Braunschweig. Nicht gekennzeichnete Werbung kommt gewerbliche Nutzer von Instagram teuer zu stehen.

„Warum ich mich momentan nicht zum Sport motivieren kann...“, eigentlich ein ganz normales Posting auf dem Instagram-Account der Hornburger Fitness- und Lifestyle-Bloggerin Louisa Dellert. Doch der Teufel steckt im Detail. Am Ende des Beitrags verweist Dellert auf die Sportkollektion einer Modemarke. Am Anfang steht das Wort „Werbung“. Die Instagramerin kennzeichnet ihre Beiträge. Täte sie das nicht, würde sie höchstwahrscheinlich abgemahnt oder bestraft werden. Denn Instagram-Beiträge, in denen Marken genannt oder verlinkt werden, müssen entsprechend gekennzeichnet werden – wegen der Transparenz. Das ist in verschiedenen Gesetzen so verankert.

Dellert selbst weiß, wie sich so eine Abmahnung anfühlt. In einem Video auf ihrem Profil sagt sie, dass sie in Panik geraten sei und geheult habe, als der Brief eines Anwalts mit einer geforderten Geldstrafe bei ihr ankam. Sie gestand in dem Video eine Teilschuld ein und kennzeichnet seither jeden Beitrag, weil sie „die Fresse voll“ habe von dem Stress, der um solche Abmahnungen entsteht.

Sie vertraut nun auf die Hilfe eines Anwalts. Für Dellert, die einen Fitnessblog betreibt und deren Profil bei Instagram über 344 000 Menschen folgen, habe sich trotz der Abmahnung nicht viel geändert, da sie ihre Beiträge schon immer gekennzeichnet habe. Allerdings sagt sie auch: „Für Betrachter ist es inzwischen noch schwieriger, zu sehen, was bezahlt wird und was nicht, weil Influencer inzwischen vor alles einfach das Wort Werbung schreiben.“ Das ist der Unsicherheit geschuldet, doch es führt nicht zu mehr Transparenz, eher zu mehr Verwirrung. Der Werbebegriff wird verwässert.

Dellert selbst kennzeichnet jeden Beitrag mit dem Wort „Werbung“. Sie macht dabei keine Unterschiede, wie einzelne Influencer-Kollegen, die dezidiert hervorheben, dass es sich in einem Fall nun um Werbung wegen Markennennung und im anderen Fall um Werbung wegen Verlinkung handele. Die Funktion der „Bezahlten Partnerschaft“, die Instagram selbst anbietet, reiche laut Dellert nicht aus.

Zwei ihrer Blogger-Kolleginen ist eine unzureichende Kennzeichnung zuletzt zum Verhängnis geworden. In den Entscheidungen des Landgerichts Heilbronn zur Influencerin „valeriemacherie“ und desLandgerichts Berlin zu „Vreni Frost“ ging es um das Taggen – also das Verlinken eines anderen Profils mittels eines @-Zeichens – von Marken und Firmen bei Instagram- Posts, ohne dass dies als Werbung gekennzeichnet wurde. Das Urteil aus Berlin ist indes noch nicht rechtskräftig, doch beide Gerichte sahen das Taggen von Marken und insbesondere das Verlinken auf Instagram-Accounts der Firmen in Instagram-Postings als geschäftliche Handlung an.

Die fehlende Kennzeichnung der Werbung wurde als Wettbewerbsverstoß bewertet und Posts ohne Werbekennzeichnung für die Zukunft gegen Androhung eines Ordnungsgeldes untersagt. „Für die Gerichte war es bei ihrer Entscheidung unerheblich, ob die Produkte wegen einer Kooperation gezeigt wurden, ob sie dem Insta-gramer kostenlos zur Verfügung gestellt wurden oder vom Instagramer selbst gekauft wurden“, erklärt eine Sprecherin der Landesmedienanstalten Niedersachsen. Die Gerichte sahen in der Verlinkung auf die kommerziellen Accounts der Modefirmen bereits eine werbliche Komponente.

Der Hinweis der Instagramer, sie würden die gezeigten Produkte nur vertaggen, um ihre Follower darüber zu informieren, wo sie diese Produkte her haben, wurde von den Gerichten nicht als redaktionelle Information gewertet, sondern auch als Werbung angesehen. Das Taggen diene nach Einschätzung dieser Gerichte der Absatzförderung der Modefirmen und zugleich auch den kommerziellen Interessen der Instagramer, da sie mit solchen Postings mehr Follower gewinnen.

