Braunschweig. Landschaftsarchitekten gestalten in Braunschweig-Waggum eine Vernässungsfläche für ein Neubaugebiet.

Längst hat sich die Tätigkeit von Landschaftsarchitekten von der Gartengestaltung, der Anlage von Parks und öffentlichen Plätzen in Arbeitsfelder ausgeweitet, die als notwendige ökologische und landschaftsräumliche Voraussetzungen für das Leben, Wohnen und Arbeiten zu verstehen sind.

Nicht immer ist diese Arbeit anschaulich sichtbar, aber sie ist angesichts der schwindenden natürlichen Landschaftsflächen relevant für einen ressourcenschonenden Umgang mit der Umwelt und für eine Regeneration der Landschaft.

Hinter dem wenig ansprechenden Begriff der Vernässungsfläche verbirgt sich ein Projekt der Braunschweiger Landschaftsarchitekten Hille und Müller, das in enger Abstimmung mit der Stadt und der Stadtentwässerung Braunschweig (SE|BS) realisiert und als Voraussetzung für die Schaffung des Neubaugebiets „Vor den Hörsten“ am Rand des Ortsteils Waggum im Norden Braunschweigs entwickelt wurde. Hier, ganz in der Nähe des Beberbachs und eines Waldgebiets, ist ein neues Wohngebiet mit rund 100 Einheiten entstanden.

Voraussetzung aber war ein Konzept, um das im Baugebiet anfallende Regenwasser schonend für Gelände, Haus und Garten abzuleiten. „Vorgabe war, eine naturnahe Lösung zu gestalten“, berichtet Landschaftsarchitekt Gero Hille. Einem natürlichen Gefälle folgend, wird das Regenwasser heute nach Norden Richtung Beberbach abgeleitet.

„Um bei stärkeren Regenereignissen den Abfluss regulieren zu können, haben wir zwischen Baugebiet und Bachlauf eine circa 1,9 Hektar große Feuchtwiese zu einer Vernässungsfläche umgestaltet“, so Hille. Auf dieser Fläche wird das anfallende Regenwasser aufgefangen und gespeichert, bevor es dosiert in den Beberbach abfließen kann. Anders als bei üblichen Regenwasser-Rückhaltebecken, wird das Wasser großflächig in nur 40 Zentimeter tiefen, kaskadenartig angeordneten Mulden gestaut und fließt über die Muldenränder langsam Richtung Norden bis in den Bach.

Neben dem geringen Gefälle trägt die Vegetation aus Kräutern und Gräsern, darunter Binsen, Seggen und Schilf, zur Reinigung des Wassers und zu seinem langsamen und damit naturnahen Ablauf bei. Nur im Einleitungsbereich gibt es eine 2,50 Meter tiefe Mulde, in der dauerhaft Wasser steht. Sie dient als Sandfang und muss von Zeit zu Zeit ausgebaggert werden, wenn die Funktion erhalten werden soll. Zur östlich angrenzenden Ackerfläche gibt es einen flachen, mit Gehölzen bestandenen Wall, der eine Überschwemmung der Acker verhindert.

Insgesamt wurden rund 3000 Kubikmeter Boden abgetragen, umgelagert, am höher gelegenen Südrand zu einem flachen Hügel modelliert und mit Bäumen und Sträuchern bepflanzt. Damit die Pflanzenwelt, die sich auf der Feuchtwiese entwickelt hat, so weit wie möglich erhalten blieb, wurde die Vegetationsdecke zu Beginn der Baumaßnahme flach abgetragen, seitlich gelagert und nach Abschluss der Geländemodellierung wieder aufgetragen.

Nach Ende der Bauarbeiten im Oktober 2015 entwickelte sich die Vegetationsschicht ab März 2016 so gut, dass die Fläche bereits im Mai so aussah, als hätte sie immer so bestanden.

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Die Autorin ist Mitarbeiterin der Architektenkammer Niedersachsen.