Braunschweig. Braunschweig richtet die Leichtathletik-DM 2020 aus und hofft aufs nächste Jahr. Eigentlich hat Kassel den Zuschlag für die Titelkämpfe 2021 erhalten.

Sie hatten sich das alles anders vorgestellt. Da will Braunschweigs Oberbürgermeister Ulrich Markurth gar nichts beschönigen. Geplant waren die Deutschen Leichtathletik Meisterschaften Anfang Juni vor einer tollen Kulisse im Eintracht-Stadion. Wegen der Corona-Pandemie wurde daraus nichts. Und auch die Aussicht, die Titelkämpfe nun am 8. und 9. August – allerdings ohne Zuschauer – stattfinden zu lassen, hatte im Rathaus zunächst nicht gerade Freudensprünge ausgelöst, um es vorsichtig zu formulieren. Trotzdem wird das Sportereignis nun in Braunschweig unter den strengen Auflagen eines Hygienekonzepts ausgetragen – und alle wollen daraus das Beste machen. Auch, um Braunschweig gute Karten für die Austragung von künftigen Meisterschaften zu verschaffen.

Spruchreif ist es noch nicht, aber Markurth ist zuversichtlich, dass Braunschweig auch im nächsten Jahr die Deutsche Meisterschaft ausrichten darf. Eigentlich hat Kassel bereits den Zuschlag für die Titelkämpfe 2021 erhalten. „Wir hatten gute Gespräche. Und es wäre sicherlich fair, wenn Kassel für uns verzichten würde“, sagt der Oberbürgermeister. Denn hoffentlich sind die Titelkämpfe im nächsten Jahr wieder mit Zuschauern möglich und dienen dann auch als Qualifikation für die Olympischen Spiele in Tokio. Genau das waren ja die beiden Argumente, warum man sich so auf die Wettkämpfe gefreut hatte, für die man sich bereits 2018 beworben hatte. „Wir hatten vor sechs Jahren eine tolle Team-Europameisterschaft der Leichtathleten in Braunschweig mit einer riesigen Resonanz. Deshalb haben wir uns wieder beworben, und wir wollen diese Wettkämpfe als Olympia-Qualifikation im nächsten Jahr weiterhin“, sagt Markurth. Dafür ist die Stadt auch noch einmal bereit, Geld in die Hand zu nehmen, obwohl sie auch in diesem Jahr zu ihren vertraglichen Pflichten stehe und einen Eigenbetrag von 125.000 Euro leiste.

Dafür ist Braunschweig auch bereit die „Kröte“ zu schlucken, die Titelkämpfe in diesem Jahr ohne Zuschauer auszurichten. Denn der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hatte auch zu verstehen gegeben, dass Braunschweigs Chancen auf die Austragung von weiteren Meisterschaften in der Zukunft wohl deutlich sinken würden, wenn man in diesem Jahr abgesagt hätte.

Doch nicht nur deshalb hofft Markurth, dass sich die Meisterschaft 2020 noch als Gewinn für Braunschweig entpuppt. „Braunschweig bietet hervorragende Bedingungen für diese hochklassige Veranstaltung. Ich denke, dass sich das für uns eher mittel- und langfristig rechnet, indem wir zeigen, dass Braunschweig eine Sportstadt ist und darüber auch berichtet wird“, sagt er. Denn gerade die Schwierigkeit des Sportjahres 2020 könnte sich noch als Vorteil erweisen. „Es finden auf der ganzen Welt doch kaum andere Sportereignisse statt, und ARD und ZDF sind froh, dass sie auch mal was anderes außer Fußball übertragen können“, meint der Oberbürgermeister. Er rechnet mit einem großen Medieninteresse und einem Imagegewinn für seine Stadt. Dafür muss dann aber in sieben Wochen auch alles weitgehend reibungslos über die Bühne gehen. Zuletzt hatte es zwischen Stadt und DLV intensive Beratungen über ein Hygienekonzept gegeben. Dafür gab es am vergangenen Freitag grünes Licht vom niedersächsischen Sozialministerium.

„Der Teufel steckt zwar wie so oft im Detail“, sagt Stephan Lemke, Geschäftsführer der Stadthallen-Betriebsgesellschaft, die auch für das Eintracht-Stadion zuständig ist, aber er ist zuversichtlich, dass bis Anfang August alles geklärt ist. So wurde die Laufbahn bereits saniert und soll nun liniert werden. Für viele Disziplinen werden entsprechende Anlagen angemietet. „Trotz des kleinen Zeitfensters und der widrigen Umstände wird es gelingen, den Sportlern gute Wettkampfbedingungen zu bieten“, verspricht Lemke. Und vielleicht kann sein Team dabei schon mal für das nächste Jahr üben.