Luhmühlen. Für Hans Melzer ist bei seinen letzten Olympischen Spielen als Bundestrainer der Vielseitigkeitsreiter einiges anders. In Tokio wird ein neuer Modus angewendet, dazu kommen die Corona-Bedingungen - und dann fehlt auch noch eine wichtige Konstante in seiner Equipe.

Bei der Auswahl der Vielseitigkeitsreiter-Equipe für seine letzten Olympischen Spiele in Tokio muss Bundestrainer Hans Melzer auf einen prominenten Namen verzichten.

In Ingrid Klimke wird beim Saison-Höhepunkt in Japan die erfolgreichste Reiterin in seiner 20-jährigen Amtszeit nicht dabei sein. "Ingrid ist ein fester Bestandteil des deutschen Teams seit Jahren, hat immer Punkte, immer Ergebnisse gebracht", sagte der 70-jährige Melzer, um gleich zu versichern: "Aber wir haben noch einige andere."

Die zweimalige Team-Olympiasiegerin hat noch mit den Folgen ihres Sturzes mit ihrem Nachwuchspferd Cascamara Ende Mai bei einem Turnier in Baborówko in Polen zu tun. Die 53-Jährige aus Münster musste am Brustkorb operiert werden. Laut Melzer hat der Arzt ihr empfohlen, sich bis Anfang August zu schonen. Und so wird die Titelverteidigerin auch bei den deutschen Meisterschaften von Donnerstag an in Luhmühlen nicht einmal als Zuschauerin dabei sein.

Olympia-Probelauf

Die DM ist nicht nur für Melzer eine Art Olympia-Probelauf. "Luhmühlen war und ist schon immer ein besonderes Turnier für mich, in diesem Jahr nimmt es, so kurz vor den Olympischen Spielen, noch einmal einen besonderen Stellenwert, auch im Hinblick auf die Leistungsüberprüfung ein", sagte der dreimalige Olympiasieger Michael Jung aus Horb.

Was gut sei, ist, dass alle Reiter noch einmal gegeneinander reiten, meinte Melzer. "Das macht den Vergleich leichter." Zudem entsprechen die für das Wochenende vorhergesagten Temperaturen von rund 30 Grad fast den Bedingungen, wie sie Anfang August in Tokio herrschen. "Dann ist das auch unter dem Aspekt ebenso eine richtige Generalprobe." Melzer muss sich bei seinen letzten Spielen als Bundestrainer noch auf einen neuen Modus einstellen. Anders als bei WM und EM bilden nur noch drei statt vier Paare ein Team. Es gibt kein Streichergebnis.

Jung und Auffarth erste Tokio-Anwärter

Erste Anwärter auf die Olympia-Plätze sind Jung und die ehemalige Doppel-Weltmeisterin Sandra Auffarth (34) aus Ganderkesee. Der 38-jährige Jung hat in Chipmunk und Wild Wave ebenso zwei olympia-taugliche Pferde wie Auffarth in Let's Dance und Viamant du Matz.

Dazu kommt Julia Krajewski (32) aus Warendorf, die nach dem Ruhestand ihres Erfolgspferdes Samourai du Thot in der elfjährigen Stute Amande de B’Neville eine Nachfolgerin hat. Auch Andreas Dibowski (55) aus Döhle hat als Routinier mit Corrida gute Aussichten. Klar ist, dass in die vorgeschriebene einwöchige Pferde-Quarantäne vom 10. Juli an in Warendorf aber mehr Paare gehen werden. "Für den Fall der Fälle", wie Melzer betonte.

Tokio-Ziel: Einzelmedaillen

"Wir werden kein defensives, sondern ein sehr positives Team nehmen, das von Anfang an auf Sieg reiten wird, damit wir eine Chance haben", sagte er. "Die Nationen liegen alle so dicht zusammen. Wir versuchen Reiter mitzunehmen, die auch Einzelmedaillen holen können."

Dazu hätte auch Klimke gehört. "Sie ist schwer zu ersetzen", räumte Melzer am Ende ein. "Wir haben beide aber schon einen Plan für die Herbst-Saison gemacht." Ende September steht im Schweizer Avenches die EM an. Dann will Klimke ihren Titel verteidigen. Gelingt ihr dies, wäre es auch ein schöner Abschluss für Melzer. Ende des Jahres gibt er nach 20 Jahren sein Amt als Bundestrainer ab. Nachfolger wird laut Melzer Peter Thomsen (60).

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