Bei Instagramern mit mehr als 50 000 Followern nahmen die Gerichte ein geschäftliches Handeln an. „Da viele Instagramer und Blogger keine rein privaten neben rein kommerziellen Accounts haben, sondern private mit werblichen Postings gemeinsam über denselben Account hochladen, fehlte es den Gerichten an der notwendigen Trennschärfe“, sagt die Sprecherin. Die Gerichte betonten zudem, dass das (freiwillige) Verlinken auf die Modefirmen, um die Follower über die Quelle der Produkte zu informieren, nicht notwendig sei. Hier genüge es, wenn der Markenname einfach nur im Text genannt werde.

Die Landesmedienanstalten haben erstmals 2015 sogenannte FAQs (Häufig gestellte Fragen) als Orientierungshilfe zur richtigen Kennzeichnung von Werbung und Produktplatzierung bei YouTube, Instagram, Twitter und Snapchat veröffentlicht und diese über die Jahre kontinuierlich weiterentwickelt. Darin steht unter anderem, wie sich gewerbliche Nutzer der sozialen Netzwerke verhalten, wenn sie Inhalte veröffentlichen, auf denen sie Geschenke von Firmen oder auch selbstgekaufte Waren zeigen und wie der Unterschied von Werbung und redaktionellen Inhalten gefasst ist – erklärt anhand anschaulicher Beispiele. Auch wenn die aktuellen Gerichtsurteile noch nicht in der zweiten Instanz entschieden worden sind, empfehlen die Medienanstalten derzeit den Instagramern und Bloggern, sich an der Rechtsprechung zu orientieren, wenn sie nicht Gefahr laufen wollen, wettbewerbsrechtlich abgemahnt zu werden. Selbst Journalisten, die ihre Artikel in den sozialen Netzwerken verbreiten, können belangt werden, wenn sich der verlinkte Inhalt hinter einer Bezahlschranke verbirgt.

Damit die Abmahnung oder gar die Strafe ausbleibt wird wird eine Kennzeichnung durch den Hashtag #werbung empfohlen – damit seien die Instagram-Nutzer auf der sicheren Seite. Von Kennzeichnungen wie #ad, #sponsored by, #powered by raten die Experten ab. Außerdem gehört der Hinweis #werbung oder #anzeige vorne in den Post, nicht irgendwo nach hinten und schon gar nicht versteckt in einen anderen Link.

Wer diese Tipps beachtet, läuft weniger Gefahr, eine Abmahnung zu erhalten. Andernfalls kann es aber teuer werden.

Das Unternehmen Instagram hält sich laut Anfrage an die industrieweiten Standards. Aus der deutschen Pressestelle war zu erfahren, dass viele Fragen zum Thema „Kennzeichnung von Werbung“ beim Instagram eintrudeln. In den allgemeinen Geschäftsbedingungen gibt es allerdings keine strikte Regelung für den sogenannten „Branded Content“. Man halte sich an die Regelungen, die für alle Netzwerke gelten – und die basieren in Deutschland auf den Gesetzen der einzelnen Bundesländer. Die Betreiber sind damit fein raus: Da ein Unternehmen, das eine derartige Plattform betreibt, im Regelfall nicht selbst Inhalte anbietet, gelten die Pflichten zur Verhinderung von Werbeverstößen nicht zwangsläufig für sie. Der Bundesgerichtshof betont immer wieder, dass ein Betreiber ohne Anlass seine Plattform nicht ständig auf mögliche Rechtsverletzungen überprüfen muss. Eine solche Prüfpflicht wäre mit einem an sich zulässigen Geschäftsmodell nicht vereinbar.

Betroffen von den wettbewerbsrechtlichen Risiken sind laut den Medienanstalten die Nutzer – und von denen ausschließlich Influencer, die zumindest auch kommerzielle Posts veröffentlichen. Rein private Accounts würden nicht belangt werden. Die Angst des Nutzers, dass er abgemahnt wird, weil er seine neuen Turnschuhe in die Kamera hält und den Hersteller vertaggt, ist eine Mär – die entstand, weil nach wie vor Unsicherheit und Unwissenheit vorherrschen. Dennoch sei es laut Louisa Dellert vereinzelt vorgekommen, dass auch Privat-Nutzer abgemahnt wurden. Wohl weil sie etwa Marken in ihren Beiträgen markierten. „Aber die Verbände schauen natürlich erstmal nach den großen Fischen“, weiß Dellert.

In Niedersachsen kontrolliert die Medienaufsicht, die dem Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unterliegt, etwaige Verstöße gegen Werberichtlinien. Was fehlt, ist weiterhin die klare Abgrenzung: Ab wann agiert ein Influencer nicht mehr privat oder redaktionell? Darf er Marken ohne Verlinkung erwähnen? Wohin muss die Kennzeichnung? Was passiert mit Verlinkungen ohne Kooperation? Dafür gibt es lediglich Empfehlungen und keine Vorgaben.