nach dem 1. Oktober 1978 eingebaut wurden – sind von der Austauschpflicht ausgenommen. Ferner greift die Austauschpflicht in Deutschland nicht für Brennwertkessel und Niedertemperaturheizkessel. Auch Eigentümer – die ihr Wohneigentum seit 2002 selbst bewohnen – sind von der Tauschplicht ausgenommen.

Welche Sanktionen drohen bei der Nichteinhaltung?

Das Nichtbeachten der Austauschpflicht kann Bußgelder nach sich ziehen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass man von staatlichen Fördermitteln für die energetische Sanierung ausgeschlossen wird. Der genaue Bußgeldbetrag kann je nach Bundesland variieren. Es ist daher ratsam, sich rechtzeitig über die Austauschpflicht zu informieren und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Wie funktioniert eine Brennstoffheizung?

Eine Brennstoff- oder Verbrennerheizung erzeugt Wärme durch die Verbrennung von Brennstoffen wie Gas, Öl oder Festbrennstoffe wie Holz oder Kohle. Der Brennstoff wird in einem Brennraum verbrannt, wodurch Wärme erzeugt wird. Diese Wärme wird dann auf ein Medium – in der Regel Wasser – übertragen, das durch das Heizsystem zirkuliert und Wärme an die verschiedenen Räume in einem Gebäude verteilt. Es gibt verschiedene Typen von Brennstoffheizungen. Diese unterscheiden sich hauptsächlich in der Art und Weise sowie Effizienz.