Wolfsburg. In Barcelona kam Wolfsburg vor 90.000 Fans mit 1:5 unter die Räder – in Wembley soll diese Erfahrung dem DFB-Team gegen England helfen.

Es war die höchste Niederlage im vergangenen Jahrzehnt, und das in einem der größten Ereignisse für die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg. Das 1:5 im Halbfinal-Hinspiel der Champions League beim FC Barcelona tat dem späteren Doublesieger auf nationaler Ebene mächtig weh, zumal die Hypothek für das Rückspiel zu groß war; das 2:0 in der VW-Arena reichte nicht mehr, um den Spieß noch umzudrehen. Und doch ist es eine Erfahrung, die nicht umsonst gewesen sein muss, zunächst einmal allerdings nicht für Wolfsburg, sondern für die deutsche Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft in England.

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Deren Stamm besteht aus zehn VfLerinnen. Drei von ihnen sind mit Keeperin Merle Frohms, DFB-Abwehrchefin Marina Hegering sowie Offensiv-Juwel Jule Brand erst im Sommer nach Wolfsburg gewechselt, waren im April in Barcelona noch nicht dabei. Dafür aber Almuth Schult, die den VfL nun Richtung Angel City FC verlässt.

Am Sonntag will die deutsche Nationalmannschaft um Kapitänin Alexandra Popp Wembley rocken – vor 90.000 Fans, die es zumeist mit der englischen Mannschaft halten werden.
Am Sonntag will die deutsche Nationalmannschaft um Kapitänin Alexandra Popp Wembley rocken – vor 90.000 Fans, die es zumeist mit der englischen Mannschaft halten werden. © dpa | Sebastian Gollnow

Vor 90.000 spielt nur Barcelona groß auf

Mehr als 90.000 Fans waren ins legendäre Camp Nou gekommen, um den Königsklassen-Titelverteidiger ins Endspiel zu jubeln. Und der VfL? Vor so einer Kulisse hatte noch keine Wolfsburgerin gespielt. Während die Spanieren es aus dem Viertelfinale kannten und eine Glanzleistung abriefen, hatte der VfL einen schwachen Tag erwischt. Die Mannschaft, die sich so auf dieses Highlight gefreut hatte, wirkte beeindruckt bis überfordert. Bereits zur Pause hatte Barcelona die Partie beim Stand von 4:0 entschieden.

So schwierig dieser Abend für die VfLerinnen war, sie dürften eine Menge Eindrücke und Erkenntnisse mitgenommen haben. Und bevor das in der neuen Saison mit Wolfsburg nachwirken kann, kann dieser Abend am Sonntag der Nationalmannschaft helfen, die in Wembley vor rund 90.000 Menschen gegen Gastgeber England aufläuft – mit dem großen Wolfsburg-Block, der weiß, wie sich das anfühlt.

VfL-Coach Tommy Stroot: Das werden die Mädels definitiv besprechen

„,Es ist ein Erlebnis, vor so einer Kulisse zu spielen. Das ist etwas, das im Gedächtnis der Spielerinnen abgespeichert ist“, weiß Tommy Stroot spätestens seit dem Abend im April. Und der Trainer meint mit Blick auf die Nationalmannschaft: „Das werden die Mädels definitiv besprechen. Und es kann ein Vorteil sein, dass das Erlebnis gar nicht so weit zurück liegt und im Kopf ist.“

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Denn: Für die Engländerinnen, die bisher jede Aufgabe bravourös gemeistert haben, wird das Endspiel in Wembley noch einmal eine neue Herausforderung. Der Fokus ist komplett auf den Triumph ausgerichtet, vielleicht hat die Mannschaft etwas mehr zu verlieren als Deutschland, das sich erst im Laufe des Turniers in den Rang eines Mitfavoriten gespielt hat.

Auch Stroot hält viel von den Gastgeberinnen, bescheinigt ihnen eine ganz starke Turnierleistung. Aber: „Ich will gerne sehen, wie England vor 90.000, mit der Erwartungshaltung, das Spiel gewinnen zu müssen, gegen die Deutschen auftritt.“ Der 33-Jährige weiter: „Deutschland braucht nicht viele Chancen und glaubt in jedem Moment an sich – das macht das Spiel für England extrem gefährlich.“