Braunschweig. Ivan Martinez Vlajin macht eine logopädische Therapie und ist viel selbstsicherer geworden.

Stolz erzählt Ivan Martinez Vlajin, dass er sich inzwischen viel sicherer in der Schule fühle, sich öfter melde, um etwas zu sagen. „Dass ich fließender und deutlicher lesen kann, hat auch meine Deutschlehrerin gemerkt“, sagt der 8-Jährige, der in die zweite Klasse der Grundschule Lamme geht. Das Wort-Memory, das Logopädin Nina Diedrich heute mit Ivan spielt, bereitet ihm keine Probleme mehr: „Löwe“, sagt er deutlich, als er das Tier aufdeckt und das Gegenstück mit demselben Anlaut, einen Löffel, findet. Seit zwei Jahren macht Ivan eine logopädische Therapie, die er im Sommer abschließen wird. Als er sechs Jahre alt war, fiel seiner Mutter auf, dass er viele Wörter nicht klar aussprach, dass er Schwierigkeiten hatte, längere Sätze zu formulieren und Wörter gezielt abzurufen. Carolina Martinez ging mit ihrem Sohn zum Kinderarzt, der eine Sprachentwicklungsverzögerung diagnostizierte und eine Therapie beim Logopäden verordnete.

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„Wir haben in spielerischen Übungen grammatikalische Grundsätze entwickelt, die sich auch positiv auf die anderen Sprachen ausgewirkt haben“, sagt seine Logopädin Nina Diedrich von der logopädischen Praxis Mandala in Lamme. Denn Ivan wächst dreisprachig auf: Von seinem Vater hat er Serbisch gelernt, seine Mutter spricht Spanisch mit ihm, im Kindergarten kam Deutsch hinzu. Sprachentwicklungsstörungen kämen bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern nicht häufiger vor als bei einsprachig aufwachsenden Kindern, betont Diedrich. Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass Mehrsprachigkeit für Kinder generell keine Überforderung darstellt. Ivans sechsjährige Schwester zum Beispiel hat keinen logopädischen Förderbedarf. „Eine Sprachentwicklungsstörung bei mehrsprachigen Kindern betrifft immer alle Sprachen und ist nicht zu verwechseln mit mangelnden Deutschkenntnissen“, sagt die Logopädin. Ein Problem: Die logopädische Diagnostik bei mehrsprachigen Kindern sei komplexer als bei einsprachigen. So kann es zu Fehldiagnosen kommen, wenn man Testverfahren einsetzt, die für einsprachige Kinder konzipiert wurden. „Gerade bei mehrsprachigen Kindern werden Hinweise auf Sprachentwicklungsstörungen häufig als normale Verzögerung des Spracherwerbs bedingt durch Mehrsprachigkeit oder als mangelnde Deutschkenntnisse missverstanden“, sagt Dr. Wiebke Scharff Rethfeldt. Sie leitet das Institut Logocom in Bremen und vertritt das Fachgebiet der kindlichen Sprach-, Sprech- und Kommunikationsstörungen bei Mehrsprachigkeit.

Laut dem Barmer GEK Arztreport 2012 liegt der Anteil an Kindern mit Sprech- und Sprachstörungen in Deutschland bei 10 Prozent. Insgesamt sind innerhalb eines Jahres 1,12 Millionen Kinder zwischen 0 und 14 Jahren betroffen; Jungen öfter als Mädchen.

EUROPÄISCHER TAG DER LOGOPÄDIE

Er ist am 6. März und steht unter dem Motto „Mehrsprachigkeit: Chancen nutzen!“ Der Bundesverband für Logopädie bietet am Donnerstag eine Experten-Hotline zu allen Fragen rund um das Thema Mehrsprachigkeit an.

Die Experten sind unter 0 18 05 35 35 32 (kostenpflichtig) zwischen 17 und 20 Uhr zu erreichen.

In unserer Region bieten die Braunschweiger Logopädin Nina Diedrich und der Wolfsburger Logopäde Henric Honcamp-Zwipp von 17 bis 20 Uhr eine telefonische Beratung rund um das Thema Logopädie an:

05 31/ 70 12 42 50,

0 53 61/ 8 67 05 37.