Braunschweig. Der Internet-Riese Google plant den Aufbau eines eigenen Satelliten-Systems.

Eine Welt ohne Internet scheint vielerorts kaum noch vorstellbar. Dennoch gibt es sie – entlegene Winkel auf dem Globus, in die das Internet bislang nicht vorgedrungen ist.

„Die Versorgung dünn besiedelter Gegenden mit Internet aus dem Orbit, ist eine verheißungsvolle Alternative.“
„Die Versorgung dünn besiedelter Gegenden mit Internet aus dem Orbit, ist eine verheißungsvolle Alternative.“ © Marcus Magnor, Bereichsleiter Computergrafik, TU BraunschweigFoto: Archiv

US-Medienberichten zufolge beteiligt sich Internet-Gigant Google mit geschätzt einer Milliarde Dollar an SpaceX, einem amerikanischen Unternehmen, das in der privaten Raumfahrtindustrie aktiv ist. Beide Konzerne streben mittelfristig an, mit einem neuen Satellitennetz die globalen Übertragungswege zu optimieren. „Google kann sich dabei einen langen Atem leisten“, sagt Professor Marcus Magnor von der TU Braunschweig. Dabei könne er sich durchaus vorstellen, dass das Unternehmen hier „in Zeiträumen von zehn Jahren und mehr plant“, so der Fachbereichsleiter für Computergrafik.

Dass die Internet-Technologie bereits in zehn Jahren soweit ist, scheint möglich. Sicher ist: „Google will so schnell wie möglich auf den Markt“, so Siegfried Voigt, vom Raumfahrtmanagement im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Bonn. Die geplante Anzahl von Satelliten kurzfristig zu beschaffen – möglicherweise sind es bis zu viertausend – sei allerdings selbst bei unüblicher Massenproduktion nur schwer erreichbar.

„Weltraumgestützte Anwendungen können Menschen dabei helfen, leichter Zugang zu wichtigen Informationen zu bekommen.“
Don Harrison, Vize-Direktor der Unternehmensentwicklung bei Google

Gewiss ist auch: „Die Versorgung dünn besiedelter Gegenden oder von Entwicklungsländern mit Internet aus dem Orbit, ist eine verheißungsvolle Alternative zu erdgebundenen Systemen“, so TU-Professor Magnor. Selbst in Deutschland gibt es noch genügend Gebiete, in denen die Infrastruktur für schnelles Internet nicht vorhanden ist. Genau hier setzen Google und Co. an.

„Die Internetkonzerne wollen nicht warten, bis auch in Entwicklungsländern die notwendige Infrastruktur in der Fläche aufgebaut ist“, sagt Magnor. Ziel sei es vielmehr, das Geschäft auf all jene Menschen auszudehnen, die bislang keinen Internetzugang haben. Gleichzeitig könne ein Konzern wie Google in Gebieten mit rudimentärer Infrastruktur auch kabelgebundenen Internetanbietern in Industrieländern Konkurrenz machen, so der Leiter des Instituts für Computergrafik.

Don Harrison, Vize-Direktor der Unternehmensentwicklung bei Google, erklärt die jüngste Kapitalspritze für SpaceX und das Internet aus dem Weltall so: „Weltraumgestützte Anwendungen wie bildunterstützende Satelliten können Menschen dabei helfen, leichter Zugang zu wichtigen Informationen zu bekommen.“ Zudem sei es ihm eine Freude, das Raumfahrtunternehmen SpaceX bei der Entwicklung neuer Technologien zu unterstützen.

Tatsächlich profitiert der Suchmaschinenanbieter enorm von Investitionen in die private Raumfahrt. „Möglicherweise spekuliert Google darauf, dass sich mit der Privatisierung der Raumfahrt eine Dynamik entfalten könnte, wie sie mit der Privatisierung anderer ehemals staatlicher Dienstleistungen wie der Telekommunikation oder des Brief- und Paketwesens einsetzte“, sagt Magnor.

Technisch sei es jedoch ein sehr anspruchsvolles Vorhaben, permanente Funkübertragungen um den ganzen Globus zu gewährleisten. Verschiedene Szenarien kommen dabei in Betracht. „Bei einer direkten Verbindung von Rechnern auf der Erde zum Satelliten müssen viele Satelliten auf niedriger Umlaufbahn kreisen – wie bei der Satellitentelefonie“, erklärt Magnor. Alternativ seien sogenannte Relay-Stationen denkbar. Diese schweben als Zwischenstationen in der Stratosphäre – der zweiten Schicht der Erdatmosphäre. Die Stationen halten die Verbindung zu den Rechnern auf der Erde und zu wenigen Satelliten auf höheren Umlaufbahnen. Magnor vermutet ein schlüssiges System in den jüngsten Bestrebungen des Internetriesen. Demnach sei es „nur konsequent, dass Google die gesamte Kette vom Internetinhalt bis zum Internetanschluss anbieten will“.

Bedenklich daran sei bloß, dass Monopole in der Angebotsstruktur von Internetunternehmen entstehen. Wirtschaftliche Mechanismen, die dem Trend zur Monopolbildung im Internetgeschäft entgegenwirken, seien indes nicht absehbar. „Ein wettbewerbsschädigendes Marktmonopol mit wenigen Unternehmen, kann nur staatliches Eingreifen verhindern“, ist der TU-Professor überzeugt.

Der Google-Nutzer hierzulande habe durch Googles neuen Status als Internetanbieter vorerst keine Auswirkungen zu befürchten. In erster Linie sei die neue Rolle des Unternehmens als Appell an den Kampfgeist der Konkurrenz zu verstehen. „Um sich zu schützen, wäre es an den hier etablierten Anbietern, den deutschen Markt so effizient zu machen, dass ein Eintritt für Google unattraktiv wäre“, schlägt Magnor vor. Das Paradebeispiel des weltgrößten Handelskonzerns Wal-Mart belege diese These.

DIE KONZERNE GOOGLE UND SPACEX

Google Inc. ist weltweiter Marktführer im Bereich der Suchmaschinen. Google hat einen weltweiten Anteil von etwa 73 Prozent an allen Suchanfragen im Internet (Februar 2015).

Zu den erfolgreichsten Anwendungen und Beteiligungen gehören GoogleEarth, GoogleMaps, Gmail, Usenet, Youtube, Google+, die mobilen Betriebssysteme Chrome OS und Android und der Internetbrowser Google Chrome.

Die Raumfahrt-Firma SpaceX stellt die Versorgung der Internationalen Raumstation (ISS) nach dem Ende des Space-Shuttle-Programms sicher.

Der Konzern bietet mit der Rakete Falcon 9 Transporte von Lasten in die Erdumlaufbahn an.

Mit dem Raumschiff Dragon ist SpaceX das weltweit einzige Unternehmen, das eine größere Nutzlast (ca. 2,5 Tonnen) sicher zur Erde zurückführen kann.