Dresden. Die schwere Knieverletzung von Bayerns Giulia Gwinn überschattet das Test-Länderspiel der deutschen Fußballerinnen am Freitagabend gegen Frankreich.

Schon im Sommer-Trainingslager in der Klosterpforte dachte Svenja Huth, Kapitänin beim VfL Wolfsburg, mit Blick auf die deutsche Nationalmannschaft nicht an die damals noch ausstehenden Partien der WM-Qualifikation, sondern an das Fußball-Testspiel der DFB-Fußballerinnen in Dresden gegen Frankreich – volles Haus, Flutlicht und die Live-Übertragung in der ARD zur besten Sendezeit um 20.30 Uhr. Schon zwei Monate vorher freute sich Huth auf diesen Abend. An diesem Freitag ist es soweit, steht das nächste Festspiel der Vize-Europameisterinnen endlich an. Ganz unbeschwert geht die Mannschaft diese erste Leistungsüberprüfung mit Blick auf die WM 2023 in Australien und Neuseeland allerdings nicht an.

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Schuld daran ist die mutmaßlich schwere Knieverletzung Giulia Gwinns am Mittwoch. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg sprach davon, es sei „vermutlich ein Kreuzbandriss“. Als Rechtsverteidigerin hatte die 23-Jährige großen Anteil am Sommermärchen in England, als die deutsche Mannschaft angeführt von Torjägerin Alexandra Popp bis ins Endspiel stürmte und in der Heimat die Massen begeisterte. Eine genaue Diagnose gab Bayern München am Donnerstag noch nicht heraus. Doch es sieht ganz so aus, dass Gwinn neben dem Länderspiel auch zahlreiche Partien ihres Klubs verpassen wird, allen voran den Bundesliga-Gipfel am 23. Oktober (14 Uhr) in der großen Wolfsburger VW-Arena bei Doublesieger VfL.

Die deutschen Fußballerinnen beim Abschlusstraining am Donnerstag im Dresdener Rudolf-Harbig-Stadion.
Die deutschen Fußballerinnen beim Abschlusstraining am Donnerstag im Dresdener Rudolf-Harbig-Stadion. © dpa | Robert Michael

Voss-Tecklenburg: Gwinn-Verletzung „lässt uns nicht kalt“

Durch den Trainingsunfall der Münchnerin, die noch am Mittwoch das Quartier in Dresden verließ und zu weiteren Untersuchungen nach München zurück reiste, liegt ein Schatten auf diesem für den Frauenfußball großen Abend. „Wir spüren die Stimmung in der Stadt, es stehen die Menschen draußen vor den Bussen, wir bekommen viel Support und Unterstützung“, sagt Voss-Tecklenburg einerseits.

Und dann schiebt sie hinterher: „Trotzdem lässt es uns nicht kalt, wenn sich eine Nationalspielerin verletzt. Wir müssen es als Mannschaft tragen und verarbeiten, damit wir das in positive Leistung und Energie umwandeln können.“ Linda Dallmann, die die Verletzung ihrer Münchner Teamkollegin ebenfalls sichtlich mitnahm, meinte: „Für uns als Mitspielerinnen war es auch ein Schock, das tut weh, wenn man dabei ist. Wir werden auch für sie Gas geben und ein tolles Spiel abliefern.“

Wer darf sich vor großer Kulisse alles zeigen?

Wer genau diese Energie auf den Platz bringen wird, blieb am Donnerstag noch ihr Geheimnis. Mit Blick auf die Aufgaben im kommenden Sommer geht es einerseits darum, auf der guten Basis des EM-Sommers aufzubauen. Die Achse des Teams, zu dem bis zu acht Wolfsburgerinnen in der Startformation angehörten, soll bestehen bleiben. „Wir wissen“, sagt die Bundestrainerin, „wir haben eine gute EM gespielt. Wir wissen aber auch, dass wir noch Potenziale haben. Wir wollen auch den nächsten Schritt machen, um Dinge zu verfestigen.“

Wegen der Knieverletzung von Giulia Gwinn ist die Vorfreude auf das Frankreich-Spiel nicht komplett ungetrübt. Trotzdem versuchen die deutschen Fußballerinnen ihre komplette Energie in das Testspiel zu werfen.
Wegen der Knieverletzung von Giulia Gwinn ist die Vorfreude auf das Frankreich-Spiel nicht komplett ungetrübt. Trotzdem versuchen die deutschen Fußballerinnen ihre komplette Energie in das Testspiel zu werfen. © dpa | Robert Michael

Gleichzeitig sind Spiele wie das gegen Frankreich für die 54 Jahre alte Trainerin eine gute Gelegenheit, um Spielerinnen diese große Bühne einzuräumen, die ein solches Niveau in ihren Vereinen nicht so regelmäßig bekommen wie die der Champions-League-Vertreter aus Wolfsburg und München. Voss-Tecklenburg nennt Sjoeke Nüsken oder Nicole Anyomi von Eintracht Frankfurt, denkt aber auch an Spielerinnen wie die Wolfsburgerinnen Lena Lattwein oder Jule Brand, die bei der EM meist als Joker im Einsatz waren.

Was die Bundestrainerin in Dresden vorhat, dürfte ein Mix aus Bewährtem und DFB-Zukunft werden. Mindestens 25.000 Zuschauer werden dabei sein, 2500 Stehplatz-Tickets waren am Donnerstag noch nicht verkauft. Ein ausverkauftes Haus bei einem Testkick, „wäre echt cool“, so die Bundestrainerin.

Die Kulisse im Rudolf-Harbig-Stadion soll helfen, dass die Mannschaft trotz der schweren Verletzung Gwinns einen unbekümmerten Auftritt hinlegt, die Euphorie weiterträgt. Dallmann sagt: „Für uns ist es das Zusammenkommen nach der EM mit den Fans. Alles was im Sommer perfekt geklappt hat, wollen wir vor toller Kulisse noch mal zeigen.“ Sie freuen sich schließlich schon eine ganze Weile auf diesen besonderen Abend.